Es begann an einem Dienstag im Juni 1993 bei einem Dortmunder Buchmacher: Der Sieger hieß Commander in Chief und wurde trainiert von Henry Cecil. Es war das erste bewusst erlebte englische Derby des Autors. Am Samstag ist es erneut soweit: Das Epsom Derby 2018 steht an. Zeit für eine kleine Bilanz: meine besten Derbysieger der letzten 25 Jahre.
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Epsom Derby 2018
Die Entscheidung fiel nicht leicht. Einige Kandidaten schafften es leider nicht, waren aber nah dran. Pferde wie New Approach (Sieger 2008), Workforce (2010), Authorized (2007), Motivator (2005), Australia (2014) oder Camelot (2012) werden manche vermissen. Andere überzeugten aber noch ein wenig mehr. Das sind die fünf Kandidaten. Auffällig: Vier der fünf wurden in Irland trainiert.
Sinndar
(Sieger 2000, Trainer John Oxx/Jockey Johnny Murtagh)
Das Epsom Derby am 10. Juni 2000 endete mit einem Herzschlagfinale: Sakhee gegen Sinndar, die blauen Hamdan Al Maktoum-Farben gegen die grünen des Aga Khan. Grün schlug Blau: Mit viel Kampfgeist und Stehvermögen schob sich Sinndar noch an dem lange führenden Sakhee vorbei.
Der Grand Lodge-Sohn entpuppte sich als das herausragende Pferd des Jahrgangs 1997. Nicht nur, dass er zweijährig die National Stakes, das wichtigste Rennen für Zweijährige in Irland, entschied. Sinndar schaffte etwas, was anderen Größen wie Nijinsky, Troy und Generous nicht gelang. Er gewann die Derbys in England und Irland sowie den Prix de l’Arc de Triomphe in Longchamp. Im Arc hatten nicht nur der Zweite Egyptband, sondern auch der große Favorit Montjeu (4.) und die deutsche Hoffnung Samum (6.) das Nachsehen.
Der Hengst verfügte über die berühmte Mischung aus Speed und Stamina, die große Rennpferde auszeichnet. Und er hatte Kampfgeist. „Es war unmöglich, an ihm vorbeizukommen“, erklärte sein Erfolgsjockey Johnny Murtagh. Acht Starts, sieben Siege, ein zweiter Platz lautet die fast makellose Bilanz. Kein Wunder, dass er Ende 2000 dreijährig bereits die Rennbahn verließ. Zu seinen besten Nachkommen gehören die Gruppe 1-Sieger Youmzain und Shareta, die unter anderem Zweite zu Danedream im Arc war.
Galileo
(Sieger 2001, Trainer Aidan O’Brien/Jockey Mick Kinane)
In dieser Woche war ein Bericht in der Racing Post, der den hohen Stellenwert dieses Pferdes zeigt: Das Fachblatt beschäftigte sich mit der Tatsache, dass 2018 keiner der Guineas-Sieger in England, Frankreich, Irland und Deutschland von Galileo abstammte. Der Hengst hat unzählige Top-Pferde gezeugt. Frankel, New Approach, Found, Nathaniel oder der unverwüstliche Highland Reel – das ist nur eine kleine Liste seiner vielen Nachkommen mit Top-Format. Galileo übertraf als Deckhengst sogar seine Ausnahme-Leistungen auf der Rennbahn.
Schon die Abstammung ist hochadlig: Vater Top-Deckhengst Sadler’s Wells, Mutter die Arc-Siegerin Urban Sea. Das muss nicht unbedingt auch Top-Leistungen der Nachkommen bedeuten, doch Galileo hatte eine Menge Talent geerbt. Er war kein frühreifer Zweijähriger, obwohl er seinen einzigen Start überlegen gewann. Im Quartier von Aidan O’Brien galt er früh als veritabler Steher mit Ziel Derby. Nach zwei Erfolgen in den Trials in Leopardstown ging er als Mitfavorit ins englische Derby, Golan schien auf dem Papier ein ernstzunehmender Gegner. Doch der Schützling von Sir Michael Stoute hatte keine Chance: Galileo siegte mühelos, setzte sich früh an die Spitze und stiefelte unangefochten nach Hause. Trainer Aidan O’Brien konnte seinen ersten Derby-Sieg in England feiern. Fast noch eindrucksvoller fiel der Erfolg im irischen Derby aus, als er das Feld mit vier Längen Vorsprung distanzierte.
Ende Juli 2001 fieberte die Turfwelt dem Duell Jung gegen Alt entgegen. Doppel-Derbysieger Galileo traf auf Godolphins mehrfachen Gruppe 1-Sieger Fantastic Light in Ascots King George. Der Jüngere behielt die Oberhand und wehrte alle Angriffe ab. Galileo siegte mit zwei Längen gegen das Godolphin-Pferd.
Sechs Starts, sechs Siege lautete die Bilanz. Fantastic Light beendete diese Serie, als er seinen King George-Bezwinger in den Irish Champion Stakes hauchdünn besiegte. Sein letztes Rennen bestritt er auf ungewohntem Untergrund beim Breeders Cup Classic in den USA: Dort wurde er nur Sechster, es war die einzige schwächere Form einer ansonsten makellosen Karriere.
