1.600 Siege auf der Flachen: Das Recke Interview

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1.600 Sieger! Das ist die Bilanz von Trainer Christian von der Recke seit dem Wochenende. Aber ist er nicht schon im Club der 2.000? Ja! Wenn man seine Siege auf der Flachen und auf der Jagdbahn zusammenrechnet, kommt Christian von der Recke auf über 2.000 Siege – nach eigenen Angaben aber auch auf über 7.000 Niederlagen. Ein guter Grund, ihn mal zu seinen Anfängen und zu seinen Siegern zu befragen. 

Erinnert man sich bei so vielen Siegen noch an den ersten Sieger? 

Natürlich, ich habe ein sehr gutes Gedächtnis! Das war in Frankfurt, direkt ein Doppelschlag im Jahr 1987. Auf der Flachen: Walani, mit Andreas Helfenbein, 3kg Erlaubnis und Wesir auf der Hindernisbahn. Lange musste ich nicht auf den ersten Sieger warten. Ungefähr fünf Starts galt es abzuwarten, dann klappte es. 

Die Liebe zu Pferden war vorprogrammiert? 

Gewissermaßen. Mein Großvater und Vater ritten schon Rennen, ich habe meinen Vater aber nie ein Rennen reiten sehen, weil er aufhörte, als ich geboren wurde. Aber zudem war er auch noch Anwalt für das Direktorium, saß in der Rennleitung und nahm mich häufig mit. Als ich dann selbst alt genug war, waren meine Schulleistungen nicht gut genug für einen anderen Job, da kamen nur die Pferde in Frage. Also machte ich meine Gestütslehre im Gestüt Röttgen bei Jens von Lepel und durfte auch bei Trainer Theo Grieper (der trainierte Star Appeal) reinschnuppern. Außerdem ritt ich selbst ein paar Rennen, bis ich zu schwer wurde, aber 13 Siege sprangen dabei heraus. 

Die heutigen Rennen bei RaceBets

Mir war schnell klar, dass ich lieber Trainer sein wollte, als im Gestüt hinter den Kulissen zu sein. Als Trainer ist man näher beim Erfolg. Als Züchter, der eine Anpaarung versucht, musst du jahrelang auf Erfolg warten und keiner erinnert sich am Ende daran, wer die Idee hatte. Also wollte ich Trainer werden und ging nach England und Irland. Dort arbeitete ich bei Liam Browne, da war Michael Kinane noch Stalljockey. Anschließend kehrte ich zurück nach Deutschland und begann bei Sven von Mitzlaff zu arbeiten. Dort war ich so etwas wie der inoffizielle Nachfolger, doch Sven von Mitzlaff erfreute sich bester Gesundheit und dachte gar nicht ans Aufhören, sodass ich schließlich nur in meiner Freizeit Pferde trainierte. Nach meiner Heirat verkaufte ich morgens Frühstücksspeck in Emmerich und am Nachmittag trainierte ich meine eigenen Pferde unter dem Namen Stall Giesenhof. Später wurde ich dann Public Trainer in Isselburg und auch Champion der Hindernistrainer.

Immer gut gelaunt: Trainer Christian von der Recke

Doch die Hindernisrennen wurden immer weniger, am Anfang sah das noch alles gut aus. Ich siegte im Championat mit 49 Rennen, der Zweitplatzierte hatte 47 gewonnene Hindernisrennen, da sieht man, wie viele es davon noch gab. Als es weniger wurde, ging ich 1997 dann Weilerswist und startete mit den Flachpferden durch. Flachpferde. Insgesamt wurde ich 17 Mal Champion – davon vier Mal Champion auf der Flachen. 

Was sind die besten Momente als Trainer?

Wenn es läuft! Zuletzt hatte ich ein perfektes Wochenende, mit Siegen auf allen Bahnen, wo ich Pferde hingeschickt hatte: Baden-Baden, München und Frankreich. Aber auch andere Dinge. Durch den Rennsport kommt man in Situationen, wo man als Normalsterblicher gar nicht hinkommt. Ich habe mal einen Starter gehabt in Royal Ascot und im gleichen Rennen hatte die Königin einen Starter, wir hatten beide das gleiche Ziel, dieses Rennen zu gewinnen. Mein Pferd war gut erzogen und kam natürlich nach dem Pferd ihrer Majestät ein, doch so nah hinter der Queen zu sein, den Sport mit der Königin zu teilen, das ist eine Ehre. 

Und dann die großen Erfolge. Die Besonderheiten. Rosenbrief und Fiepes Shuffles Gruppe-Siege in Italien und England. Als erster deutscher Trainer ein Jagdrennen in England Hindernisrennen zu gewinnen war ebenfalls ein absolutes Highlight. Es macht mich stolz, dass AP McCoy meine Pferde ritt. Mit ihm war das Siegen gleich leichter. Teilweise sind die anderen einem aus dem Weg gegangen und sagten: Wenn der Christian da mit McCoy im Rennen ist, starten wir lieber woanders.

