Maxim Pecheur feiert am 13. November seinen 30. Geburtstag, gilt aber schon seit mehreren Jahren als einer der besten Jockeys in Deutschland. 2019 war er Zweiter der Statistik. Hier ein Insider-Talk.
Erster Kontakt durch Werner Schmeer
Der Rennclub Saarbrücken hat Sie zu seinem „Sportlichen Ehrenmitglied“ ernannt, das hat einen besonderen Grund, der für Ihre Karriere als Jockey wegweisend war. Können Sie das genauer erklären?
Maxim Pecheur: Durch den Rennclub Saarbrücken und Herrn Schmeer entstand mein erster Kontakt zu Rennpferden. Kurz darauf begann ich eine sehr lehrreiche, bildende und harte Lehre bei Christian von der Recke in Weilerswist. Da ich leider ritttechnisch nicht so sehr beachtet wurde zu Beginn, musste ich eine Alternative in Iffezheim suchen. Da begann ich daraufhin bei Gerald Geisler zu arbeiten.
Schon als Azubi weit vorne
Sie haben schnell den Durchbruch geschafft. Welche Erinnerungen haben Sie an die Zeit in Iffezheim?
Maxim Pecheur: Bei Herrn Geisler erhielt ich mit der Zeit immer mehr Chancen und konnte auch für den Stall Rennen gewinnen, wodurch ich meine Erlaubnis relativ schnell verlor. Mir gelangen damals schon 57 Siege und Platz 5 in der deutschen Statistik, was angeblich nach dem legendären Georg Bocskai das beste Ergebnis eines Auszubildenden in der Geschichte gewesen sein soll. Dafür bin ich sehr dankbar.
Erfolgsfaktoren Fleiß und harte Arbeit
Welche Eigenschaften mussten Sie mitbringen, damit es weiter nach oben ging?
Maxim Pecheur: Das lässt sich sehr gut mit zwei Worten umschreiben, Fleiß und harte Arbeit. Mein weiterer Weg war dadurch gekennzeichnet. Durch viele Ritte in der deutschen und französischen Provinz sowie Belgien und Frankreich konnte ich immer aktiv bleiben und Rennen reiten.
Karrieresprung in Röttgen
Aber der entscheidende Karrieresprung war dann der Wechsel zu Markus Klug nach Köln-Heumar ins Gestüt Röttgen, wo Sie unverändert aktiv sind?
Maxim Pecheur: Das ist richtig, Markus Klug hat mich von Anfang an stark unterstützt. Seit damals bekam ich meine Ritte und Chancen, die mich persönlich aber auch In der deutschen Jockeyriege weiter voran brachten. Die Krönung der bisherigen Karriere war neben vielen tollen Siegen und einigen Gruppe-Platzierungen natürlich der Sieg im Deutschen Derby mit Windstoß. Die Umstände waren zwar etwas glücklich, aber Glück gehört nun einmal immer dazu, besonders in unserem Sport.
Folge-Angebote nach dem Derbysieg mit Windstoß
Was bedeutete Ihnen dieser Sieg im wichtigsten Rennen des Jahres 2017?
Maxim Pecheur: Ein Derbysieg ist natürlich etwas ganz Besonderes, und dann kam er noch mit einem Pferd aus dem eigenen Stall zustande, das ich jeden Morgen selbst geritten hatte. Solch ein Erfolg fällt den Leuten besonders auf, man bekommt im Anschluss daran mehr Folge-Angebote. Ich sage immer, man muss einerseits reiten können, braucht aber auch entsprechende Pferde. Sonst wäre meine Entwicklung auch anders verlaufen. Denn unser Geschäft ist sehr erfolgsabhängig, da werden Siege schnell wieder vergessen.
Championat ermöglicht mehr Optionen
Es ging weiter spürbar aufwärts, 2017 waren Sie Fünfter der Statistik, 2018 schon Dritter und 2019 Sie Vize-Champion und lieferten sich lange einen großen Kampf mit ihrem Kollegen Bauyrzhan Murzabayev. Was würde der Titelgewinn für Sie bedeuten? An welche Siege in den vergangenen Jahren außer an Windstoß denken Sie besonders gerne zurück?
Maxim Pecheur: Das Championat hat in Deutschland einen rein emotionalen Wert. Ein finanzieller Vorteil ergibt sich daraus nicht. Es ist sehr bedeutend, wenn man sieht, was man für den Sport gibt. Daher möchte jeder den Titel schaffen. Der Vorteil ist, dass es einem als Jockey mehr Optionen im Ausland ermöglicht, um zum Beispiel für ein paar Monate nach Japan oder generell nach Asien zu kommen, wo die Preisgelder sehr hoch sind.
Besonders herausragend war natürlich der Diana-Sieg 2019 mit Diamanta. Aber auch die Rennen mit Kaspar, auch die Platzierungen in großen Rennen mit ihm, haben für mich eine sehr große Bedeutung. Ich hoffe, dass ihm bald der verdiente Gruppe-Sieg gelingen wird. Er dürfte im nächsten Jahr noch vieles vor sich haben und sich bestimmt nicht verschlechtern. Und natürlich war die Serie von sechs Siegen bei sechs Starts von Jin Jin, gipfelnd in dem Gruppe-Treffer in Frankreich, etwas ganz Besonderes. Seit sieben Jahren arbeite ich für Markus Klug im Gestüt Röttgen und gewinne jedes Jahr meine Rennen, in den letzten zwei Jahren auch mehr große Prüfungen, da wir keinen festen Stalljockey mehr haben. Ich kann mich glücklich schätzen, dass es so toll funktioniert. Wir haben gemeinsame Erfolge mit den Pferden aus unserem Stall für verschiedene Besitzer.
