Zum 35. Mal wird am Pfingstmontag auf der Galopprennbahn in Köln das Mehl-Mülhens-Rennen ausgetragen, doch die Tradition des Rennens ist eine ganz andere. Denn im Jahr 1871 feierte die Prüfung als Henckel-Rennen (mit „ck“ und nicht zu verwechseln mit dem Henkel-Preis der Diana) ihre Premiere. Austragungsorte hatte das Rennen viele – Hoppegarten von 1871 bis 1917 sowie 1923 bis 1944, dazwischen fand es in Berlin-Grunewald statt. Düsseldorf, Köln und Dortmund waren in den Jahren 1947, 1948 und 1949 je einmal der Schauplatz, ehe es auf der leider heute nicht mehr existierenden Rennbahn in Gelsenkirchen-Horst von 1950 bis 1985 eine ständige Heimat gefunden hatte.
Die Grande Dame
1972 erfolgte die Aufnahme in den Gruppe II-Status. Den aktuellen Namen erhielten die German 2.000 Guineas folgendermaßen: Maria Mehl-Mülhens, eine Grande Dame des deutschen Galopprennsports und gleichzeitig Tochter von Peter Paul Mülhens, der 1924 das Gestüt Röttgen gegründet hatte, verstarb im Jahr 1985. Ihr Lebenswerk setzt seither ihre Stiftung, die Mehl-Mülhens-Stiftung, fort. Wichtig: In einem Vertrag wurde festgeschrieben, dass in Köln eine Prüfung für dreijährige Pferde mit dem Namen Mehl-Mülhens ausgetragen werden muss. Daher erinnert das Rennen seit 1986 nicht mehr an die schlesische Adelsfamilie Henckel, sondern an Maria Mehl-Mülhens und wird in der Domstadt gelaufen.
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Mit dem Deutschen Derby und dem Deutschen St. Leger bildet es die Triple Crown, die dreifache Krone, ist auch ein wichtiges Vorbereitungsrennen für das Blaue Band, auch wenn es sich mehr zu einem Meilen-Event als zu einem Präp Race für das Rennen des Jahres gewandelt hat.
Kurioses Bild in 2019
Viele bedeutende Sieger stehen seither in der Erfolgsliste des Rennens, das unverändert über 1.600 Meter führt. Aber seit Lavirco 1996 war es keinem Sieger aus dem Kölner Highlight mehr vergönnt, anschließend auch in Hamburg im Derby vorne zu sein. Besonders kurios war das Bild 2019. Sieben Gäste aus England bzw. Irland waren damals angetreten. Und sie belegten die ersten sieben (!) Plätze. Nur drei deutsche Vertreter waren mit von der Partie, doch spielten weder Sibelius (Achter), Revelstoke (Neunter), oder Noble Moon (Zehnter) eine Rolle, nur die Französin Lady Te war als Letzter noch weiter hinten.
Das wird sich 2020 in keinem Fall so wiederholen. Denn Gäste aus dem Ausland werden in dem wegen der Corona-Pandemie mit dem halben Geldpreis in Höhe von 76.500 Euro dotierten 1.600 Meter-Events nicht teilnehmen. Der Grund: Gäste aus dem Ausland sind zwar wieder zugelassen, aber mit Ausnahme von England, Frankreich und Irland, wo deutsche Pferde aktuell noch gesperrt sind. Gerne wäre der ein oder andere Gast von der Insel mit von der Partie gewesen, aber man kann die Entscheidung verstehen, dass man diese Pferde hier auch ausschließt, wenn deutsche Vierbeiner in den jeweiligen Ländern auch nicht antreten dürfen.
So bleiben die heimischen Hoffnungen unter sich, und der Favorit steht bombensicher fest: Sein Name ist Rubaiyat, das ist eine persische Gedichtform. Alle Pferde im Besitz von Darius Racing (dahinter verbirgt sich Dr. Stefan Oschmann, der CEO des Pharma-Giganten Merck) tragen persische Namen und werden entsprechend umbenannt. 26.000 Euro hatte der Areion-Sohn seinerzeit bei der BBAG-Jährlingsauktion in Baden-Baden gekostet. Wenig, wenn man bedenkt, was er inzwischen wert sein dürfte. Der Karlshofer war das zweitgewinnreichste zweijährige Pferd Deutschlands. 245.000 Euro galoppierte er 2019, nur Alson verdiente noch mehr. Aber alle vier Treffer waren imponierend. Vor allem natürlich im Preis des Winterfavoriten gegen den aktuellen Derby-Favoriten Wonderful Moon und im Gran Criterium in Mailand. Dort sprach der italienische Rennkommentator sogar von einer „nuklearen Explosion“.
