Galopp+Insider Valeria Holinger: „Skikjöring ist Geschwindigkeit und sehr viel Adrenalin“

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Das Spektakel auf dem zugefrorenen See in St. Moritz hat längst begonnen – am Sonntag steht bereits der zweite Renntag in dem Schweizer Nobelskiort an. Mit von der Partie ist natürlich auch wieder Valeria Holinger. Die „Königin des Engadin“ von 2017 möchte ihren Titel im Skikjöring mit Usbekia nur zu gerne verteidigen. Und die Vorzeichen stehen nach dem souveränen Auftakt-Erfolg am vergangenen Sonntag sehr günstig. Dieses Team gilt auch jetzt wieder als Favorit.

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Sonntag St. Moritz
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Skikjöring

Exklusiv im Galopp+Insider auf dem RaceBets-Blog berichtet Valeria Holinger über ihre Karriere und ihre Ambitionen bei den Schneerennen.

Valeria Holinger in einem Skikjöring-Rennen – © swiss-image.ch

„Skikjöring – viele fragen, was ist das? Wie kommst du darauf? Bist du verrückt? Diese Fragen werden mir öfters gestellt, wenn ich von meinem Sport / Hobby oder auch meiner Leidenschaft erzähle. Skikjöring ist eine Kombination aus Skifahren und Rennpferden, beides hat mit Geschwindigkeit und sehr viel Adrenalin zu tun. Und genau deshalb bin ich zu dieser Sportart gekommen.

Wer sich noch nichts unter Skijöring vorstellen kann oder Valeria Holinger einmal in einem Rennen sehen möchte, hat auf folgender Website die Gelegenheit dazu:

Zu den Skijöring-Rennvideos
mit Valeria Holinger

Doch zuerst mal zu meiner Person. Ich bin in St. Moritz geboren und aufgewachsen. Ich habe eine Ausbildung als Hotelkauffrau gemacht und daraufhin noch ein Studium als Tourismusfachfrau absolviert. Ich lebe zusammen mit Dennis Schiergen in Kilchberg und arbeite bei der Skifirma HEAD als Marketing Assistant und Racing Manager. Ich habe viele verschiedene Hobbies: Reisen, Sprachen und Sport. Das letztere ist auch das, was mich von klein auf fasziniert:
Ich bin bereits mit zweieinhalb Jahren auf Skiern gestanden. Mein Vater führte damals die Suvretta Snowsports Skischool, und somit verbrachte ich auch jede freie Minute auf Skiern. Wenn man im Engadin aufwächst, gehört Sport einfach dazu. Einige spielen Eishockey, andere machen Langlauf oder Skispringen, und wieder andere wollen Skirennfahrer werden. Silvano Beltrametti, Didier Cuche oder auch Sonja Nef waren einst meine Vorbilder im Skirennsport. Mein großes Ziel von damals war die Teilnahme an den Olympischen Spielen. Doch dazu kam es leider nicht. Ich bin mehrere FIS-Skirennen gefahren, wurde aber immer wieder durch Knieprobleme zurück geworfen, und somit haben auch die Erfolge gefehlt. Mit 17 Jahren habe ich mich dann aus dem aktiven Skirennsport zurückgezogen und wollte mich mehr meinem Hobby, den Pferden, widmen.

Valeria Holinger beim skifahren – © Dani Fiori/HEAD

Mit sieben Jahren hat mich damals meine beste Freundin mal gefragt, ob ich denn nicht mit ihr reiten gehen möchte. Ihre Mutter hatte damals die Reitschule in St. Moritz. Fasziniert war ich schon immer von Pferden, und somit stand die erste Reitstunde auch schon fest. Ich habe dann auch das sogenannte Schweizer Brevet absolviert und an mehreren Distanzritten teilgenommen und auch gewonnen. Eines Tages im Winter, kurz vor White Turf, kam eine Bekannte meiner Mutter auf mich zu und fragte mich, ob ich denn nicht mal Rennpferde anschauen möchte – und da war der Grundstein für die Sportart Skikjöring gelegt.
Barbara Keller, auch bekannt als erfolgreiche Rennpferdebesitzerin, hat mich damals zu Christian von der Recke mit in den Stall genommen, um die Pferde mit Äpfeln zu füttern und zu putzen. Ein Jahr darauf fragte mich Herr von der Recke: Kannst du denn auch reiten? Ich: Na klar (ich war 14 Jahre alt und dachte natürlich, ja klar kann ich reiten!). Ich hatte es kaum ausgesprochen, schon saß ich auf einem Rennpferd, und dies war mit Abstand das Beste, was ich bis dahin auf einem Pferd erleben durfte. Und hier kommt wieder die Geschwindigkeit und das Adrenalin ins Spiel. Von nun an habe ich jeweils im Sommer Christian von der Recke in Weilerswist besucht und im Training mitgeritten.
Beim Stallbesuch – © Privataufnahme

