Galopp+Insider Christin Schotten: „Ein Kindheitstraum hat sich für mich erfüllt“

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Mit 21 Jahren hat man noch Träume. Christin Schotten, gebürtige Münchenerin, hat sich schon einige Wünsche erfüllt. Denn Australien wurde zur zweiten Heimat der jungen Reiterin. Und auch für Godolphin, den mächtigen Rennstall von Scheich Mohammed, war sie bereits im Einsatz.
Während ihres erneuten Aufenthalts auf dem Kontinent Down under nahm sich Christin Schotten noch die Zeit, exklusiv im Galopp+Insider auf dem Blog von RaceBets.de über ihr spannendes Leben zu berichten.
„Meine Leidenschaft zu den Pferden hat schon begonnen, als ich noch ein kleines Kind war. Ich bin schon auf Ponys gesessen, bevor ich überhaupt laufen konnte. Es war natürlich zu meinem Vorteil, dass meine ganze Familie pferdevernarrt ist. Ich hab mit ca. 6 Jahren mein eigenes Pflege-Pony bekommen, und somit konnte ich endlich jeden Tag reiten, anstatt nur auf einem Reiterhof in den Schulferien.
Mit meinen jungen Jahren habe ich schon immer viele verschiedene Pferde geritten und auch die „großen“ Pferde von meinen Freunden an meinem Reitstall. Relativ schnell hat mich der Ehrgeiz gepackt, all die verschieden Reitabzeichen zu absolvieren und dann Turniere zu reiten. Als ich zwölf Jahre alt war habe ich ein schulisches Praktikum bei Gerald Geisler auf der Rennbahn in München-Riem gemacht und bin natürlich sofort den Rennpferden verfallen. Im Herbst 2008 bin ich das erste Mal zum Champion-Trainer Christian Freiherr von der Recke nach Weilerswist gefahren und durfte das erste Mal dort cantern.
Da ich in München gewohnt habe, bin ich jedes Wochenende dort auf die Rennbahn, um auszureiten und zu den Rennen zu fahren, doch fast alle meine Ferien habe ich in Weilerswist verbracht. Ich war sehr glücklich, die Chance zu haben für so einen großen Trainer zu reiten und war natürlich schwer beeindruckt von dem Riesen-Stall!
Als Gerald Geisler nach Iffezheim gezogen ist, bin ich für eine Weile zu Michael Figge gewechselt, bis ich dann Ende des Jahres 2010 bei Trainer John David Hillis beschäftigt war. Dort habe ich sehr viel gelernt, und er hat mich auch immer unterstützt, so dass ich 2011 meine Amateurprüfung bestanden habe. Ich hatte erst mal mit den Junior Cup-Rennen angefangen, in denen ich recht erfolgreich war, denn gleich im ersten Jahr konnte ich den Titel als Junior Cup-Champion holen. Nebenbei hatte ich auch meine ersten Versuche in Amateurrennen und darunter auch zwei Ritte für John David Hillis in München.
Da John nicht so viele Amateur-Pferde hatte, bin ich dann nach zwei Jahren zur Trainerin Jutta Mayer gewechselt, die mir gleich einen Ritt gegeben hat. Ich konnte gleich einen zweiten Platz mit Festive Boy in Riem erkämpfen. Ich bin jeden Tag vor der Arbeit als Auszubildende bei Galeria Kaufhof reiten gegangen und natürlich auch am Wochenende, um dann am Wochenende Rennen zu reiten. Somit bestand mein Tag aus Reiten in der Früh, dann zur Arbeit und danach meistens noch Laufen.

Amazing Dragon bei der Morgenarbeit am 01.08.2013 in München.

