Die Geister, die ich rief

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So ein Geisterrenntag ist ja schon komisch. Wenn man den im Stream sieht, dann kommt das gar nicht so krass rüber, da führt ja immer noch ein Moderator charmant durchs Programm, alles wirkt gar nicht so einsam, denn es ist ja immer jemand da, der spricht. Auf der Bahn ist das nicht der Fall. Diese absolute Stille (hin und wieder lacht hier oder da mal jemand, oder man steht zufällig in der Nähe eines Gesprächs) ist schon komisch. Normalerweise sieht so ein Renntag eben ganz anders aus. 

An der Kasse muss man manchmal warten, kauft aber schnell noch ein Programmheft, quatscht mal hier, quatscht dort und dann möchte man sich ins Leben stürzen.

Vielleicht ist man verabredet, dann muss man die Leute in dem Gewimmel (gerade bei bestem Wetter an einem Klassikerrenntag) wiederfinden. Jetzt? Also jetzt läuft man sowieso immer an denselben Leuten vorbei. Wenn man denn überhaupt vorbeiläuft. Es riecht nicht überall nach Essen, dabei gehört das doch eigentlich zum Renntag auch dazu. Es gibt nur einen kleinen Stand (der verköstigt aber alle Aktiven und Besitzer, sowie Presse kostenlos – und zwar köstlich). Wenn man jemanden trifft, den man kennt, winkt man von der Ferne, wechselt vielleicht ein oder zwei Worte, ohne sich irgendwie “richtig” körperlich zu begrüßen (Und das wirkt total seltsam, wenn man jemanden sonst zur Begrüßung immer umarmt oder die jemandem die Hand schüttelt). Da steht man dann also, weiß auch nicht so richtig und dann trennt man sich auch schon wieder, weil ja jeder nur zur Arbeit da ist. 

Wenn der Sieger vom Geläuf kommt, wird geklatscht, aber laut ist das natürlich nicht, es sind ja nicht viele Leute dort. Glücklich wirken trotzdem alle, aber auch ein bisschen wehmütig. Merkt man auch schnell, wenn man mit den Leuten spricht. “Hoffentlich können bald wieder mehr Leute auf die Bahn”. Nicht nur wegen des Geldes (das aber auch wehtut, ist ja klar). Sonderen wegen des Feelings. Ist doch einfach nicht dasselbe, wenn da ein Pferd einen Klassiker gewinnt und völlige Stille herrscht. Natürlich sind da Leute die jubeln. Doch das klingt dann eben völlig anders.

Dennoch ist es schön, überhaupt hin zu können. Das tröstet schon über das meiste weg. Es ist eben was völlig anderes, wenn man den Livestream sieht, oder selbst dort ist. So sieht man dann überall lachende Gesichter bei den Besitzern, die froh sind, wenn sie ihr Pferd sehen können – auch wenn es denn nicht gewinnt. Das ist an einem solchen Renntag tatsächlich nebensächlich. Gesund sollen sie alle bleiben. Pferde und Menschen. Das ist die Hauptsache, so der Tenor. Und sich freuen, dass es überhaupt einen Schritt in die Normalität gibt. Wenn man dann mit einigen Leuten zusammen steht (nur eben nicht so nah), und ein bisschen spricht, kommt es einem dann auch kurz so vor, als wäre alles wie immer. Nur, wenn man dann durch die obligatorischen Lücken zwischen den Leuten schaut und sieht, wie leer die Tribüne ist, dann weiß man, dass es doch nicht normal ist.

Ob wir wohl ab September wieder Zuschauer haben dürfen? 

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Nika S. Daveron
Nika S. Daveronhttp://www.arschlochpferd.de
Achtung, dieser Post könnte Meinung enthalten. Meine Meinung. Gestatten, Nika S. Daveron. Autorin und Turfteufel in einer Person. Sie finden mich auf der Rennbahn, in einem meiner Bücher oder auf Arschlochpferd.de.

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