Auch Rennpferde haben Frühlingsgefühle

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Frühling! Ach, wir lieben den Frühling, zumindest dann, wenn es wieder trocken ist und auf der Grasbahn endlich was los ist. Aber der Frühling hat auch seine Tücken. Schließlich arbeiten wir Arbeitsreiter ja mit jungen Pferden, die spontan Hormonschübe bekommen, außerdem Insekten genauso blöd finden wie wir und außerdem Fell haben wie ein Yeti, das sie liebend gerne an uns abstreifen. Ist also doch gar nicht immer nur so toll, der Frühling. Das möchte ich euch heute gerne mal an einem Beispieltag demonstrieren.
Ich bin eh gehandicapt. Ich habe Sonnenallergie und das nicht zu knapp. Beschließt der Frühling also, dass jetzt Temperaturen von jenseits der 25° rausgekramt werden, habe ich ein Problem und muss langärmlig tragen. Was grundsätzlich allen Kollegen ein: „Ist dir nicht zu warm?“ entlockt. Und ich kann nur sagen: „DOCH!“ Ist es. Aber was will man machen? Wird ja wohl keiner eine überdachte Rennbahn bauen, nur weil ich da bisschen mitreite.
Wir sitzen also fröhlich morgens auf den jungen Stuten, sehen mittlerweile alle aus wie Samson aus der Sesamstraße (denn Rennpferde sind meistens braun mit braun und braun) und freuen uns des Lebens, bis der Trainer findet, wir könnten mal antraben. Zwei der Stuten starten durch und verlassen prompt den Trabring, meine Stute ist davon so irritiert, dass sie stehenbleibt, der Kollege hinter mir verhindert mit größter Not einen Auffahrunfall und der Trainer muss sich auch in Sicherheit bringen, weil eine der verirrten Stuten zurück auf den Trabring pest, während der Kollege obendrauf gefühlt 2000 Schimpfwörter die Sekunde abfeuert. Die Zweite ist weg. Schade. Bisschen Schwund ist immer. Wir finden den Kollegen mit grasender Stute an der Hand. Denn frisches Gras ist ja noch verlockender als ein Sologalopp um die Bahn.
Mit den Hengsten scheint sich ein Trend für den Tag anzubahnen. Die haben plötzlich nur Unsinn im Kopf und buckeln um die Wette, sodass das Kollektiv beschließt: Heute mal mit längeren Bügeln, wer möchte schon zum Katapultgeschoss werden? Das geht auch recht lang gut, bis sich ein anderes Lot auf der Bahn befindet. Denn die Hengste finden… „Hey, jetzt müssen wir aber mal zeigen, wer den Längsten hat.“ Drei schreien, zwei tänzeln und meiner steht auf zwei… vermutlich auf drei Beinen. Genau kann ich das nicht sagen, ich kann ja nicht drunter gucken. Obwohl… doch. Nach einer spontanen Showeinlage der hohen Schule sehe ich glasklar. Der ist nur doof, nicht rollig.
Auf der Bahn dann aber Frühjahrsmüdigkeit. Nachdem man sich so ausgepowert hat, ist es unmöglich, mehr als Schleichcanter zu gehen. Pferde gucken ganz traurig und jammern nonverbal: „Aber es ist so warm… und mein Pelz der juckt und ich schwitze auch schon ganz doll. Guck. GUCK!“ Die Hengste werden also anhänglich. Und die Sonne wird auch immer heißer. Ich schwitze in meinem blöden Langarmpulli wie sau und neben mir versucht ein Hengst mich als Kratzbaum zu missbrauchen, obwohl ich noch im Sattel eines anderen sitze!
Die Dusche ist also sehr willkommen. Bei Mensch und Tier. Ich gebe auf und schmeiße den Pulli beiseite, bereue das aber nach knapp einer Stunde bitterlich und verfluche innerlich die Schönwetterfront. Zum nächsten Lot kriecht die Sonne weiter hervor, jetzt ist es richtig heiß. Die Bienen brummen um mich herum. Und um den Junghengst, der richtig Panik davor hat. Sobald etwas um seine Ohren brummt ist er weg. Ich mit ihm. Überlege, ob man das irgendwie nutzen kann (dem Jockey ein Glas Bienen zustecken, wenn der sein erstes Rennen hat), als der Trainer mit mir schimpft, warum ich den denn immer wegdrehen lasse auf dem Trabring. Ich weise das empört von mir, das mache ja schließlich nicht ich. Trainer sagt: „So? Wer hat denn Angst vor dem Viehzeug?“ Ja gut… ich auch. Sage aber mal lieber nichts.
Am Ende des Tages habe ich die Sonnenallergie meines Lebens, möchte unter die Dusche und der Kollege aus dem ersten Lot pult sich immer noch den Sand aus sämtlichen Körperöffnungen. Es ist klar: Wir wollen jetzt Feierabend. Aber nein! Wenn man denkt, man könnte nach Hause gehen, hält der gemeine Rennstall noch eine richtig tolle Überraschung für einen parat: Heu ist da. Ladet das doch mal schnell ab! Da ihr ja eh voller Haare seid, die dank des Schweiß‘ an euch kleben, macht euch das bisschen Heu ja sicher nichts aus.
Wir hassen den Frühling… echt jetzt.

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Nika S. Daveron
Nika S. Daveronhttp://www.arschlochpferd.de
Achtung, dieser Post könnte Meinung enthalten. Meine Meinung. Gestatten, Nika S. Daveron. Autorin und Turfteufel in einer Person. Sie finden mich auf der Rennbahn, in einem meiner Bücher oder auf Arschlochpferd.de.

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