Insider-Talk mit Britta Gollnick-Uleer: „Bestmögliches aus jedem Pferd hervorbringen“

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Aus kleinen Anfängen heraus zur Großbesitzerin – Britta Gollnick-Uleer ist Pferde-Eignerin aus Leidenschaft. Ihre Vierbeiner lässt die Zahnärztin aus Berlin inzwischen von Marco Klein, dem Trainer ihres Vertrauens, inzwischen in Mannheim vorbereiten. Und auch in dieser Saison durfte sie sich schon über mehrere Treffer freuen. Alles über Ihr Faible für den Turf und die Hoffnungen für die nächste Zeit erfahren Sie im Insider-Talk auf dem RaceBets-Blog.

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Das Rennjahr begann für Sie schon sehr fulminant mit zahlreichen Treffern auf der Dortmunder Sandbahn. Wie sehen Sie die bisherige Saison?

Britta Gollnick-Uleer: Siege und Platzierungen sind das eine, aber wichtiger ist natürlich, dass diese Spitzensportler heil aus jedem Rennen kommen und die Chance haben sich weiterzuentwickeln. Letztes Jahr hatten wir doch einiges Pech mit Verletzungen, leider bei Tier und Mensch. Tommy, in den wir großes Vertrauen setzen, musste ja lange pausieren, ist jetzt aber wieder 110 % einsetzbar.

Und auch einige unserer Pferde mussten pausieren und einige werden den Rennstall auch verlassen und in den Freizeitbereich wechseln. Im Moment geht es allen Pferden gut, bis auf kleine Zipperlein, und wir sind mehr als zufrieden mit dem Start in diese Saison. Die Anzahl an Siegen und Platzierungen ist für uns phantastisch. Als große Herausforderung sehe ich das Trainieren unserer „jungen Wilden“ und den Zeitpunkt, diese an den Start zu bringen. Es bleibt spannend und die Saison ist noch lang.

„Brauche erst das hundertprozentige Go“

Wie sind die Pläne mit Ikarus, der nach seinem Sieg zum Debüt in Köln im Baden-Badener Derby Trial keine Akzente setzen konnte?

Ikarus am 20.05.2023 beim in Baden-Baden

Britta Gollnick-Uleer: Leider ist dieser wunderbare Hengst nicht ganz sauber aus dem Rennen in Baden- Baden gekommen und er hat eine Sehnenreizung, nicht verletzt, aber gereizt. Deshalb fahren wir mit ihm einen Gang zurück. Ich gehe niemals ein Risiko ein und bin übervorsichtig. Bevor er wieder voll ins Training startet und wir wieder an Starts denken, brauche ich erst das hundertprozentige „Go“ von unserem Tierarzt! Trotzdem ist er ein Kandidat für die besseren Rennen und seine Route ist für uns relativ klar.

Und auf welche anderen Kandidaten setzen Sie 2023 besonders Hoffnungen?

Britta Gollnick-Uleer: Auf jeden unserer Schützlinge. Alle sind so unterschiedlich und jeder braucht individuelle Unterstützung im Training, Futter, Tierarzt, Physiotherapie, Heilpraktiker, Chirotherapie, Freizeit, usw. Unsere Herausforderung ist es, das Bestmögliche aus jedem Pferd hervorzubringen, bei dem einen ist es ein Sieg im Ausgleich V, bei dem anderen einen Sieg auf Listenebene, was natürlich für jeden Besitzer und/ oder Züchter das Ziel ist. Auch ich möchte auf Dauer mit meinen Schützlingen in den besseren Rennen mitmischen. Bavaria Iron hat mich am in Hamburg in einem Ausgleich II von sich sehr überzeugt. Bei den Debütanten warten wir erstmal die ersten Starts ab, bevor man Aussagen über Können und Route trifft. Aber im Training tritt Arian schon mit großem Fleiß hervor.

„Ich liebe Schimmel“

Ihnen gehören inzwischen auch mehrere zweijährige Pferde. Nach welchen Kriterien suchen Sie die Ihre Pferde aus? Und wer berät Sie? Welche Rolle spielt eigene Intuition?

