Es ist das Jahr 1978, als der zweijährige Hengst Esclavo zum Galopper des Jahres gekürt wird. Es ist das erste Mal in der Geschichte dieser Publikumswahl, dass ein zweijähriges Pferd die Auszeichnung erhält und zum besten Rennpferd des Landes ernannt wird. Ein Jahr, in dem YMCA von den Village People auf Platz 1 der deutschen Singlecharts war, ein Jahr, in dem Argentinien im eigenen Land Fußballweltmeister wurde und Deutschland in der Schmach von Córdoba gegen Österreich ausschied. Im Jahr 1978 gewann der Hengst Zauberer mit Bernd Selle im Sattel das Deutsche Derby für Altmeister Heinz Jentsch und das Gestüt Bona. Obwohl Zauberer das Derby gewann, wurde er nicht zum Galopper des Jahres gewählt, aber das Gestüt Bona hatte dennoch etwas zu feiern. Schließlich stammte auch Esclavo aus der eigenen Zucht. Esclavo war ein Sohn von Viceregal, der selbst ein Nachkomme des berühmten Northern Dancer war. Er gewann 13 seiner 35 Starts und verdiente dabei knapp eine halbe Million Mark.
Mit dem Titel zum Galopper des Jahres 2019 könnte nun zum zweiten Mal in der Geschichte der Wahl ein so junger Hengst der Sieger sein. Neben Derbysieger Laccario sind mit Alson und Rubaiyat nämlich auch zwei Zweijährige nominiert worden, die mit besonders beeindruckenden Leistungen im Rennjahr 2019 für Furore gesorgt haben. Seit 1957 wird in Deutschland das Rennpferd des Jahres mit diesem Preis geehrt. Die Wahl zum Galopper des Jahres ist somit auch die älteste Publikumswahl der deutschen Sportgeschichte. Die erste Preisträgerin war die Magnat-Tochter Thila. Die dreijährige Stute begründete eine Tradition, die bis heute Rennsportfans in ganz Deutschland begeistert. Seit der ersten Preisverleihung gab es schon einige Pferde, die es schafften, den Titel in zwei aufeinanderfolgenden Jahren zu tragen.
Auf der Liste der Doppelsieger finden wir unter anderem so berühmte Namen wie Windwurf (1976/77), Tiger Hill (1998/99) und zuletzt Danedream (2011/12). Zwei Pferde allerdings konnten den Titel sogar ein drittes Mal in Folge verteidigen und diese sind keine Geringeren als Orofino (1981-83) und Acatenango (1985-87). Orofino gewann nicht nur dreijährig das Deutsche Derby, sondern als Vierjähriger auch den großen Preis von Berlin und ein Jahr später den Hansa Preis. Orofino ist bis heute aus den Stammbäumen vieler deutscher Rennpferde nicht wegzudenken. Ebenso wie Acatenango, der 1985 der imponierende Sieger im Deutschen Derby war, dreijährig den Großen Preis von Baden gewann und seinen Namen sogar ein Jahr später ebenfalls wieder in die Siegerliste dieses prestigeträchtigen Rennens eintrug.
Oftmals ist es doch der Derbysieger, der in der Wahl zum Galopper des Jahres triumphiert. Gelingt auch dem heute vierjährigen Scalo-Sohn Laccario dieses Kunststück? Oder ist es doch einer der Youngster, der in die Fußstapfen so großer Pferde treten wird? Laccario begeisterte am 7. Juli vergangenen Jahres die Menge, als er Django Freeman in einem packenden Finish auf den zweiten Platz im 150. Deutschen Derby verwies. Auch bei allen anderen vorangegangenen Starts zeigte Laccario unter der Regie von Trainer Andreas Wöhler, dass er zu Höherem berufen schien. Bereits bei seinem Sieg in der Kölner Union am 10. Juni ließ er alle Zuschauer mit einem Staunen zurück.
So leicht und sicher war sein Triumpf, dass den Buchmachern nichts anderes übrig blieb, als Laccario als Favorit für das Deutsche Derby auf dem Wettmarkt zu positionieren. Aber Laccario wurde unter Jockey Eduardo Pedroza, der bereits Vater Scalo zum Sieg gesteuert hatte, allen Erwartungen mehr als gerecht. In Turfdeutschland keimte die Hoffnung auf einen neuen internationalen Superstar. Nach dem glorreichen Derbysieg wurde Laccario Dritter im Großen Preis von Baden und Zweiter im Preis der deutschen Einheit auf der Rennbahn in Berlin Hoppegarten. Somit ist Laccario ein mehr als würdiger Kandidat für den Titel zum Galopper des Jahres und man darf gespannt sein, wohin der Weg des Hengstes vierjährig noch führt.