Die Kombination Skifahren und Rennpferde ergibt Skikjöring. Doch auf Skikjöring kommt man natürlich nicht einfach so. Es gibt ein Sprichwort, das lautet: „Der Apfel fällt nicht weit vom Baum“, und dies ist hier der Fall. Mein Vater ist früher selbst Skikjöring gefahren. Acht Jahre war er aktiver Fahrer und sein bestes Resultat war ein dritter Rang. Ich war bei seinen Rennen immer dabei und verfolgte ihn natürlich mit großem Interesse. Als kleines Mädchen habe ich dann immer gesagt: „Ich will auch Skikjöring fahren“.
Doch man darf Skikjöringrennen erst mit 18 Jahren bestreiten, und daher musste ich noch etwas warten. Kaum hatte ich aber meinen 18. Geburtstag gefeiert, habe ich mich für die Skikjöring-Prüfung angemeldet. Damals war das Skikjöring noch eine Männerdomäne, und viele der Männer haben mich zu diesem Zeitpunkt nicht wirklich ernst genommen und gedacht, dass ich die Prüfung eh nicht machen werde.
Doch es kam anders. Ich war die erste Frau die an einem Skikjöringrennen teilgenommen hat und auch ins Ziel gekommen ist. Da ich regelmäßig bei Christian von der Recke zum Reiten war, hatte ich auch seine Unterstützung, was das Pferd anging. Der Stall Chevalex stellte mir das Pferd Bailey’s Best zur Verfügung. Wir waren dann auch auf Anhieb ein gutes Team. Erstes Rennen und gleich ein dritter Platz, dies war natürlich der absolute Hammer. Das Skikjöring-Fieber hat mich seither nicht mehr losgelassen. Speziell an diesem dritten Platz war natürlich auch, dass ich das Bestresultat meines Vaters gleich egalisierte. Was mich persönlich, und ich glaube auch ihn, sehr stolz machte.
Valeria Holinger freut sich über ihren Sieg – © swiss-image.ch

Leider hatte ich dann nicht immer so viel Glück, was das Pferd anging. Ich war viel im Mittelfeld unterwegs, aber einen Podestplatz oder sogar einen Sieg erreichte ich leider nicht. Doch letztes Jahr hat sich auf einen Schlag alles geändert.
Während des Sommers und Herbstes 2016 suchte ich nach einem Skikjöring-Pferd für die Rennen in 2017. Bis zwei Wochen vor dem ersten Renntag hatte ich kein Pferd gefunden und für mich auch bereits beschlossen, dass ich 2017 nicht fahren werde. Doch als ich die Nennungen angeschaut habe, las ich plötzlich, dass Peter Schiergen zwei Pferde fürs Skikjöring genannt hatte. Dies war zum einen Mombasa und zum anderen Usbekia.
Valeria Holinger in einem Skijöring-Rennen – © swiss-image.ch

Da Mombasa bekanntlich von Adrian von Guten gefahren wird, war die Frage, wer fährt Usbekia? Dennis Schiergen, mein Freund, hat mir dann erzählt, dass die Stute zum Verkauf steht und wir eigentlich nur noch einen Besitzer brauchen, der auch Skikjöring laufen möchte. Die Telefone liefen von dann an heiß, und tatsächlich haben wir es geschafft, eine Super-Besitzergemeinschaft zu finden. Die weitere Geschichte kennt man ja. Usbekia wurde gekauft, Usbekia debütierte im Skikjöring, Usbekia gewann. „VENI VIDI VICI“ – wie bei Gaius Julius Caesar.
Aber sie hat nicht nur einmal gewonnen, sondern gleich ein zweites Mal und machte mich zur ersten Königin der Skikjöring/White Turf-Geschichte. Dies war auch für mich selbst ein ganz großes Ziel, das ich dank der großartigen Unterstützung meiner Familie und Freunde erreichen durfte. Das ganze klingt auch wie ein Märchen, und ich hoffe sehr, dass das Märchen dieses Jahr weiter geht.“

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Valeria Holinger mit ihrem Freund Dennis Schiergen – © Turffotos.ch

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Michael Hähn
Michael Hähn
Unser Autor Michael Hähn arbeitet als freier Journalist in Baden-Baden. Der Galopprennsport ist seit vielen Jahren sein Metier, und seine Leidenschaft sind Rennveranstaltungen in Deutschland und auf der ganzen Welt.

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