Taktik-Grundlage wird im Training gelegt
Sie gelten vor allem als Spezialist für die Taktik des Gehens. Haben Sie da ein besonderes Erfolgsrezept?
Maxim Pecheur: Jeder Mensch hat seine Stärken und Schwächen, und jedes Pferd auch. Manche Besitzer möchten, dass man mit ihren Pferden am besten an zweiter oder dritter Stelle geht. Bei unserem Stall ist es so, dass mein Trainer etliche Pferde auch für solch eine Taktik trainiert und sie daher von vorne oder aus dem Vordertreffen besonders ihre Stärken zeigen. Ich mag die Rennen von der Spitze aus sehr, das harmoniert mit dem Training bestens. Auch für Bohumil Nedorostek, Karl Demme, Frank Fuhrmann oder Lucien van der Meilen habe ich schon viel geritten und gewonnen, die ihre Pferde gerne aus dem Vordertreffen laufen lassen und sie auch so vorbereitet haben. Das ist dann vom ganzen System ein Zusammenspiel, eine Wechselwirkung, die sich positiv auswirkt. Pferd und Training müssen zusammenpassen, das Gesamtkonzept. Ich sehe diese Art zu reiten, als eine meiner Stärken. Und da ich das schon oft praktiziert habe, kommt die Routine hinzu. Denn was man oft macht, kann man meistens auch sehr gut.
Lieblingsbahn Hannover
Wir haben festgestellt, dass Sie gerade in Hannover oft gewinnen. Ist das richtig? Wie muss man dort reiten?
Maxim Pecheur: Ich hatte immer schon ein gutes Verhältnis zur Familie Baum und Hannover und gewinne dort viele Rennen. Ich freue mich auch immer sehr auf die Renntage auf der Neuen Bult, auch mein Trainer ist hier meistens sehr stark engagiert. Da die Gerade nicht extrem lang ist, bietet sich eine Position im Vordertreffen an. Dann kann man sich auch gute Spuren suchen, da man alles sieht. Sonst muss man von hinten das nehmen, was noch übrig bleibt.
Krise wird Nachwehen haben
Wie sind Sie durch die Corona-Zeit bisher gekommen? Wie fällt Ihre bisherige Saisonbilanz aus?
Maxim Pecheur: Natürlich ist durch Corona alles aufwändiger geworden. Das gilt auch für Auslandsreisen und Auslandsstarts. Und dann ist es wie in anderen Berufen auch, beim finanziellen Aspekt ist alles reduziert. Ich habe zum Glück relativ viele Ritte und gewinne auch häufig. Mehr Sorgen mache ich mir um andere Personen im Rennsport, die es vor der Pandemie schon schwer hatten und bei denen es jetzt ums Existenzminimum geht. Meine eigene Lage ist in Ordnung. Lange Zeit hat sich die erste Garde der Jockeys in Deutschland auf einer Bahn getroffen, da es keine Parallelveranstaltungen gab. Die zweite Reihe guckte da in die Röhre. Das ist sehr kritisch, und dann kommen die reduzierten Geldpreise und Reitgelder noch hinzu. Eine sehr schwierige Lage für die viele Jockeys. Ich kann mich in diese Lage gut hinein versetzen. Ich befürchte, dass sich die Krise bei vielen Besitzern und Trainern noch stark bemerkbar machen und einige Nachwehen haben wird.
Winter-Pläne & leidenschaftlicher Koch
Was sind Ihre Ziele für die Zukunft? Werden Sie auch im Ausland über Winter angreifen? Was machen Sie in Ihrer freien Zeit?
Maxim Pecheur: Bislang habe ich mich im Winter immer darauf fokussiert, die jungen Pferde im Gestüt Röttgen vorzubereiten. Das hat sich sehr gut ausgezahlt, wie man zum Beispiel an Windstoß oder Kaspar gesehen hat. Wenn jetzt ein gutes Angebot für einen Winter-Aufenthalt im Ausland käme, wäre es eine Überlegung wert. Ich würde darüber zumindest nachdenken.
Gerne würde ich einmal den Preis der Winterkönigin gewinnen, in dem ich schon dreimal hintereinander Zweiter war.
In meiner Freizeit koche ich sehr gerne, das ist eine große Leidenschaft von mir. Ich beschäftige mich mit allem, was mit der Ernährung zusammenhängt. Meine Frau und ich, wir ernähren uns sehr bewusst und kochen jeden Abend frisch und vernünftig. Daher habe ich es leichter mit dem Gewicht. Ich kann unter der Woche immer gut und mich satt essen. Wenn ich am Wochenende leichte Gewichte in den Sattel bringen muss, dann bereiten wir leichtere Gerichte zu. So kann ich über die Saison konstant 52 Kilo reiten. Ich wiege in der Woche zwischen 52 und 53 Kilo und muss dann vor den Rennen nicht so viel schwitzen, was ja sehr belastend ist für den Körper. Wir kochen gerne saisonal, beispielsweise in der Spargelzeit, oder auch Kürbis und Maronen sowie Fisch. Das wechselt durch die verschiedenen Zeiten.