Insider-Talk mit Marcel Weiß: „Auch Japan steht auf Torquator Tassos Plan“

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Am ersten Oktobersonntag 2021 erlebte Marcel Weiß einen Moment, der vielen Trainern von Galopprennpferden für immer verwehrt bleibt. Der Mülheimer gewann mit Torquator Tasso den Prix de l‘ Arc de Triomphe, das Rennen des Jahres. Exklusiv im Insider-Talk auf dem RaceBets-Blog berichtet der 45-jährige darüber.

Wie sehr hat sich Ihr Leben in den Wochen und Monaten seit dem Arc-Sieg verändert? Wann haben Sie realisiert, was da in Paris passiert war?

Marcel Weiß: Grundlegend hat sich mein Leben überhaupt nicht verändert. Es läuft alles genauso weiter wie vorher. Das Einzige, was sich verändert hat, ist, dass wir unheimlich viel Aufmerksamkeit in den Medien bekommen haben und es immer noch anhält. Nicht nur hier bei uns in Deutschland. Was natürlich sehr schön für den gesamten deutschen Rennsport ist. Für mich persönlich hat es einige Wochen gebraucht, um zu realisieren, was wir am 3. Oktober in Paris erreicht haben.

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„Er galoppierte besser als alle anderen“

Können Sie noch an die Anfänge mit Torquator Tasso im Rennstall erinnern? Wann haben Sie sein großes Potenzial erkannt?

Marcel Weiß: Ja, natürlich weiß ich das noch. Es war zweijährig schon zu erkennen, dass er Talent besitzt. Aber so richtig ins Bild hat er sich Anfang dreijährig gesetzt. Man sah, dass er besser galoppierte als alle anderen. Nur hat es eine Weile gedauert, bis er es auch umsetzen und uns beweisen konnte.      

Torquator Tasso siegt unter Lukas Delozier im Longines 130. Grosser Preis von Berlin, Gr.1
Torquator Tasso siegt unter Lukas Delozier im Longines 130. Grosser Preis von Berlin, Gr.1, am 03.10.2020 in Hoppegarten

Veränderung im Training

Nach dem Ehrenplatz im Derby ging es Schlag auf Schlag. Wie haben Sie den Hengst auf seine Aufgaben vorbereitet, und wie hat er mitgespielt?

Marcel Weiß: Er wurde ganz normal weiter trainiert und gearbeitet. Über die Arbeiten habe ich gesehen, wie er sich gesteigert und verbessert hat. Anhand seines Trainingspartners, den er bis zum Derby bei den Arbeiten nicht überholen konnte, habe ich später immer eine Messlatte gehabt. Nach dem Derby hat sein Partner ihn immer nur noch von hinten gesehen. Da war mir klar, das er noch viel bewegen kann.                          

Im Arc galt Torquator Tasso als 70:1-Außenseiter. Galt für Sie im Vorfeld das olympische Motto? Oder wie waren Ihre Erwartungen?

Marcel Weiß: Bis zum Arc hatten wir wenig internationale Erfahrungen. Obwohl an diesem Tag die besten Pferde der Welt liefen, waren wir sehr optimistisch, dass wir ein Geld bekommen. Die ganze Vorbereitung lief nach Plan. Die Abschlussarbeit war mega. Er war bestens auf dem Posten und der Boden kam uns auch sehr entgegen. Am Ende wurden wir für unseren Optimismus belohnt.                                      

Trainer Marcel Weiss mit Torquator Tasso, Muelheim, 15.11.2021,
Trainer Marcel Weiss mit Torquator Tasso, Muelheim, 15.11.2021,

Fast 3 Millionen Euro gab es als Preisgeld, zehn Prozent bekamen Sie als Trainer. Was haben Sie sich davon gegönnt?

Marcel Weiß: Bis jetzt noch gar nichts.    

Wie gestalten sich die Wintermonate für ihn? Wie sieht sein aktuelles Programm aus?

Marcel Weiß: Er ist noch im Winterschlaf. Wir haben ihn richtig runter gefahren. Torquator Tasso hat eine längere Trabphase hinter sich und absolviert momentan ruhiges Grundtraining. Daran wird sich auch in nächster Zeit nichts ändern, da er erst im Mai an den Start kommen wird.                          

„Wir werden in Baden-Baden anfangen“           

Steht der Plan für diese Saison bereits fest, und wenn ja, was sind die Hauptziele?

Marcel Weiß: Ja, der Plan steht bereits. Wir werden in Baden-Baden anfangen. Dann geht es weiter über Hamburg. Läuft alles nach Plan, werden wir einen Start in Ascot ins Auge fassen. Die weitere Route wird dann wieder über Baden -Baden nach Paris führen. Sollte alles so verlaufen und er bleibt gesund, was wir voraussetzen, ist ein Start in Japan ein weiteres Ziel.          

Apropos Japan: Sie haben 2021 bewusst auf einen Start im Japan Cup verzichtet. Wie konkret sind Asien-Aufgaben im Herbst nach einer möglichen Titelverteidigung im Arc?

Marcel Weiß: Wir hatten uns relativ schnell darauf geeinigt, nach dem Arc auf einen weiteren Start zu verzichten und die Saison zu beenden. Auf der Grundlage, dass er noch ein weiteres Jahr im Training bleibt. Der Plan ist aber, wie bereits gesagt, wenn er gesund bleibt und die Saison zu unserer Zufriedenheit verläuft, in Japan an den Start zu gehen.              

Torquator Tasso mit der Siegerdecke des Qatar Prix de l'Arc de Triomphe, Muelheim,  15.11.2021
Torquator Tasso mit der Siegerdecke des Qatar Prix de l’Arc de Triomphe, Muelheim, 15.11.2021

Was ist das Besondere an dem Pferd, seine Markenzeichen? Wie gefällt ihm das Reisen?

Marcel Weiß: Torquator Tasso ist in jeder Art und Weise etwas Besonderes! Sein Markenzeichen ist seine Art, wie er galoppiert und diese unheimliche Beschleunigung besitzt. So etwas sieht man wirklich selten. Er liebt das Reisen. Je weiter, desto besser. Vor den Rennen ist er so entspannt und relaxed, dass er sich wenige Stunden vor dem Start noch hinlegt und schläft. Das ist sein Ritual. Genau, wie er es genießt, nach einem gewonnenen Rennen im Mittelpunkt zu stehen.  

Was sind Ihre Wünsche und Hoffnungen – nicht nur mit dem Stallcrack – für 2022?Marcel Weiß: Wünsche und Hoffnungen sind erst einmal, Gesundheit für die Familie, alle Mitarbeiter sowie natürlich für all unsere Pferde. Sportlich gesehen, hoffe ich auf eine erfolgreiche Saison über die ganze Bandbreite im Stall.

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Michael Hähn
Michael Hähn
Unser Autor Michael Hähn arbeitet als freier Journalist in Baden-Baden. Der Galopprennsport ist seit vielen Jahren sein Metier, und seine Leidenschaft sind Rennveranstaltungen in Deutschland und auf der ganzen Welt.

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