Britta Gollnick-Uleer: Tatsächlich stehen gerade acht Zweijährige im Training. Alle haben wir bei der BBAG ersteigert. Alles fängt mit dem Katalog der BBAG an. Dann sucht jeder der Beteiligten Pferde nach seinen Kriterien heraus. Mein Mann Ingo, der Trainer Marco Klein, meine sehr gute Freundin Birgit Hinz, der Jockey Tommaso Sacrdino, seine Frau Katrin Klein und selbst die Eltern Klein suchen Pferde rein nach dem Papier heraus. Sammeln, diskutieren und dann in Baden- Baden anschauen, kritisieren, loben, aussortieren nach individuellen Vorlieben: Schrittlänge, Körperbau, Phlegma und manchmal auch nur nach der Farbe. Brainstorming: warum bei welchem Pferd bis zu welcher Summe mitbieten. Ersteigen muss der Trainer, ich habe dafür keine Nerven. Eigene Intuition: mein Mann hat sich in das Erscheinungsbild von Kreuzberg auf Anhieb verliebt, andere behaupten, der Name sei wohl ausschlaggebend gewesen. Ich habe, für den Trainer völlig überraschend, auf die Ersteigerung von Imaginary bestanden – im weitesten Sinne ein „Cousin“ meines Indian Soldier. Die zwei Mädels Kanzashi und Wild Walk sind Schimmel – ich liebe Schimmel. Bei allem Spleen achtet mein Trainer natürlich trotzdem auf alle klassischen Kriterien, nach denen man ein zukünftiges Rennpferd aussucht.

Auktionsjährling Kreuzberg am 16.08.2022 im Gestüt Ohlerweiherhof

Ihr Pferdebestand ist inzwischen immer größer geworden. Bis auf wenige Ausnahmen stehen alle Vollblüter im Stall von Marco Klein in ihrem Besitz. Wie beurteilen Sie die Entwicklung ihres Stalles?

Britta Gollnick-Uleer Ich möchte diesen Sport besser kennen und verstehen lernen. Ich möchte damit wachsen und versuchen von A wie Zuchthengst bis Z wie Gruppesieg alles zu durchlaufen. Wir haben jetzt viel Masse, um zu sehen was mit jedem Individuum passiert, aber auf Dauer soll die Richtung eine andere werden. Wie sagt man doch so schön: „Klasse statt Masse“!

„Möchte jedem Pferd seinen Weg ebnen“

Wo sehen Sie die Idealgröße und was sind die Ziele für 2023?

Britta Gollnick-Uleer Für mich gibt es keine Idealgröße. Im Moment ist es gut so wie es ist. Jedes Pferd ist individuell ausgesucht und wird individuell unterstützt. Mein Ziel für 2023 ist es, jedem Pferd in meinem Bestand seinen Weg zu ebnen, egal ob Rennpferd, Mutterstute, Jährling oder Fohlen. Unsere Ex- Galopper sollen ein gutes Zuhause bekommen, aber tatsächlich fällt es mir nicht leicht, mich von meinen Schützlingen zu trennen.

Wie sind Sie als Neueinsteigerin in diesem Metier aufgenommen worden?

Britta Gollnick-Uleer Vor dem Kauf von Indian Soldier im Jahr 2020 hatte ich tatsächlich gar nichts mit dem Galoppsport zu tun, außer ein oder zwei Rennbahnbesuche in Hoppegarten, als die Kids noch klein waren. Alle, mit denen ich eng zusammenarbeite, sind sehr bemüht mir alles zu erklären und vieles beizubringen, sind stets erreichbar in allen Lebenslagen und haben immer ein offenes Ohr für mich.

Indian Soldier siegt unter Tommaso Scardino am 04.07.2021 in Hamburg

Marco Klein als Trainer ist immer erreichbar, versorgt mich fast täglich mit Trainingsvideos, da wir ja quasi nie vor Ort sein können. Fast wöchentlich gibt es ein Brainstorming zu jedem unserer Schützlinge, egal ob verletzt und Schonprogramm oder aktiv im Training.

Nikolas Schenke als Geschäftsführer und Thomas Witt als Gestütsleiter des Gestüts Lünzen sind immer erreichbar, keine Frage rund um die Zucht bleibt unbeantwortet. Es gibt tägliche Updates rund um unsere Mutterstuten und die Fohlen, inkl. Fotos.

Birgit Hinz und Bettina Schröder von der Versicherung AKP, beide nicht nur Geschäftspartner, uns verbindet mittlerweile auch eine tiefe Freundschaft, sind geschäftlich 24/7 erreichbar.

Aber natürlich haben wir über diesen wunderbaren Sport auch „nicht geschäftliche“ Kontakte. Tolle Bekanntschaften und enge Freundschaften sind entstanden. Alles stets herzlich und mit der gemeinsamen Begeisterung für diesen tollen Sport.

Welche Rennbahnen haben Sie bereits besucht, und welche haben Sie am meisten beeindruckt?

Britta Gollnick-Uleer: ich habe mit meinem Mann bei Deutsche Galopp geschaut, welche Rennbahnen es in Deutschland gibt und die Liste derer die wir bereits besucht haben ist tatsächlich lang. Ich glaube, dass jede Bahn sich am Besten präsentieren will und jeder sich im Rahmen seiner Möglichkeiten bemüht, einen tollen Renntag für Tier und Mensch zu gestalten. Kritik und Lob gibt es immer. Auf manchen Bahnen waren wir nur für ein Rennen und ich bin immer sehr angespannt und fokussiert, so dass ich manchmal gar nichts vom Flair oder Catering mitbekomme.

