Helen Bates “Penny” Chenery war die Leidenschaft für Pferde schon in die Wiege gelegt worden. kein Wunder, ihr Vater startete seine züchterischen Aktivitäten unter dem Namen Meadow Stud in den 30ern und Penny war, so oft es die Zeit zuließ, im Stall zu finden. Doch ihr äußerst wacher Geist führte sie an viele Stationen, so war sie zum Beispiel als junge Frau daran beteiligt, Boote für die Landung in der Normandie zu konstruieren, sie half als Krankenschwester verwundeten Soldaten in Frankreich und Deutschland. Sie lernte ihren Mann kennen, bekam vier Kinder und genoss ihr Leben – bis schließlich das Schicksal zuschlug. Ihre Mutter starb, der Vater wurde dement und sie kehrte heim, um ihren Vater zu pflegen. Der hatte nur einen einzigen Wunsch: Einmal das Kentucky Derby zu gewinnen. Und diesen Traum wollte sie ihrem alternden Vater erfüllen.
Aufgrund der Krankheit von Herrn Chenery war Meadow Stable, der Vollblutzucht- und Rennbetrieb der Chenerys in Virginia, Mitte der 1960er Jahre vernachlässigt worden und war nicht mehr rentabel. Die Geschwister von Chenery wollten den Betrieb verkaufen, da ihr Vater ihn nicht mehr führen konnte. Der Vorstand von Meadow Stud wählte sie zur Präsidentin, und 1968 begann sie mit dem langwierigen Prozess, die Kosten zu senken, die Anlagen zu reparieren und den Stall wieder rentabel zu machen. Im Jahr 1969 entließ sie den langjährigen Trainer Casey Hayes. Auf Anraten ihres langjährigen Familienfreundes und Geschäftspartners Bull Hancock von der Claiborne Farm stellte Chenery Roger Laurin als Trainer und Manager der Pferde des Meadow Stables ein. Mit Laurins Hilfe brachte der Stall in den Jahren 1969 und 1970 einige Pferde hervor, die Stakes-Rennen gewannen. Im Mai 1971 verließ Roger Laurin den Meadow-Stall jedoch, um für die viel gerühmten Ställe der Familie Phipps zu trainieren, so dass Chenery sich an seinen Vater Lucien Laurin als vorübergehenden Ersatz wandte.
Laurin Sr. entschied sich zu bleiben, als Riva Ridge im Herbst 1971 mehr als 500.000 Dollar an Geldpreisen einbrachte. Im Mai 1972 gewann Riva Ridge das Kentucky Derby und im Juni die Belmont Stakes und erfüllte damit den Lebenstraum von Mr. Chenery. Gerade rechtzeitig, denn Chris Chenery starb ein Jahr später und er sah den Sieg von Secretariat im Kentucky Derby nicht. Wohl aber seine Rennen als Zweijähriger, die bereits ahnen ließen, dass es sich hierbei um einen ganz Großen handeln könnte. Im darauffolgenden Jahr begeisterte Secretariat die Rennsportfans in aller Welt, als er als erster Triple-Crown-Sieger seit 25 Jahren in allen drei Rennen Rekorde aufstellte, die bis heute Bestand haben, und die Belmont-Stakes mit einer unerhörten Länge von 31 Längen gewann. Beide Pferde wurden in das National Museum of Racing and Hall of Fame aufgenommen. Doch erneut zeigten sich Wolken am Horizont.
Als Chenerys Vater im Januar 1973 starb, war sein Nachlass mit einer so hohen Steuerschuld belastet, dass diese nur beglichen werden konnte, indem die Zuchtrechte für Secretariat und Riva Ridge an ein Konsortium von Züchtern übertragen wurden. Chenery machte Schlagzeilen, als sie Secretariat für 6,08 Millionen Dollar und Riva Ridge für 5 Millionen Dollar erfolgreich an ein Konsortium vermittelte. Damit war Penny Chenereys Vollblutzucht nicht am Ende, sie wechselte den Standort, da sie die Farm aufgab, und betrieb Meadow Stud weiterhin – nur eben von Long Island, N.Y. 1992 wurde ihre Stute Saratoga Dew als erstes New Yorker Pferd in die Racing Hall of Fame aufgenommen.
Penny Chenery selbst war bis zu ihrem Tod stets höchst aktiv in der Turf-Szene, sie setzte sich nicht nur für schärfere Doping-Regeln ein, sie wurde erste weibliche Präsidentin der Vollblut-Besitzer und -Züchter-Vereinigung, Mitbegründerin der Thoroughbred Retirement Foundation, sie setzte sich für die Forschung ein, damit die Rennpferde bestmöglichst behandelt wurden und 2006 erhielt sie den Eclipse Award of Merit für ihr Lebenswerk. Ihr Leben und das ihres besten Pferdes, waren 2010 in den Kinos zu sehen, als Disney “Secretariat” herausbrachte. Dort hat Penny selbst als Zuschauerin in den Belmont Stakes sogar einen kleinen Cameo-Auftritt. 2017 starb die Grande Dame des amerikanischen Rennsports mit 95 Jahren.