High Chaparral
(Sieger 2002, Trainer Aidan O’Brien/Jockey Johnny Murtagh)
Ein Jahr nach Galileo schlug der Aidan O’Brien-Express wieder zu: 2002 triumphierte High Chaparral auf dem schwierigen Epsom-Kurs, doch diesmal saß Johnny Murtagh im Sattel. Mick Kinane hatte sich für den Stallgefährten Hawk Wing entschieden. Am Ende behielt der größere Steher die Oberhand.
Vieles an High Chaparrals Weg zum Derby-Triumph erinnerte an den Stallgefährten Galileo. Auch wenn er zweijährig beim Debüt nur Zweiter wurde, beim dritten Start als Youngster jedoch die Racing Post Trophy (Gruppe 1) gewann. Es folgten die Erfolge in den zwei irischen Derby-Trials in Leopardstown. In Epsom gab es den erwarteten Zweikampf mit dem Stallgefährten Hawk Wing. Die beiden O’Brien-Pferde hatten sich deutlich vom Feld abgesetzt, doch High Chaparral wehrte jeden Angriff seines Gegners ab. Zum Schluss waren es zwei Längen Vorsprung. Im irischen Derby distanzierte der Hengst mit viel Speed den Stallgefährten Sholokhov.
Auch der dritte Platz im Arc und der Erfolg im Breeders Cup Turf zeigten die großen Fähigkeiten des Hengstes. Im Gegensatz zu Galileo aber blieb High Chaparral vierjährig im Training. Vier Starts, drei Siege, ein dritter Platz – auch 2003 trumpfte der Hengst groß auf, gewann unter anderem die Irish Champion Stakes und wiederum den Breeders Cup Turf. Später war er als Deckhengst auch in Australien und Neuseeland aktiv. Zu seinen besten Nachkommen zählen der 10fache Gruppe 1-Sieger Where or When und Rekindling, Sieger im Melbourne Cup 2017. 2014 starb High Chapparal.
Sea The Stars
(Sieger 2009, Trainer John Oxx/Jockey Mick Kinane)
Acht Jahre nach Galileos Triumph trat sein Halbruder Sea The Stars 2009 in dessen Fußstapfen: Der Cape Cross-Sohn, trainiert von John Oxx in Irland, hielt die O’Brien-Armada mit Fame and Glory, Masterofthehorse, Rip Van Winkle und Golden Sword in Schach. Damit hatte er etwas geschafft, was in England nur dem großen Nashwan gelang: das Doppel aus 2000 Guineas und dem Derby.
Doch die Gruppe 1-Siegesserie ging weiter: Eclipse in Sandown, Juddmonte International in York, Irish Champion Stakes in The Curragh folgten. Wie kann ein Pferd das noch toppen? Indem es im Arc siegt. Immer saß Mick Kinane im Sattel und immer war das Pferd in bestechender Form. Es war eine Meisterleistung von Trainer John Oxx und seinem Team. Nur beim Debüt geschlagen, danach folgten acht Erfolge in Serie. So ging ein weiterer Top-Star in Vererber-Rente und produzierte immerhin Top-Nachkommen wie Taghrooda (Oaks- und King George-Siegerin für John Gosden), Harzand (Epsom Derby-Sieger 2016) und Sea The Moon, den besten Derbysieger der letzten Jahre in Deutschland.
Golden Horn
(Derbysieger 2015, Trainer John Gosden/Jockey Frankie Dettori)
Eines der überragenden Pferde der letzten Jahre. Neun Starts, sieben Siege und zwei zweite Plätze lautet die fast tadellose Bilanz von Golden Horn. John Gosden, sein Trainer, hatte schon früh im Jahr 2015 gemerkt, dass er da ein Pferd besonderer Güte trainierte. Ungeschlagen ging der Hengst in die Dante Stakes in York, die wichtigste Derby-Prüfung auf der Insel. Dort hatte er wenig Mühe mit dem vorher höher gehandelten Stallgefährten Jack Hobbs. Damit stand die Entscheidung: Besitzer Anthony Oppenheimer zahlte 75.000 Pfund und meldete ihn für das Derby nach.
Ins Derby ging Golden Horn als Favorit und es wurde eine Demonstration purer Klasse. Jockey Frankie Dettori hatte seinen Partner hinten im Feld versteckt und rollte mit viel Speed das Feld auf. Nur Jack Hobbs konnte halbwegs folgen und war am Ende noch deutlicher als in York besiegt. Irgendwelche Bedenken, dass er den schwierigen Kurs in Epsom nicht kann, widerlegte Golden Horn eindrucksvoll.
Es folgte ein souveräner Erfolg über 2000 Meter in den Eclipse Stakes in Sandown und eine knappe Schlappe auf zu weichem Boden gegen Arabian Queen (die an diese Form nie wieder heranreichte) in York. Doch im Herbst sah die Turfwelt wieder Golden Horn in altem Glanz: Erste Plätze in den Irish Champion Stakes und im Arc gegen die famose Treve, der zweite Platz im Breeders Cup Turf hinter der alten Rivalin Found rundete eine große Karriere mit vier Gruppe 1-Triumphen ab.
Ob unter den Kandidaten 2018 einer der Kandidaten dieses Format hat? Saxon Warrior aus dem Aidan O’Brien-Quartier ist der große Favorit. Der irische Meistertrainer sattelt weitere Starter, da hat er viele Möglichkeiten. Aber Roaring Lion aus dem Stall von John Gosden und Young Rascal aus dem Quartier von William Haggas können die O’Brien-Feier verderben.