Wenn es um wichtige Familien im deutschen Galopprennsport geht und wir uns nur auf die Pferderennen beschränken, fällt der Name der Familie Schiergen oftmals als Erstes. Das liegt natürlich daran, dass Spitzentrainer Peter Schiergen mit Dennis und Vinzenz zwei erfolgreich reitende Söhne hat. Es liegt auch an den Namen von etlichen Spitzenpferden. Da wäre als ein Beispiel von vielen möglichen Danedream, die im Jahr 2011 sensationell den Prix de l‘Arc de Triomphe gewann. Auch die Schiergen-Derbysieger wollen wir nicht verschweigen, also Boreal 2001, Schiaparelli 2006, Kamsin 2008, Lucky Speed 2013 sowie Nutan 2015. An dieser Stelle geht es jedoch um die Personen…
Der 1965 geborene Peter Schiergen war in den 90er Jahren einer der erfolgreichsten Jockeys in Deutschland. Er wurde 1995 zum Rekordträger, als ihm 273 Siege gelangen, das war Europarekord. In seiner Jockeykarriere gewann Schiergen insgesamt 1451 Rennen – aber nie das Deutsche Derby! Familiär vorbelastet war er übrigens nicht, er kam aufgrund seiner Größe zum Sport.
Seine drei Söhne hatten da natürlich andere Voraussetzungen. Als erstes stieg Dennis (Jahrgang 1994) in einem Rennen in den Sattel, als Amateur. Das war 2010, im Jahr 2011 wurde er erstmals Champion. Vinzenz (Jahrgang 1998) folgte dem erfolgreichen Bruder, 2014 und 2015 konnte er sich als Champion der Amateurreiter feiern lassen. Dennis war damals bereits Jockey (er hatte mehr als 50 Sieger geritten) und Profirennreiter, jedoch nicht hauptberuflich. Der 2002 geborene Laurenz, der jüngste der Schiergen-Söhne, kann natürlich ebenfalls reiten, Schlagzeilen macht er jedoch als fabelhafter Golfspieler. Gemanagt werden die Männer quasi von Ehefrau und Mama Gisela.
Die Brüder Manfred (Jahrgang 1955) und Mario Hofer (Jahrgang 1956) wurden in Kärnten/Österreich geboren. Sie waren beide klein und kamen als Folge mit dem Galopprennsport in Verbindung. Mario absolvierte von 1970 bis 1974 seine Ausbildung in Wien, bis 1984 ritt er knapp 300 Sieger und wurde dann Trainer in München. Dort blieb er bis 1992, ehe er nach Krefeld wechselte.
Der 1978 nach beendeter Ausbildung nach Deutschland gekommene Manfred war der erfolgreichere Jockey, er gewann 1241 Rennen und wurde dreimal Champion. Und er sorgte für Schlagzeilen, als er im Jahr 1999 für einen Ritt im Preis der Diana nach dem Karriereende in den Sattel zurückkehrte. Schlagzeilen hatte er zu diesem Zeitpunkt bereits als Agent gemacht: Der Derbysieger von 1998 Belenus gewann für sein Turfsyndikat – und Hofer saß plötzlich nach dem Zieleinlauf in Hamburg direkt hinter dem Jockey. Später versuchte er sich einige Jahre im kleinen Rahmen als Trainer, doch in diesem Metier ist Mario der erfolgreichere. Er trainierte zahlreiche gute Pferde, hatte bereits über 2000 Sieger und gewann mit Pastorius im Jahr 2012 das Deutsche Derby.
Der Erfolgscoach hat eine im Rennsport aktive Tochter: die 1987 in München geborene Stefanie, allseits nur Steffi gerufen, ist seit Jahren eine der besten deutschen Rennreiterinnen. Sie saß im Derby im Sattel, gewann Gruppe- sowie Listenrennen und ritt in der Saison 2016 sogar über Hindernisse.
Mario und Manfred haben noch einen Bruder, der ebenfalls im Rennsport aktiv ist: Pierre ist ein Geschäftsführer im Bereich Pferdewetten.
Die Rennbahn München-Riem hatte bereits bei den Hofers eine gewisse Bedeutung, für die Familie Figge ist sie Heimat. Wolfgang Figge trainierte hier bis zu seinem Karriereende 2015 mehr als 800 Sieger. Herausragend war die Stutenkönigin Night Magic im Jahr 2009, die u.a. den Preis der Diana gewann. Seine erfolgreichste Zeit als Galopptrainer hatte Figge bereits im gehobenen Alter von Mitte 50, als er angestellter Trainer wurde, mit dem Stall Salzburg als Hauptbesitzer.
