Düsseldorf ist seit einigen Jahren die Heimat von Galopp-Trainerin Katja Gernreich. Nach dem Ende der Rennbahn in Neuss wechselte die Betreuerin mit ihren Pferden auf die andere Rheinseite und leistet Top-Arbeit auf dem Grafenberg. Auch das Jahr 2022 konnte sich sehen lassen, denn bei nur 112 Starts gelangen ihr 17 Treffer. Gründe genug für ein Insider-Talk auf dem RaceBets-Blog mit der 47-jährigen.
15 Prozent Ihrer Starter konnten im vergangenen Jahr gewinnen, das ist für einen Stall Ihrer Größenordnung doch sicher eine mehr als beachtliche Zahl. Gingen im vergangenen Jahr alle Wünsche in Erfüllung, und was erfüllte Sie mit besonderem Stolz?
Katja Gernreich: Mit 17 Siegen hatten wir in 2022 definitiv unsere beste Saison. Es waren auch einige Seriensieger darunter wie Patty Patch, Amely Adventure und auch Mr Virtuoso, was ja eigentlich immer etwas Besonderes ist. Gerade Patty Patch, welche eine nicht sehr einfache Stute im Training wie auch im Rennen war, hat mich immer wieder angenehm überrascht, da sie dann auch von Start zu Start gesteigert lief. Auch mit einem Pferd wie Sir Stanley, der ebenso nicht am einfachsten händelbar ist, konnten wir zweimal punkten. Mr Virtuoso erfüllte fast komplett die Erwartungen und machte uns trotz immer wieder auftretender Wehwehchen viel Freude, besonders als er den hochdotierten Ausgleich 3 in Zweibrücken in überlegener Manier gewann. Gerne hätten wir letztes Jahr 20 Siege erreicht, das hat leider nicht geklappt.
„Mons ist eine gute Alternative“
Auch die Sandbahn in Mons gehört längst zu Ihren bevorzugten Bahnen. Drei Siege schafften Sie hier 2022. Welche Rolle spielen Belgien und Frankreich in Ihrer Planung?
Katja Gernreich: Wer mich kennt weiß, dass ich gerne im belgischen Mons starte und dort ich glaube etwa 20 Prozent meiner Siege im Laufe der Zeit einfahren konnte. Die Bahn war schon immer eine gute Alternative zu Dortmund und damals auch Neuss. Wenn ich sehe, dass ein Pferd mit dieser Bahn gut klar kommt, fahre ich sehr gern dahin. Die Protagonisten dafür waren letztes Jahr Redford und All Talk N No Do, die sich dort bestens zurecht finden. Frankreich wird vor allem für die französisch gezogenen Pferde das Ziel sein.
Sie haben es auch geschafft, den ehemaligen Gruppesieger Dejas im reifen Alter von zehn Jahren in der noch jungen Saison 2023 wieder zu einem Auslandstreffer zu führen. Wie sind die Planungen mit ihm, und wer sind die anderen Hoffnungsträger?
Katja Gernreich: Degas ist jetzt über Winter viel gelaufen und erhält jetzt erst einmal bis Ende April eine Pause, in der er sich auf der Koppel erholen darf. Ich denke, dass man ihn dann zu Mitte Juni hin wieder auf der Rennbahn sehen kann. Dann müssen wir schauen, wie es mit Startmöglichkeiten für ihn aussieht. Alternativ werden wir hier wieder nach Frankreich ausweichen.
Da wir dieses Jahr leider auf Mr Virtuoso und Patty Patch verzichten müssen, sehe ich die Hoffnungsträger vor allem bei den 3- und 4- Jährigen. Allen voran Buffalo, der sich nach seiner Kastration letzten Herbst, wirklich toll entwickelt hat. Aber auch auf Cosmic Lady, Soraya Maxima und die bald eintreffende Kättche bei den 3-jährigen und Noble Sim bei den Vierjährigen ist Hoffnung durchaus vorhanden.
„Die beste Werbung ist der Erfolg unserer Schützlinge“
Laut Angaben des Dachverbandes bereiten Sie aktuell elf Pferde vor, wobei Apollonia Racing mit drei Pferden ihr stärkster Patron ist. Auch der Stall Silbersee ist mit zwei Pferden vertreten. Wie ist die Besitzerstruktur bei Ihnen? Und wie lassen sich neue Besitzer gewinnen?
Katja Gernreich: Ich habe in meinem Stall einige neue Besitzer, wie die von Ihnen angesprochenen, aber auch Besitzer, die mir seit Jahren ihr Vertrauen geben wie zum Beispiel der Stall OTW oder Herr Oertel und Herr Fulst, welche meist mit ein oder zwei Pferden vertreten sind. Aber auch Besitzer mit nur einem Pferd sind immer willkommen.
