Deutschland, deine Zucht

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Neidisch muss man hier auf „damals“ gucken. Damals war alles besser. Stimmt ausnahmsweise auch, wenn wir uns mal ein paar Jahrzehnte zurückbewegen. Die Glanzzeiten des deutschen Vollblutsports liegen dort, obwohl die Welt harten Zeiten begegnete. Dennoch, der Galopprennsport hatte damals Hochkonjunktur. Wenn man sich allein die klangvollen Namen zu diesen Zeiten in Erinnerung ruft: Oleander, Schwarzgold, Birkhahn, Königsstuhl, bis hin zu Acatenango und Lando. Dann bricht etwas bei uns ab. Mit einem Mal geht es rasend abwärts.
Das spiegelt sich in der heutigen Zeit auch bei unseren Deckhengsten wieder. Und den Stuten, die die Züchter in ihren Herden haben. Da ist die Ungeprüfte, die war krank – aber gutes Papier hat sie in der Theorie. Kombinieren wir die doch mal mit einem Hengst, der Dreijährig gar nicht mehr an den Start kam. Super. Was kann das für ein Produkt geben? Im besten Fall was Frühreifes, im schlechtesten Fall ne kranke Gurke.
Auch hat die deutsche Zucht verlernt, sich auf sich selbst und ihre ganz eigenen Linien zu verlassen. Das, was natürlich irgendwo auch durch die Nazis forciert wurde (das superduper deutsche Vollblut) war durchaus in der Lage die ausländische Konkurrenz zu putzen und mehr als nur wettbewerbsfähig. Auf allen Distanzen. Natürlich ist das Vollblut immer ein internationales Produkt. Aber wie viele Leute verlassen sich direkt auf amerikanisierte Linien? Mehr als genug. Dabei sollte man ja meinen, dass man den medikamentenverseuchten Ami nicht zwingend im Pedigree haben will. Hat man aber.
Und da liegt der Hase im Pfeffer. Es wird auch immer schwerer ein vernünftiges deutsches (englisches) Vollblut zu ziehen. Denn unsere Deckhengstlandschaft sieht langsam kümmerlich aus. Wenn ich sehe, mit was für Eigenleistungen manche Hengste dann da stehen, frage ich mich schon, wer denn mit denen züchten möchte. Natürlich gibt es hier auch Ausnahmen, wenn man zum Beispiel Wiesenpfads Nachkommen betrachtet. Der macht schon was Gutes für sein Geld. In der Theorie natürlich nur. Eine Garantie gibt es ja bekanntlich nicht.
Immer wenn ein „neuer“ Deckhengst vorgestellt wird, muss ich gestehen, dass ich oft nicht mehr begeistert bin. Noch mehr aus dem Ausland. Ich lauere förmlich darauf, was mit guten Pferden passiert. Und wo sie hingehen. Savoir Vivre macht ja noch Sinn im Ausland – der Vater ist jung und steht in Deutschland zu erschwinglichen Preisen (was will man da mit dem Sohn?). Aber um was wetten wir, dass es bei Guignol genauso geht (obwohl der immerhin zweifacher Gruppe I Sieger ist). Der Ausverkauf der guten deutschen Hengste und Stuten ist nach wie vor ein unangenehmes Thema für den deutschen Sport. Wenn wir unsere Cracks nicht behalten, wie sollen wir dann wettbewerbsfähig sein? Möchte man wirklich nur amerikanisierte, irgendwoher importierte Gurken haben? Denn wir importieren ja auch nicht die Krönung, sondern irgendwas … das was nach England rüberschwappt und dann hierhin mitgebracht wird. Für paar Euro.
Man kann natürlich nicht alles behalten. Und muss sehen, was man aus seiner Zucht mit einer guten Geldspritze durch den Verkauf eines Cracks, machen kann. Aber wenn alle so denken, dann bleiben halt die Guten nicht mehr im Land. Am Ende ist man dann die langweilige Mittelmäßigkeit mit einem Derby ohne Gruppe I Status. Die Nachbarländer machen es vor. Möchten wir mitmachen? Ich weiß, dass es leicht gesagt ist Geld zu investieren. Ist ja nicht meins. Aber wie gut tut es einem Sport, wenn man endlich mal wieder was zum Vorzeigen hat. Es tut den Rennbahnen gut, den Rennen an sich und damit der Gesamtheit, dem Kollektiv. Unsere vergleichsweise kleine Vollblutzucht bestand immer unter dem Grundsatz: Qualität statt Quantität. Wenn ich manchmal mich so umgucke, glaube ich, dass aus dem Spruch: Hauptsache ein Rennpferd – geworden ist.
Macht das doch nicht. Unsere Pferde können was! Und unsere Zucht ist heiß begehrt. Lasst doch die Engländer, Australier, Japaner zu uns kommen und unsere Deckhengste hier nutzen, wenn sie die haben wollen. Man muss nicht immer Ausverkauf brüllen. Wir sind ja nicht der Matratzenladen auf der Ecke!

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Nika S. Daveron
Nika S. Daveronhttp://www.arschlochpferd.de
Achtung, dieser Post könnte Meinung enthalten. Meine Meinung. Gestatten, Nika S. Daveron. Autorin und Turfteufel in einer Person. Sie finden mich auf der Rennbahn, in einem meiner Bücher oder auf Arschlochpferd.de.

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