Der 1972 geborene Michael war über Jahre ein erfolgreicher Amateur (im Jahr 2006 wurde er Vizeweltmeister), ehe er selbst zu trainieren begann. Er konnte z.B. in der Saison 2012 mit Feuerblitz das Derby Italiano und später ein Gruppe 1-Rennen gewinnen. Michael Figge scheut keine Reisen und bringt viele Pferde in Frankreich an den Start. Sein Bruder Florian arbeitet indirekt im Rennsport: Er designt Websites, auch für den Galopprennsport.
Andreas Wöhler ist seit Jahren einer der erfolgreichsten deutschen Galopptrainer. Er kann weltweite Erfolge vorweisen. Vor allem aber stammt er aus einer Rennsportfamilie und genau um die geht es an dieser Stelle. Seinen ersten Starter als Trainer sattelte Andreas Wöhler am 23. November 1985 in Köln. Kurzfristig hatte er den Stall seines schwer erkrankten Vaters Adolf übernehmen müssen. Auf der Website des Wöhler-Stalles heißt es, dass er drei Wochen zuvor noch im Sattel gesessen hatte. Der erste Wöhler-Sieg war am 1. Dezember 1985 zu verzeichnen.
Vater Adolf Wöhler war einer der besten Hindernisjockeys in Deutschland, was die Championate in den Jahren 1970 und 1971 belegen. Nach Ende der Reiterkarriere wurde er Trainer in Bremen. Die Söhne Andreas und Sascha halfen früh im Rennstall mit und erstgenannter wurde ein sehr erfolgreicher Amateur, was 115 Siege belegen, viele davon übrigens über Hindernisse. Parallel absolvierte er eine Banklehre. Sascha war lange Jahre Assistent seines Bruders bis zu dessen Umzug aus Bremen nach Spexard bei Gütersloh. Für mehrere Jahre wurde er Partner von Pavel Vovcenko in Bremen-Mahndorf, ehe er nach Berlin zog. Mittlerweile lebt er in Lilienthal bei Bremen. Beispielsweise war er über Jahre in Hamburg für das Geläuf zuständig.
Über die Trainerkarriere von Andreas Wöhler muss man kaum ein Wort verlieren. Weltklassegalopper wie Novellist und Protectionist sowie die Derbysieger Pik König (1992), Belenus (1999), Waldpark (2011) und Isfahan (2016) sind nur einige Beispiele. Übrigens ist Andreas Wöhler über Umwege mit Manfred Hofer verwandt: Seine Ehefrau Susanne ist eine Schwester von dessen Ehefrau. Auch zum eingangs erwähnten Peter Schiergen besteht eine Verbindung, allerdings ist diese nicht verwandtschaftlicher Natur: Schiergen arbeitete in jungen Jahren als Jockey am Wöhlerstall in Bremen.
Keinesfalls vergessen werden darf die Familie Werning, wenn es um Familien im deutschen Galopprennsport geht. Reiner Werning ist nicht nur Trainer in Dortmund-Wambel sondern auch Vater von sieben Kindern, von denen bis auf eine Ausnahme alle im Rennsport aktiv waren oder es noch sind.
Erster rennreitender Werning-Spross war Tochter Britta, die in den achtziger Jahren eine der besten deutschen Amateurreiterinnen war. Sie gewann über 60 Rennen und lebt mittlerweile in Spanien. Professionell ritt der älteste Sohn Mario, übrigens auch über Sprünge. Er siegte in mehr als 100 Rennen und ist heutzutage als Hufschmied aktiv, wie auch Frank, der laut Statistik 76 Rennen gewann. Nicht in Rennen geritten ist Markus, der dafür als erster Reiner zum Opa machte.
Am erfolgreichsten im Sattel war Pascal Jonathan mit 241 Siegen, ehe er seine Reiterkarriere im Sommer 2015 beendete, dann des Vaters Stall kurzzeitig übernahm und später nach Köln zog. Im Herbst 2016 gab er sein Comeback im Sattel. Seine Ehefrau Mareike Werning-Hagemann gewann ein Rennen. Erfolgreich war über viele Jahre Katharina Daniela, die sich zu einem Gesicht des Galopprennsports entwickelte. 155 Rennen konnte sie gewinnen. Bei ihrer jüngeren Schwester Clarissa-Christina stehen immerhin 25 Siege in der Statistik. Es würde nicht überraschen, wenn bald die nächste Werning-Generation in den Rennsattel steigt…