Er hat in seiner Laufbahn schon über 10.000 Rennen gewonnen. Allein in seiner früheren Heimat Türkei gelangen Erhan Yavuz 17 Gruppe I-, 24. Gruppe II- und 56 Gruppe III-Treffer. Nun ist der 1980 geborene Reiter neuer Jockey bei Trainer Bohumil Nedorostek in Hannover. Gründe genug für ein Inside-Interview auf dem RaceBets-Blog.
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Sie waren vor einigen Jahren schon einmal in Deutschland aktiv. Wie waren Ihre Erfahrungen damals?
Erhan Yavuz: Meine Familie hat in Deutschland gelebt, und ich habe mich dazu entschlossen, dass ich meine Karriere in der Türkei pausiere, um in Deutschland meinen Beruf fortzusetzen und mit meiner Familie zusammen sein zu können. In dem Zeitraum konnte ich rund ein Jahr mit Frank Fuhrmann arbeiten. Zu dem Zeitpunkt ging meine Karriere gerade los, so dass man meinen Namen kannte. Zugleich kamen auch sehr viele Anfragen aus der Türkei, so dass ich gesagt habe, ich gehe noch einmal für ein paar Jahre in die Türkei und arbeite dort. Meine Familie ist aber trotzdem in Deutschland geblieben.
„Bohumil hat mir soviel Energie gegeben“
Wie kam es zu Ihrer Rückkehr? Und wie sehen Sie die Perspektiven bei Trainer Bohumil Nedorostek?
Erhan Yavuz: Während meines Aufenthaltes in der Türkei, fing die Corona-Zeit an. Das Hin. und Herreisen zwischen Deutschland und der Türkei wurde immer schwieriger bzw. teilweise unmöglich. In der Türkei kam es auch zu einem Stopp in der Rennbranche, so dass ich als Jockey nicht mehr aktiv sein konnte, auch nicht in der Türkei. Da bekam ich auch einige Angebote, als Trainer in der Türkei tätig zu werden, was ich dann getan habe. Ich habe aber auch mit dem Gedanken gespielt, wieder zurück zu meiner Familie nach Deutschland zu kommen. Da erhielt ich ein Angebot aus Hamburg als Trainer, daher bin ich nach Deutschland zurückgegangen. Ich arbeitete als Trainer in Hamburg, aber nach drei Monaten hat man sich dazu entschlossen, den Stall zu schließen. Es gab keine Pferde mehr, die ich trainieren konnte. Danach haben wir zufällig Bohumil Nedorostek kennengelernt.
Wir haben uns gleich sehr gut verstanden. Ich habe bei ihm morgens als Reiter angefangen. Eigentlich hatte ich nicht mit dem Gedanken gespielt, wieder als Jockey tätig zu werden, weil ich sehr viel zugenommen hatte. Aber Bohumil hat mir soviel Energie und Unterstützung gegeben, dass ich mich noch einmal dafür entschieden habe, als Jockey zu arbeiten. Ich habe dann drei Monate aktiv trainiert und mein Ernährungsprogramm komplett umgestellt. Ich kam vom Gewicht wieder runter. Somit hat mein Berufsleben als Jockey wieder angefangen.
Momentan befinde ich mich noch ganz am Anfang von meinem Weg. Mir ist klar, dass ich nicht alle Pferde von Trainer Bohumil Nedorostek reiten kann. Aber um das zu schaffen arbeite und trainiere ich hart. Bevor ich mich im deutschen Rennsport beweise, muss ich mich erst bei unserem Stall und unseren Besitzern beweisen.
Es gibt viele Unterschiede
Was sind die größten Unterschiede zwischen dem Rennsport in der Türkei und in Deutschland aus Ihrer Sicht?
Erhan Yavuz: Es ist mit allem sehr unterschiedlich, das Trainer-System ist ganz anders, auch das Jockey-Leben ist ganz anders, auch das Trainingssystem. Es gibt sehr große Unterschiede zwischen den Systemen in Deutschland und der Türkei. Ein Jockey in der Türkei arbeitet zum Beispiel nicht fix mit einem Stall, er ist nicht angestellt, sondern selbständig. Ein Jockey reitet in der Türkei morgens im Training nur die Pferde, die er auch im Rennen reiten wird. Zum Beispiel steht der Jockey an der Rennbahn, das Pferd wird vom Pferdepfleger gebracht, ich reite das Pferd und gebe dem Trainer einen Bericht, und das war’s. Schon kann ich auf das nächste Pferd wechseln. Zum Stall laufen oder das Pferd satteln, das machen die Jockeys nicht.
Was sind Ihre Ziele? Und wie sieht Ihre Lebensplanung aus?
Erhan Yavuz: Mein erstes Ziel ist, wie schon erwähnt, mich im Stall und unseren Besitzern gegenüber zu beweisen, damit ich auch als Stalljockey anerkannt werde. Ich möchte, dass mein Name als Jockey anerkannt wird und ich für die Rennen verpflichtet werde. Darauf konzentriere ich mich und dafür arbeite ich.
Wird in Deutschland anders geritten als in Ihrer Heimat?
Erhan Yavuz: Ja, es ist stilistisch sehr unterschiedlich, und auch die Geschwindigkeit im Rennen ist anders.
„Die Top-Jockeys in der Türkei verdienen mehr“
Und wie sind die Verdienstmöglichkeiten im Vergleich?
Erhan Yavuz: Das Geld, das man in der Türkei als aktiver Jockey verdienen kann, ist in Deutschland auf keinen Fall möglich. Dort gibt es sieben Tage die Woche auf zwei verschiedenen Bahnen Rennen. Ich habe die Möglichkeit, an jedem Tag mindestens fünf Rennen zu reiten. Die Preisgelder sind auch höher. Die türkischen Top-Jockeys verdienen definitiv mehr.
Wie ist Ihre Familie im Rennsport verwurzelt? Und wie haben Sie den Weg in den Turf gefunden?
Erhan Yavuz: Mein Papa war Amateurreiter und ist zudem Besitzer und Züchter. Somit konnte ich das Pferd schon in jungen Jahren kennenlernen. Mit 14 habe ich meine Jockey-Lizenz bekommen und konnte dann bereits anfangen zu reiten. Ich bin also in diese Branche hineingeboren worden. Mein Bruder war zur gleichen Zeit Jockey und ist nun Trainer, also die Familie ist unverändert im Rennsport aktiv.
Was waren bisher Ihre bedeutendsten Erfolge?
Erhan Yavuz: Es gibt einige Grupperennen und klassische Rennen, die ich gewonnen habe, darunter die internationale Topkapi Trophy in Istanbul, ein Listenrennen in Dubai hatte auch eine große Bedeutung.
Wie steht es um Ihr Gewicht? Und was müssen Sie dafür an Sport und in Sachen Ernährung tun?
Erhan Yavuz: Zur Zeit wiege ich 53 Kilo. Um mein Gewicht zu halten, muss ich auf meine Ernährung achten. An den rennfreien Tagen passe ich auf, dass ich Sport mache
Was machen Sie in Ihrer Freizeit?
Erhan Yavuz: Ich komme nach Salzuflen zu meiner Familie und verbringe Zeit mit meinen Jungs. In Hannover kümmere ich mich um meinen Hund. Sehr gerne mag ich Waldspaziergänge.