Rubaiyat trägt den Namen einer persischen Gedichtform. Der heute dreijährige Hengst ist ein Sohn des berühmten Vererbers Areion, gezogen wurde er vom Gestüt Karlshof, steht nun aber im Besitz von Darius Racing. Unter der Regie von Trainer Henk Grewe avancierte Rubaiyat zu einem der Überflieger der vergangenen Saison und ließ ebenfalls das nach einem neuen Star lechzende Turfpublikum mit einem Glitzern in den Augen zurück. Rubaiyat ist bislang ungeschlagen. Er gewann alle seiner vier Starts mit einer Leichtigkeit, die auf darauf hoffen lässt, dass ihn in der kommenden Saison niemand überholen wird.
Mit dieser Leichtigkeit galoppierte sich Rubaiyat auch in die Herzen der Vollblutfans. Nach seinem Debütsieg am 25. August auf der Rennbahn in Dresden gewann er den Düsseldorfer Juniorenpreis, den Preis des Winterfavoriten und zu guter Letzt bewies er auch internationale Klasse, denn er siegte auch im Gran Criterium am 20. Oktober auf der Mailänder Rennbahn San Siro. Rubaiyat kommt so mittlerweile auf ein Top-Jahres-GAG von 96 kg und besitzt unter anderem auch eine Nennung für das Deutsche Derby, die German 2000 Guineas und das Dr. Busch Memorial. Es sind hochgesteckte Träume für Rubaiyat, doch konnte dieser ja bereits beweisen, dass nicht nur sein Name poetisch ist, sondern auch seine Leistungen.
Der dritte Kandidat, der zur Wahl des Galoppers des Jahres steht, ist der heute dreijährige Alson. Nach der Auflösung des Gestüt Schlenderhan und dem dort von Jean Pierre Carvalho geleiteten Traininsbetrieb wird der ebenfalls von Areion stammende Hengst wohl von Trainer Andre Fabre in Frankreich vorbereitet werden. Es ist somit auch fraglich, ob wir ihn noch mal auf deutschem Boden galoppieren sehen können oder ob er seine Karriere im Ausland fortsetzen wird. Eins aber ist sicher: dass Alson trotz der kurzen Zeit in Deutschland viele Fanherzen für sich gewinnen konnte. Er ist bei sechs Starts vierfacher Sieger und war nur einmal nicht platziert. Nach seinem Debütsieg in München am 10. Juni war Alson bereits zweimal in Frankreich am Start und gewann dort auch am 9. August den Prix d’Auberville, ein Rennen der Kategorie C über 1400 Meter. Anschließend gewann er das Badener Zukunftsrennen in so imposanter Manier, dass man noch heute beim Zurückdenken glasige Augen und eine Gänsehaut bekommt. Noch beeindruckender waren allerdings die beiden Leistungen im Anschluss an den Treffer in Iffezheim.
Denn Alson wurde Zweiter im Qatar Prix Jean-Luc Lagardere, einem Gruppe I-Rennen auf der französischen Rennbahn Paris Longchamp. Er bestätige hiermit nicht nur seinen Sieg im beschaulichen Baden-Baden, sondern unterstrich seine internationale Klasse auch in der Weltstadt Paris. Der wohl größte Coup gelang dem damals zweijährigen Hengst dann am 27. Oktober im Criterium International, einem Gruppe I-Rennen, das ebenfalls in Paris ausgetragen wurde. Alson überzeugte auch hier mit einem tadellosen und leichten Sieg und auch, wenn das Rennen unter zwei Pferden ausgemacht wurde, sollte man diese Leistung keinesfalls leichtfertig abtun. Laccario, Rubaiyat oder Alson. Alle drei sind eindrucksvolle Rennpferde, die es verdient haben, den Titel Galopper des Jahres zu tragen. Siegen kann am Ende aber nur einer. Nur einer kann sich auf die Liste der besten Pferde in Deutschland eintragen und für immer Geschichte schreiben.