Das Gefühl

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Gefühl ist etwas, das nicht jeder Reiter hat. Nicht jeder Rennreiter, nicht jeder Trainer, nicht jeder Jockey. Und es ist manchmal trügerisch, manchmal zutreffend. Geht allerdings nicht nur den Rennsportlern so, auch der gemeine Freizeitreiter, oder der Turnierreiter leidet manchmal an Gefühlsblindheit, an Gefühlsverwirrung, oder anderen Irrungen und Wirrungen, die seine Einschätzung zunichte machen. Im Rennsport ist es genauso. Gerade die Aktiven sehen sich ihr Pferd an, gucken auf das Rennen, das auf dem Papier nicht verlierbar ist und wie sie ihr Pferd noch im heimischen Stall begutachten, ist auch noch alles toll. Und auf der Bahn läuft es hinterher und hatte nie den Hauch einer Chance, obwohl der Jockey auch vorher noch gesagt hat: Der gewinnt.
Ist schon komisch. Gefühle trügen uns Menschen häufig. Sonst wären wir alle, dank Pferdewetten, reich. Mein letztes Positiverlebnis dieser Art war das hier: Wir standen im Hengststall und mein tägliches Lot sollte zum Renntag abgeholt werden. Trainer war bisschen ungehalten. So teuer, so faul und überhaupt… der wollte noch nicht so richtig und daher schimpfte er ein bisschen vor sich hin: „Wann gewinnt der denn mal?“
„Heute.“ Wer ging sechs Längen vor dem Feld als Sieger über die Linie? Ja, richtig. Das war keine Laune, in dem Moment hab ich das Pferd angesehen und war mir todsicher. Hat also funktioniert.
Die totale Gefühlsverblendung kann ich aber natürlich auch. War mir sehr sicher einen Sieger zu haben, bis zur Startmaschine kam er… dann wurden wir des Starts verwiesen. Zählt das dann eigentlich? Wäre er gelaufen, hätte er sicher gewonnen!
Egal wie lang dabei oder wie kurz – niemand ist davor gefeit. So leeren wir natürlich die Taschen am Wettschalter und glauben, dass wir alles richtig gemacht haben. Und vielleicht ist es auch so, dass unser Pferd gut drauf ist – nur ist ein anderes gerade besser drauf. Oder es verketten sich unglückliche Umstände, schließlich scheitern Pferde auch durchaus an ihren Jockeys, die keinen idealen Rennverlauf garantieren können – oder selbst mal einen miesen Tag haben.
Wenn man richtig lag, sucht man nach denselben Anzeichen beim nächsten Mal. Ist das Pferd besonders wach? Oder besonders ruhig? Könnte das daran sichtbar sein, wie gut es drauf ist? Der Mensch versucht bei all diesen Dingen eine Regelmäßigkeit zu erkennen. Es gibt aber keine. Es gibt Anzeichen dafür, dass das Pferd heute gut aufgelegt ist – ja. Aber wie oben schon beschrieben: Wenn ein besseres Pferd im Rennen ist, ist das Beste des einen Pferdes noch lange nicht gut genug. Gerade bei den Dreijährigenrennen ist das immer spannend.
Vor dem Rennen hatten wir immer unseren Diskussionszirkel. Wer gewinnt, wer nicht. Manches Mal hatte der Arbeitsreiter des betreffenden Pferdes recht, manchmal gar nicht. Es gibt kein Gesetz, das ein Pferd zum siegen zwingt. So funktionieren Pferderennen nun mal nicht. Das Gefühl ist genauso wenig richtig, wie das Papier, was man vor sich liegen hat, wenn man Chancen abwägt. Oder gar Abstammungen liest. Ein exquisit gezogenes Tier kann hinterherlaufen, oder es nie aus dem AGL IV rausschaffen. Ein unscheinbares Pferd zum Seriensieger auflaufen, das auch in Grupperennen eine gute Figur macht.
Es sind so viele Faktoren, die das Pferd beeinflussen. Rennverlauf, Bahn, Bahntiefe, Ritt, Jockeykönnen (und es ist nicht damit getan, den besten Jockey auf ein Pferd zu setzen, sondern den, mit dem das Pferd am besten klarkommt), Fitness, Wille, Herz und Speed. Und dann ist da noch ein Faktor, den kein Gefühl, kein Papier, keine Quote der Welt mit einberechnen kann: Glück. Man sagt nicht umsonst: Das glücklichste Pferd gewinnt das Derby.
Glück ist der Faktor, der unberechenbar ist. Pfeift also auf euer Gefühl, auf das Papier, auf Quoten, wenn ihr mal wieder keine Wette trefft. Am Ende ist es doch manchmal einfach nur eine Glückssache.

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Nika S. Daveron
Nika S. Daveronhttp://www.arschlochpferd.de
Achtung, dieser Post könnte Meinung enthalten. Meine Meinung. Gestatten, Nika S. Daveron. Autorin und Turfteufel in einer Person. Sie finden mich auf der Rennbahn, in einem meiner Bücher oder auf Arschlochpferd.de.

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