Wir versuchen über die Onlinepräsenz, wie bei Facebook, Interessierte über die Stallgeschehnisse auf dem Laufenden zu halten. Ich habe uns auch zum Tag der Rennställe am 15.04. angemeldet, bei dem man unverbindlich in unseren Trainingsalltag reinschnuppern und uns näher kennenlernen kann. Die beste Werbung ist aber immer noch der Erfolg unserer Schützlinge und ihr Auftreten.
Was wäre aus Ihrer Sicht eine ideale Zahl an Pferden in Training? Und wie sind die Möglichkeiten in Düsseldorf auch im Vergleich zu Ihrer früheren Heimat Neuss?
Katja Gernreich: Ich denke eine Anzahl zwischen 20 und 30 Pferden wäre optimal. So hat man eigentlich immer einen oder mehrere Startpferde aber noch einen guten Überblick.
Die Nähe zur Natur bringt in Düsseldorf einige Vorteile, Wir haben hier die Möglichkeit, auch im Wald zu trainieren. Für alle Pferde ist das eine willkommene Abwechslung. Weiterhin macht der Anberg im Schlussbogen das Training in Düsseldorf zu etwas Besonderem.
Viel Abwechslung im Training
Welche Prinzipien setzen Sie bei der Vorbereitung der Pferde? Gibt es ein Erfolgsrezept?
Katja Gernreich: Ich versuche auf jedes einzelne Pferd individuell einzugehen. Dabei spielt die Gesundheit der Pferde, aber auch ihr Charakter und ihr Entwicklungsstadium mit eine Rolle. Dabei ist es wichtig, die Tiere nicht zu überfordern, aber gleichzeitig soweit zu fordern, dass sie sich weiterentwickeln. Wir versuchen viel Abwechslung ins Training zu bringen und legen aber auch viel Wert auf ein gesundes Reiten, welches sich durchaus dann auch im Rennen positiv auswirkt. Ein Feedback der Reiter aber auch ein regelmäßiger Check durch einen Physiotherapeuthen sind dabei sehr hilfreich.
Wer sind Ihre wichtigsten Stützen im Trainingsalltag?
Katja Gernreich: Mein komplettes Team, auf das ich mich hundertprozentig verlassen kann, auch wenn es mal nicht ganz so gut läuft oder ich gerade nicht präsent bin.
Welche Siegzahl und welche Gewinnsumme würden Sie 2023 gerne erreichen? Gibt es das ein oder andere Rennen oder Meeting, das Sie gerne ansteuern würden?
Katja Gernreich: Was letztes Jahr nicht ganz geklappt hat, steuern wir somit in 2023 an. Das Ziel sind 20 Siege und eine Gewinnsumme im sechsstelligen Bereich. Was die Meetings betrifft, sind wir definitiv wieder in Hamburg mit Startern vertreten, aber auch Baden-Baden und Bad Harzburg wird das Ziel für einige Pferde sein. Eventuell schaffen wir es dieses Jahr, einen Starter zumindest im Listenrennen zu haben. Das Potenzial ist teils vorhanden,
Wie sind Sie eigentlich zum Rennsport und schließlich zum Trainerberuf bekommen?
Katja Gernreich: Es zog mich schon sehr früh zu den Pferden. So lernte ich während meiner Schulzeit ein Mädchen kennen, was auf der Dresdner Rennbahn in ihrer Freizeit aushalf und auch ritt. Sie nahm mich dann mit zu ihrem Trainer, damals Michael Sowa. Dem war ich aber mit knapp 14 Jahren noch zu jung und so ging ich dann zu Herrn Domschke aushelfen und später zu Frau Staude. In den nächsten Jahren machte ich meine Prüfung zum Amateurrennreiter und ritt meine ersten Rennen. Später begann ich meine Lehre als Berufsrennreiter. Schon früh wurde klar, dass ich aufgrund meiner Gewichtsprobleme nicht lange diesen Beruf ausüben konnte, und ich war schon immer jemand, der lieber versuchte, in der Arbeit die Pferde zu formen und jedem Pferd ein optimales und individuelles Training zu geben, ganz auf ihre Bedürfnisse abgestimmt. Mein damaliger Trainer gab mir teils auch freie Hand bzw. wir sprachen einiges ab, und es machte mir viel Freude zu sehen, wenn die Arbeit Früchte trug. Das war einfach „Mein Ding“ und so erwarb ich den Pferdewirtschaftsmeister und versuchte ab 2003 als Trainer Fuß zu fassen.
Wie sieht für Sie ein perfekter Tag ohne Arbeit aus?
Katja Gernreich: Gibt es das? Irgendwie geht es nie so ganz ohne. Aber wenn ich die Möglichkeit habe, fahre ich zu meiner Familie nach Dresden und verbringe mit ihnen Zeit.