Turfteufel: Was passiert nach der Karriere?

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Was passiert eigentlich nach der Karriere mit Rennpferden? Wenn man danach googelt, dann trifft einen fast der Schlag. Angeblich werden die geschlachtet oder sie sind schon tot, denn man sieht kaum über achtjährige Pferde auf der Bahn. Daraus schlussfolgern manche schlaue Leute, dass die dann tot sind. Also geschlachtet, eingeschläfert oder scheinbar einfach spontan tot umgefallen. Dabei haben Rennpferde per se kein Ablaufdatum, wie ein frischer Joghurt. Sie sind nur irgendwann zu alt, um an Rennen gegen jüngere Konkurrenz teilzunehmen. Danach jedoch stehen ihnen alle Möglichkeiten offen und wenn die Reiter wüssten, was für tolle Freizeitpartner Rennpferde sind, dann würden sie deutlich häufiger zugreifen, wenn ihnen eins angeboten wird.

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So einem Rennpferd steht nach der Karriere nämlich alles offen. Gute Rennpferde nimmt man sowieso in die Zucht. Bei Stuten muss es nicht mal die Eigenleistung sein, da reicht sogar manchmal Verwandtschaft zu X oder gefragte Linie Y. Die Hengste haben es da schwieriger, da ihre Leistung schon überragend sein muss, damit sie in die Zucht gehen. Ein GAG von 95 und besser ist hier Pflicht und selbst dann ist nicht gesagt, dass der Hengst richtig durchstartet. Aber er hat nun mal einen Job nach der Rennbahn, er ist Deckhengst und … tja, also … sagen wir, dass es schlechtere Jobs gibt. Denn im Rennsport ist der Natursprung üblich, ergo gibt es keine künstliche Besamung, sondern ausschließlich das, was die Natur sich bei der Fortplanzung gedacht hat. Manche Herren kriegen da große Augen vor Begeisterung. Den Job hätten sie auch gerne. 

Hengste mit nicht so toller Eigenleistung, aber gutem Exterieur können aber auch in der Warmblutzucht Erfolge feiern. Von Profis geritten und vorgestellt, staunt man nicht schlecht, wie gut die sich auch unterm Dressursattel machen können. Silvery Moon macht’s vor, aber er ist nicht das einzige Rennpferd, das auch im Reitsport gut und gerne angenommen wird. Wallache hingegen haben es natürlich schwieriger, die sind nicht mehr zur Zucht geeignet und da muss man gucken. Doch viele Gestüte nehmen ihre Wallache auch zurück, sei es als Gesellschaft oder als “Babysitter” für die Jungspunde, die gerade von den Älteren lernen sollen. Quijano zum Beispiel ist jetzt Führpferd auf dem Fährhof. 

Mitnichten ist das Vollblut später in Rente. Es ist im Endeffekt wie ein Erwachsener, der sich nach seiner Lehre und einer gewissen Zeit in seinem erlernten Beruf umorientiert. Klar muss er dafür vielleicht eine Umschulung machen oder eine zweite Lehre. Aber was ein Mensch lernen kann, kann auch ein Rennpferd erlernen. Und so ist es nicht selten, dass man die spritzigen Pferde im Parcours sieht. Vor allem das Springen liegt vielen von ihnen und durch ihre Unerschrockenheit finden sie häufig Verwendung in der Vielseitigkeit und im Geländeparcours. Aber auch im Viereck machen sie eine gute Figur, grundsätzlich ist ein Rennpferd auch nur ein Pferd, dem man die Grundlagen der gymnastizierenden Reiterei problemlos beibringen kann – eine Basis hat es ja schon. Für die großen Vierecke mag es da nicht immer reichen, weil die Vollblutzucht nicht auf Gangvermögen züchtet, aber für den Hausgebrauch langt es dicke. Zudem kennt das Vollblut eben auch eine ganze Menge Sachen. Vor allem Lärm und unerwartete Situationen – davon gibt es auf der Bahn immer welche.

Verschiedene Organisationen oder Personen sind auf das Rehoming von Rennpferden spezialisiert. Dort kann man sich nicht nur Tipps und Tricks holen, sondern auch direkt ein ehemaliges Rennpferd. Warum also nicht mal versuchen? Und bitte nicht den Quatsch mit dem Schlachter glauben. Warum sollte ein Besitzer, der sein Rennpferd loswerden will, sich mit knapp 500€ abgeben (Schlachtpreis), wenn er 3000€ bis 4000€ noch daran verdienen kann – sofern man ihm schon die Geldgier unterstellen will? Das ist doch ziemlicher Käse.

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Nika S. Daveron
Nika S. Daveronhttp://www.arschlochpferd.de
Achtung, dieser Post könnte Meinung enthalten. Meine Meinung. Gestatten, Nika S. Daveron. Autorin und Turfteufel in einer Person. Sie finden mich auf der Rennbahn, in einem meiner Bücher oder auf Arschlochpferd.de.

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