Bad Harzburg: toll gelegen und eingebettet in den wunderschönen Harz. Baden-Baden-Iffezheim: tolles Flair auf der Bahn. Berlin-Hoppegarten: am schnellsten für uns zu erreichen und die lange Gerade mit 1200m ist sehr beeindruckend. Dortmund: im Winter leider sehr kalt und deswegen im Winter leider schlecht besucht. Dresden: traditionsreiche Tribüne mit viel Holz. Düsseldorf: der Anstieg vor dem Einlauf liegt nicht jedem Pferd. Hannover: leider selber noch keine Starter hier gehabt, aber das Geläuf ist topp. Haßloch: beeindruckend tolle Bahn, müsste mehr Renntage haben. Krefeld: war mein Mann tatsächlich nur für ein einziges Rennen.

Booze Cruise siegt unter Tommaso Scardino am 12.03.2023 in Dortmund

Köln: zum 1.FC Köln-Renntag konnte man vor Meschenmassen nicht mehr treten. Leipzig: klein, aber fein. Magdeburg: für jedes Besucherherz etwas dabei. Mannheim: Heimatbahn unserer Schützlinge, spezielle Bahnführung, die nicht jedem liegt. Mühlheim an der Ruhr: sehr herzliche Bahn. München: tolle Bahn, tolles Geläuf, kurze Anfahrt für unsere Schützlinge. Saarbrücken: für unsere tolle Stute Inchiquin wie maßgeschneidert.

Vielleicht sollte ich alle Bahnen mal ohne Starter besuchen um sie besser beurteilen oder einschätzten zu können. Die Renntage in Hoppegarten sind für uns immer sehr entspannt und unterhaltsam, ohne Starter mit Freunden und Bekannte die tolle Atmosphäre genießen.

Wie stark ist Ihre Familie involviert? Wieviele Reisekilometer legen Sie im Jahr für die Pferde zurück?

Britta Gollnick-Uleer Unsere Kinder lassen uns alle Freiräume, unserem Hobby in jeglicher Hinsicht nachzugehen. Manchmal begleiten sie uns, wie zum Beispiel letztes Jahr zur Ehrung der Champions in Baden Baden. Dann versuchen wir natürlich ein ausgewogenes Programm, zwischen dem was Kids Spaß macht und dem Rennbahnbesuch zu gestalten. Ansonsten glaube ich, dass unsere Junx mit 14 und 16 nicht traurig sind, wenn sie am Wochenende „sturmfreie Bude“ haben und wir alleine unterwegs sind. Sie fiebern bei den Rennen genauso mit wie wir und sind auch unmittelbar an der Namensgebung neuer Pferde beteiligt.

Zum letzten Renntag in Hoppegarten hatte mein Mann Notdienst, und ich war bei meiner Familie im schönen Münsterland, aber unserer großer Sohn hatte einen tollen Renntag mit seiner Freundin auf der Bahn in Berlin.

Die Pferde und Jockeys im Rennen am 28.05.2023 in Hoppegarten

 Wir versuchen bei jedem Rennen unserer Schützlinge dabei zu sein, leider ist Berlin nicht der Nabel der Welt und gefühlt liegt jede Rennbahn in Deutschland 500 Kilometer+ entfernt. Ich habe mal grob überschlagen, also dieses Jahr waren wir bereits ungefähr 16.000 Kilometer unterwegs, nur für die Rennen. Da sind die Kilometer für die Besuche unserer Mutterstuten und den Fohlen noch nicht dabei.

Was würden Sie im deutschen Rennsport sofort ändern oder verbessern, wenn Sie die Möglichkeit dazu hätten?

Britta Gollnick-Uleer Ich freue mich immer, junge Menschen auf den Rennbahnen zu sehen. Besonders fällt mir das in Hoppegarten auf. Kleine und große Gruppen, schick gekleidet oder leger, mit Picknick Korb und Decke. Junge Familien, die einen Renntag zum Familienausflug machen. Diese sollte man unterstützen. Wichtig sehe ich ein ausgewogenes Angebot, was Speisen und Getränke angeht, bezahlbar und erreichbar. Ausreichende Sitzmöglichkeiten, Schattenplätze im Sommer, warme Räumlichkeiten in der kälteren Jahreszeit. Ein ausgewogenes Rennprogramm. Doppelrenntage finde ich sehr anstrengend als Zuschauer, Besitzer und Trainer, vielleicht gibt es da eine Möglichkeit, die Renntage anders zu verteilen?

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Michael Hähn
Unser Autor Michael Hähn arbeitet als freier Journalist in Baden-Baden. Der Galopprennsport ist seit vielen Jahren sein Metier, und seine Leidenschaft sind Rennveranstaltungen in Deutschland und auf der ganzen Welt.

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