Fiepes Shuffle in Krefeld

1601 Flachrennen 537 Hindernissiege was macht man mit den ganzen Preisen?

Wenn das Rennen besonders wertvoll (emotional) war, dann wird der Preis behalten. Unterteller, Silberteller – wenn sie graviert sind, sind tolle Erinnerungsstücke. Wenn Besuch da ist, dann lesen die das und ich erinnere mich sofort an den Sieg. Eigentlich sollte man sie Erinnerungspreise zu nennen. Der Trainer braucht im Grunde gar nichts – er ist derjenige, der das beruflich macht und der braucht ja im Ausgleich III keine Auszeichnung. Wichtig ist, dass der Besitzer etwas bekommt. Ein lang andauernder Ehrenpreis ist besser, der nicht ausgetrunken ist, wie die Flasche Wein, der ist für kleine Besitzer wichtig, damit sie etwas für die Ewigkeit haben.

Die 1600ste Siegerin: Was ist sie für ein Pferd?

Pferde sind keine Maschinen, man muss jeden Tag immer wieder auf sie eingehen, ein Pferd ist kein Auto. Bei Rennpferden passiert jeden Tag was Neues, sie stellen einen vor eine neue Herausforderung und man muss stets eine neue Entscheidung fällen, zum Wohle des Tiers. Ich kenne alle meine Pferde. Orihime ist besonders speziell. Sie hat noch nie in der Arbeit einen Galopp gewonnen, man kann ihr das langsamste Pferd hinstellen und sie wird noch langsamer sein. Dafür hat sie aber 11 Rennen gewonnen. Sie weiß, dass ich ihr nichts vorsetze, was sie nicht kann und ich weiß, dass ich mich dafür auf sie verlassen kann. Der 1000 Sieger war übrigens ebenfalls von der Familie Alck, denen auch Orihime gehört. Am 05.05.2005. Ihre Besitzer sind bei mir seit über 30 Jahren, die haben noch nie an einer Entscheidung von mir gezweifelt und sie haben noch nie darüber nachgedacht ein Pferd woanders hinzustellen. Die Zusammenarbeit ist hervorragend, aufeinander ist Verlass. Nach der Galopper-Karriere haben die Pferde immer einen schönen Platz gefunden und ich suche für sie ein neues Rennpferd aus.  

Orihime bei ihrem Sieg in München

Macht das Siegen noch Spaß? 

Der Beruf des Trainers ist hart. Es gibt in Deutschland nur zwei Trainer, die weniger Rennen verloren haben als ich. Das heißt Im Umkehrschluss gehöre ich zu den Top drei Trainern in der Summe der Niederlagen. 7000 Rennen verloren bei über 2000 Siegen. Die neuen Trainer haben ja noch gar nicht so häufig verloren. Das Gefühl der Niederlagen ist deutlich häufiger, je mehr Siege man hat, desto mehr Niederlagen hat man potenziell. Man muss schon verlieren können und sich motivieren. Montags geht es um 5 Uhr los, wenn das Wochenende nicht so läuft, dann fragt man sich schon: Warum machst du das? Und wenn es dann gut läuft akzeptiere ich das. Wenn es nicht läuft, dann ist es ein harter Beruf, von der Anzahl der Stunden im Vergleich zu dem, was man gewonnen hat: Nichts. Wenn ich zum Rennen fahr und parallel die Putzfrau kommt, dann hat die mehr gewonnen als ich, sobald ich kein platziertes Pferd habe.

Schon mal ans Aufhören gedacht?

Wenn man 30 Jahre nur das gemacht hat – dann ist da ja sonst nichts. In welchem anderen Beruf soll man dann bestehen? Man kann nur Pferde trainieren. Als Landschaftsgärtner tauge ich nicht. Ich würde es jederzeit wieder machen. Wenn sich ein Pferd verletzt oder stirbt, dann ist es besonders hart, aber es gehört dazu. Der schlimmste Tag in meiner Trainerkarriere war der Unfall von Peter Gehm, es waren einfach unglückliche Umstände, aber man fragt sich schon, was wäre, wenn ich nie trainiert hätte, dann wäre er nicht für mich geritten und könnte vielleicht noch laufen, das weiß man nicht. Es bleibt trotzdem eine Berufung und ich kann mir nicht vorstellen, in einem anderen Beruf glücklich zu sein.

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Achtung, dieser Post könnte Meinung enthalten. Meine Meinung. Gestatten, Nika S. Daveron. Autorin und Turfteufel in einer Person. Sie finden mich auf der Rennbahn, in einem meiner Bücher oder auf Arschlochpferd.de.

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