Das durchschnittliche Rennpferd

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…hat eigentlich jeder Freizeitreiter zu Hause. Denn wäre es überdurchschnittlich – er hätte es nicht. Sonst wäre es ja zur Zucht qualifiziert, oder würde noch Rennen laufen. Das heißt: Die Käufer bekommen das stinknormale Rennpferd, das fast jeder Rennpferdebesitzer hat. Denn die wirklich Guten, die sind rar. Deswegen kann ich ja auch nie den Vorwurf verstehen, dass es da immer ums Geld geht. So ein Rennpferd kostet zu 90% mehr, als das es einläuft. Wie kann man da von Geldmaschinen sprechen? Dann kommt das nächste Argument: Menschlicher Ruhm. Pfff… jetzt mal im Ernst, wisst ihr, wenn ihr nicht total im Sport seid, wer das Ratibor Rennen 2016 gewonnen hat? Die Union 2015? Aha… welcher Ruhm also? Unser Sport interessiert halt niemanden groß, außer aus Tierschutzgründen. Daher kann es auch nicht der Ruhm sein. Sondern die Freude am Rennpferd.
Tja… also, was tut jetzt dieses durchschnittliche Rennpferd? Es futtert, es entspannt, es trainiert und es geht auch manchmal ein paar Rennen. Ist sein Besitzer sehr ambitioniert, können das auch mal über 12 Rennen im Jahr sein. Was jetzt mal auf 365 Tage gesehen gar nicht so viel ist. Wie viele Freizeitreiter sind mindestens zwei Mal im Monat auf einem Turnier? Oder nennen gar zwei Prüfungen an einem Tag? Aha. Ist doch eigentlich beides völlig okay, wenn man ein arbeitswilliges Tier hat, das seinen Job gerne macht. Nicht anders ist das ja beim Rennpferd. Wenn das durchschnittliche Rennpferd nämlich keine Lust mehr hat, merkt man das auch. Primär, weil es NOCH weniger Geld gibt, nämlich gar keins. Und glaubt mir, Pferde haben auch keinen Bock die ganze Zeit hinterherzulaufen. Die merken schon, dass ihr Umfeld enttäuscht ist und sind beim nächsten Mal durchaus noch demotivierter.
Ansonsten frisst es halt Hafer und steht auf der Weide und in der Box. Es geht zum Training raus und wieder rein. Eigentlich gar nicht so anders als andere Pferde auch, nur dass es nicht dieselben Sachen lernt. Grob ja – fein – nein. Es toleriert den Reiter, es kennt Schritt, Trab und Galopp, das war es dann auch. Es bewegt sich Zeit seines Rennpferdelebens auf großen Wegen und nicht auf Dressurkringeln. Daher fremdeln die auch schon mal, wenn dann die Kringelreiter einfallen und erwarten, dass das durchschnittliche Rennpferd alles macht, was der Dressurzausel schon konnte. Sind ja schließlich beide geritten, muss dasselbe sein.
Mitnichten geht das durchschnittliche Rennpferd, wenn es ausgedient hat, zum Schlachter. Warum auch? Mein Gott, die Schlachthöfe wären jeden Winter voll, wenn im Rennstall Platz für die Jungen gemacht wird. Das Gerücht hält sich trotzdem hartnäckig. Warum aber sollen Besitzer, die sowieso den Sport schon nur deswegen betreiben, weil er ihnen Spaß macht (und ihr Pferd nicht mal ansatzweise seine Kosten reinholt – wir reden hier immer noch von 90% aller aktiven Rennpferde, die nie schwarze Zahlen schreiben werden), sein Pferd zum Schlachter geben? Er kann es doch einfach verkaufen. Und das tut er auch. Und dann ist es eben weg. Manche Besitzer haben gerne noch Kontakt zu den Käufern, andere nicht. Ist ja in anderen Reitlagern mit Züchtern, Trainern und Besitzern auch nicht anders. Wird dann bei den Galoppern als Desinteresse an der gescheiterten Wertanlage (die das Pferd nie war) gewertet. Muss ich ja zum Glück nicht verstehen.
So ein durchschnittliches Rennpferd ist halt einfach nur ein Pferd, das ein paar andere Sachen gelernt hat. Es läuft nicht aus falschem Ehrgeiz der Besitzer, sondern, weil es so trainiert wurde. Weil es ihm im Blut liegt. Und wenn es darin nicht so gut ist, dass es davon „leben“ kann, dann sucht man ihm eine neue Aufgabe. Irgendwo sind die Besitzer ihnen das ja auch schuldig. Sie haben ihm ja die erste Aufgabe gegeben, die es halt nur in Maßen erfüllt hat. Davon ab kann man natürlich auch mit einem mehrfachen AGL IV Sieger total glücklich sein. Geld hat der zwar nicht in Massen verdient, aber ein paar schöne Momente geschenkt. Und am Ende gibt man die schönen Momente dann an den nächsten Reiter weiter, der Lust auf neue Aufgaben mit dem Galopper hat.
Eigentlich ist das doch ein hübscher Kreislauf. Warum zum Teufel hört man immer noch, dass Galopper vom Schlachter gerettet werden müssen? Das ist schlichtweg gelogen, und tief in ihrem Inneren wissen die Leute das auch, die das behaupten. Ansonsten müssten wir alle künftig ein paar Kilo Pferd verzehren um sehr viel Galopperfleisch loszuwerden. Denn die 90% sind schon nicht so wenige Tiere, auch wenn unsere Pferdepopulation natürlich winzig ist, im Gegensatz zu manch anderen Rassen.

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Nika S. Daveron
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Achtung, dieser Post könnte Meinung enthalten. Meine Meinung. Gestatten, Nika S. Daveron. Autorin und Turfteufel in einer Person. Sie finden mich auf der Rennbahn, in einem meiner Bücher oder auf Arschlochpferd.de.

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