Cheryl White wuchs in einer pferdeverrückten Familie auf. Ihre Mutter, Doris, war Pferdebesitzerin, und ihr Vater, Raymond, war ein erfolgreicher Besitzer und Trainer und damit Cheryls weiterer Weg bereits bestimmt. Sie wollte Jockey werden und bewarb sich um eine Lizenz. Im Alter von 17 Jahren erhielt sie die für Thistledown in North Randall, Ohio. Im Juni 1971 begann White ihre Karriere als Reiterin für ihren Vater, den Trainer Raymond White und ritt ihr erstes Rennen auf Ace Reward, einem durchschnittlich begabten Wallach. Aufgrund der ungewöhnlichen Reiterin waren die Tribünen jedoch voll, jeder wollte die schwarze Frau im Rennsattel sehen und Cheryl wurde trotz ihres elften Platzes bejubelt, als hätte sie das Rennen gewonnen.
Cheryl war eine ausgezeichnete Reiterin, die ein Top-Finish reiten konnte. Die Zeitschrift Jet brachte White im Juli 1971 als erste schwarze Frau im Rennsattel auf die Titelseite und damit wurde sie zu einer Berühmtheit. Die Schlagzeile lautete: “Mädchen im Teenageralter bricht die Barrieren auf der Rennbahn”. Denn Barrieren gab es damals für Schwarze noch allerhand. Schon bald nach ihrem Proberitt auf Ace Reward erteilten die Rennkommissare White ihre begehrte Jockey-Lizenz. In jenem September wurden die Zuschauer im Waterford Park in West Virginia Zeuge des seltsamen Anblicks der 1,70 m großen und 107 Pfund schweren Highschool-Schülerin, die sich auf einem Fuchswallach namens Jetolara von der Meute absetzte und als erste schwarze Frau ein Rennen in Amerika gewann. Für ihren Ritt erhielt sie 35 Dollar, plus 10 Prozent des Gewinns ihres Pferdes für den ersten Platz.
Im folgenden Jahr nahm sie am Boots and Bows Handicap 1972 auf der Atlantic City Rennbahn teil. Alle vierzehn Reiterinnen waren Frauen, und die Pferde waren Stuten und die Zuschauer waren hingerissen von Cheryl. In Interviews gab sie sich kess, wenn sie über ihre männlichen Kollegen sprach: “Wenn die als Jockey Geld verdienen können, möchte ich genau dasselbe als Frau verdienen. Lasst es uns ausprobieren, dann gebt uns eine Chance, mitzumachen – wir sind genauso gut wie die Männer.”
Ihre Reiterkarriere erstreckte sich über zwei Jahrzehnte. Sie errang 227 Siege und verdiente insgesamt 762.624 Dollar mit Vollblütern, zog Mitte der 70er Jahre nach Kalifornien und begann später mit Appaloosa-Pferderennen, aber sie tat sich auch in Rennen für Quarter Horses-, Araber-, und Paints hervor. So gewann sie etwas über 750 Rennen. Als Rennreiterin gelangen White auch etliche “First times” – sie war die erste Frau, die zwei Rennen am selben Tag in zwei Staaten gewann, sie war auch die erste Frau, die fünf Rennen an einem Tag gewann. Zum letzten Mal im Rennsattel sah man White 2014 beim Lady Legend Event, einer Benefizveranstaltung für die Brustkrebsforschung in Pimlico.
Die in Cleveland, Ohio, geborene White starb am 20. September 2019 im Alter von 65 Jahren „Cheryl war nie eine große Selbstdarstellerin und kümmerte sich nicht um die Politik des Rennsports“, sagte ihr Bruder Raymond White Jr. in einer Pressemitteilung zur Bekanntgabe ihres Todes. „Sie hat einfach ihr Ding gemacht.”
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