Das Rennen aller Rennen

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Wir gehen stramm auf das erste Oktoberwochenende zu. Der Rennsportler weiß, was da ist. Andere Leute denken sich: Jo, ist halt Oktober. Außerdem habe ich bald einen Tag frei. Juhu! Der Rennsportler denkt sich: Scheiße, Leude, es ist Arc! Wie geil ist das denn? Mit was soll ich das nur für nicht Rennsportler vergleichen? Ostern und Weihnachten und Neujahr zusammen? Es ist das Rennen der Besten über die „wichtigste“ Distanz. Was interessieren Meiler und Flieger, was interessieren die Extremsteher: Der Arc geht über 2400 Meter. Die Derbydistanz aller Jahrgänge.
Dorthin kommen nur die Besten oder die Größenwahnsinnigen. Und zwar wirklich die Allerbesten. Nur die Australier und die Amis verweigern sich dem Arc ziemlich nachhaltig. Die Amis gehen lieber auf Dirt und die Australier haben ihr eigenes Volksfest des Rennsports, den Melbourne Cup. Aber Japaner, Engländer, Franzosen, Deutsche … sie alle haben nur das eine Ziel: Den Arc. Und sie möchten ihn mit nach Hause nehmen.
Auf der Welt gibt es immer wieder Pferde, die herausstechen. Und im besten Fall hat man diese Namen alle zusammen in einer Startmaschine und anschließend auf 2400 Metern, die es zu bewältigen gilt. In Longchamp. Das ist eine harte Bahn. Die Gerade ist verdammt lang, wer hier das Finish durchsteht, der gewinnt.
Mein erster Arc war Marienbard – Sorry an die älteren Rennsportler – aber ich bin halt leider nicht alt genug, Lammtarra, Urban Sea, Dancing Brave oder Sagace gesehen zu haben – oder sagen wir: ich bin alt genug, wusste aber nicht, dass so ein Rennen existiert. Und wo hätte ich es sehen sollen? Hurricane Run, Rail Link und Dylan Thomas folgten. Da war es noch ein Rennen.
Bei Zarkava war es ein Gefühl. Zarkavas Arc ließ mich dieses allumfassende Rennen in einem anderen Licht sehen. Nicht nur wegen ihr. Na, erinnert sich wer? Da kam alles zusammen. Schiaparelli, Duke of Marmelade und Youmzain, der schon einen eigenen Artikel verdient – der ewige Zweite. Aber nein, da gab es noch einen dritten Platz. Erwähnte ich, dass der Arc für die Besten und die Größenwahnsinnigen ist? Da war noch jemand. Es war ein dunkelbrauer Hengst und er nahm in der Geraden die Führung vor all diesen Cracks. Dieses Pferd hieß It’s Gino. Und er war großartig.
Mein Trainer sagte immer: Ein Pferd hat diesen einen Moment, in dem es sein volles Potenzial entfaltet. Hab ich ihm nicht geglaubt, denn wie gibt es denn sonst Seriensieger – ungeschlagene. Nun, das kommt davon, weil das noch nicht mal ihr ganzes Potenzial war. Und obwohl er eingeholt wurde, war dieser ehrliche Kämpfer ein Held. Er war das Beste, was Deutschland seit einer Ewigkeit im Arc passiert ist. Er wurde dritter. Die Königin rauschte irgendwann an ihm vorbei. Uneinholbar. Niemand hätte Zarkava dort geschlagen. Youmzain hat es versucht. It’s Gino hat es versucht.
Ab da war ich infiziert. Und wie hätte es besser weitergehen können, als mit Sea the Stars? Ein once in a lifetime horse. So großartig, dass niemand in Longchamp ihm diesen Sieg missgönnen konnte. Egal ob eigenes Pferd im Rennen oder nicht. Da kommt dieser Braune und putzt sie alle. Nicht unerwartet. Und wer versucht sich wieder gegen den vollkommen Überlegenen? Youmzain.
Im nächsten Jahr schwand meine Begeisterung etwas. Mit Workforce bin ich nicht warm geworden. Und Youmzain kam auch nur weit weg ein. Getaway, mein Favorit ebenfalls. Dafür entdeckte ich etwas anderes für mich, nach der schmählichen Geschichte mit Deep Impact. Japanische Pferde. Nakayama Festa auf Platz zwei. Seit Deep Impact habe ich einen Faible für die Japaner und ihre Pferde und Nakayama Festa erinnerte mich sehr nachdrücklich daran.
Dann kam das Jahr X. Das, mit dem niemand gerechnet hat. Workforce auf Titelverteidigung. Nicht geschafft. Die Stuten sind es, die in diesem Arc dominieren. Die großartige Snow Fairy. Die prominente Galikova. Und dann ist da noch das kleine deutsche Rennpferd. Unscheinbar, braun, nachgenannt. Hat aber einen Sieg im großen Preis von Baden mit im Gepäck. Was macht die denn da? Na, gewinnen. Und zwar in der besten Zeit, die je im Arc gelaufen wurde. Dieser Tag ist deutsche Rennsportgeschichte. Als ganz plötzlich Danedream am Feld vorbeifliegt und die erste „echte“ deutsche Arc Siegerin wird.
Das Jahr danach ist scheiße. Aus deutscher Sicht. Danedream steht in Quarantäne, weil EIA auf der Kölner Rennbahn festgestellt wurde. Solemia wird die Arc Siegerin. Vor einem, wie ich finde, viel großartigeren Pferd. Und sein Name ist Orfevre. Der schöne Fuchs ist ein Superstar in seiner Heimat Japan.
Entsprechend unbegeistert gehe ich also gefühlstechnisch in den nächsten Arc. Was habe ich mich geirrt. Die Rennsportnation hat nach knapp 3 Minuten einen neuen Liebling. Und der heißt Trêve. Die unscheinbare Stute fliegt allen davon. Abermals Orfevre, dem der Arc, genau wie Youmzain, nicht gelingen will.
Aber nicht nur das: Trêve kommt einfach 2014 noch mal kurz vorbei und holt sich ihren zweiten Arc. Sie putzt das gesamte Feld. Die Nation steht Kopf. Als sie 2015 „nur“ als Vierte einkommt, will für Golden Horn gar kein richtiger Jubel aufkommen.
Was ich anschließend, 2016 von Found halten soll, weiß ich gar nicht. Kam irgendwie nichts rüber. Arc Sieger haben ihren ganz eigenen Esprit. Manche bewegen die Massen (denn Doppelsieger sind höchst selten), manche gehen unter. Manche strahlen so hell, dass jeder Rennsportliebhaber in verzücktes Lächeln bei der Namenserwähnung ausbricht.
So ist das eben mit dem Arc. Er hat eine ganz eigene Faszination. Wenn ihr hinkönnt, schaut ihn euch an. Wenn ihr Internet habt: Schaut es euch da an. Der Arc ist nur einmal im Jahr und er ist eines der faszinierendsten Rennen, die die Welt zu bieten hat. Wen das kalt lässt, der wird wohl mit keinem Rennen der Welt warm.
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Nika S. Daveron
Nika S. Daveronhttp://www.arschlochpferd.de
Achtung, dieser Post könnte Meinung enthalten. Meine Meinung. Gestatten, Nika S. Daveron. Autorin und Turfteufel in einer Person. Sie finden mich auf der Rennbahn, in einem meiner Bücher oder auf Arschlochpferd.de.

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