Große Auszeichnung
Der Titel „Galopper des Jahres 2019“ war eine große Auszeichnung in der ältesten Publikumswahl des deutschen Sports. Die Favoritenrolle als 1,3:1-Chance im Dr. Busch-Memorial war eindeutig, und Rubaiyat feierte mit Andrasch Starke seinen fünften Sieg beim fünften Start. Es war eine sehr sichere Angelegenheit, wenn auch mehr ein Arbeitssieg über den Trainingsgefährten Zavaro (L. Delozier) sowie den spät heranfliegenden Fearless King (R. Piechulek), die beide ebenso wie der Vierte Santurin (C. Lecoeuvre) wieder mit von der Partie sind. Alles andere als ein neuerlicher Triumph für Rubaiyat und das Erfolgsteam Andrasch Starke/Henk Grewe wäre schon eine große Überraschung. Mehr Infos finden Sie in unserer Einzelvorstellung.
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Die Kandidaten in der Übersicht:
Fearless King: Schon 2019 hocheingeschätzter Hengst aus dem Erfolgsquartier von Sarah Steinberg, das mit Quest the Moon noch den Gewinner im Krronimus – Großer Preis der Badischen Wirtschaft stellte. Gewann auf Anhieb in München gegen Wonderful Moon, im Zukunftsrennen lief nicht alles glatt. Zeigte sein wahres Gesicht beim dritten Platz zu Rubaiyat und Zavaro im Dr. Busch-Memorial. Wurde dort einen Tick zu spät eingesetzt. Man darf gespannt sein, ob er noch näher bei Rubaiyat landen kann. Könnte sein stärkster Gegner sein.
Leeroy Gold: Sehr gut beurteilter Kandidat, der aber beim späten Debüt in Mülheim als Dritter noch keinen Eindruck machen konnte. Allzu viel scheint das nicht wert gewesen zu sein. Wechselte anschließend von Sascha Smrczek zu Jean-Pierre Carvalho nach Mülheim. Kann aber hier als siegloses Pferd nur krasser Außenseiter sein.
Palimero: Trotz vieler Ansätze noch sieglos. Hatte im Preis des Winterfavoriten einen extrem unglücklichen Rennverlauf. Dürfte in Köln an einem guten Konkurrenten gescheitert sein, aber die hinter ihm eingekommenen Pferde machten anschließend noch wenig von sich reden. Sicher wäre ein Platzgeld ein Erfolg, immerhin der Ritt des Champions.
Palmiro: Siegte 2019 in der französischen Provinz. Platz sechs im Dr. Busch-Memorial zeigte erstmals seine Grenzen auf, hatte gegen Rubaiyat & Co. nicht den Hauch einer Chance steht daher wieder vor einer sehr schweren Aufgabe.
Rubaiyat: Fünf Starts, fünf Siege, „Galopper des Jahres 2019“, ein Pferd der ganz besonderen Art. Seine Siege im Preis des Winterfavoriten und im Gran Criterium waren sehr beeindruckend. Etwas mehr Arbeit hatte er im Dr. Busch-Memorial, aber mehr als sicher gewinnen konnte er nicht. Da keine wesentlichen neuen Gegner dazukommen, wäre alles andere als ein Sieg eine Sensation.
Santurin: Machte mit zwei Frankreich-Siegen im Vorjahr gute Kasse. Konnte sich danach als Listen-Sechster in Lyon nicht profilieren. Ordentlich war der vierte Rang im Busch-Memorial, eine ähnliche Platzierung wieder sicherlich als Erfolg zu werten.
Zavaro: 2019 schon fünfmal am Start, sicherte sich das Düsseldorfer Auktionsrennen, könnte danach im Ferdinand Leisten-Memorial über den Berg gewesen sein. Stark war sein zweiter Platz im Busch-Memorial, als er lange sogar gegen Rubaiyat dagegenhielt. Wehrte Fearless King noch knapp für Rang zwei ab. Ein vorderer Platz ist erneut drin, aber ob er Rubaiyat schlagen kann?
Lesen Sie auch unseren Insider-Talk. In dieser Woche mit Anke Dahlhaus.