Ich hatte Riesen-Glück an Juttas Stall zu kommen und bin sehr dankbar, weil sie mich immer mit allem unterstützt hat. Meine zwei Lieblinge am Stall Mayer waren Gigue und Amazing Dragon, die ich im Training sowie auch im Rennen reiten durfte. Eine tolle Sache war auch das Vize-Championat in München.
Ende des Jahres 2015 hatte mir Christian von der Recke Kontakte nach Australien hergestellt und mir geholfen, dort einen Job zu bekommen. Bei Gai Waterhouse habe ich aber nach ein paar Tagen gekündigt, da es mir nicht gefallen hat.
In Australien angekommen, bin ich erstmal herumgereist, bis ich dann für Ellerton Zahra Racing in Melbourne angefangen habe zu arbeiten. Da ich mit meinem Visum nur die Erlaubnis hatte, sechs Monate für einen Arbeitgeber tätig zu sein, bin ich danach zu Lindsaypark nach Euroa gewechselt. Durch meine drei Monate dort konnte ich mich für ein Zweites-Jahr-Visa qualifizieren, um ein weiteres Jahr in Australien zu bleiben.
Lindsaypark ist einer der besten Ställe in Victoria und hat ca. 300 Pferde und ist gerade dabei, einen neuen Stall in Pakenham zu bauen. Als ich die sechs Monate in Euroa gearbeitet habe, habe ich mich gleich in ein Pferd namens Battle Ensign verliebt. Er war ein ganz verschmuster Wallach, der es mir sehr erleichtert hat, um 4 Uhr morgens mit der Arbeit anzufangen. Doch nach etwa vier Monaten hatte ich einen schlimmen Reitunfall. Ich bin von meinem ersten Lot runtergefallen, und es war auch noch mein Lieblingspferd. Es hat sich vor etwas erschrocken im Dunkeln, als ich meine Steigbügel verstellt habe und ist dann einfach los galoppiert. Auf dieser Farm ist die Bahn nicht wie üblich ein Kreis, sondern eine mehr oder weniger geschlängelte Gerade mit Rechts- und Linkskurven.
Ich habe natürlich versucht, so lange wie möglich auf meinem Pferd zu bleiben und anzuhalten, aber ich hatte keine Chance. Irgendwann ist mir dann einfach die Kraft ausgegangen, und ich bin runtergefallen. Niemand im Stall wusste, dass mir das passiert ist, bis mein Pferd ohne Reiter zurück galoppiert ist. Die konnten mich eine halbe Stunde lang nicht finden, da es immer noch dunkel war und die Farm 17 Fußballfelder groß ist.
Als sie mich endlich entdeckt hatten, war ich immer noch bewusstlos und wurde dann mit einem Krankenwagen in das nächstgelegene (45 Minuten) entfernte Krankenhaus gebracht. Dort wurde dann gleich festgestellt, dass ich Hirnblutungen hatte, und daher habe ich einen Helikopter-Flug nach Melbourne bekommen. Nach mehreren Tests hat sich rausgestellt, das ich meinen Knochen um das Auge an mehreren Stellen gebrochen hatte, was dazu geführt hatte, dass ich kaum sehen konnte mit meinem linken Auge. Nach ein paar Tagen durfte ich endlich das Krankenhaus verlassen.
Es hat nur zweieinhalb Monate gedauert, bis ich wieder auf dem Pferderücken war. Und das Pferd, mit dem ich meinen Unfall hatte, war auch immer noch mein Lieblingspferd! Als meine Zeit bei Lindsaypark abgelaufen war, habe ich mich um eine Stelle bei Godolphin beworben und auch bekommen.
Es war natürlich einer meiner Kindheitsträume, für Godolphin zu arbeiten! Ich war für Godolphin in Melbourne im Einsatz und durfte dann glücklicherweise für ein paar Wochen nach England, um da mal reinzuschnuppern. Nach allem was ich gesehen und erlebt habe bis jetzt im Rennsport, war Godolphin auf jeden Fall eines meiner Highlights! Und neben all der Arbeit habe ich auch noch ganz Australien bereist, wo auch Tauchen mit Haien und Krokodilen auf jeden Fall auch etwas ganz Besonderes war.
Ich habe es tatsächlich geschafft, nach England zu gehen um für Godolphin zu reiten. Ich kann nur sagen, dass sich harte Arbeit auszahlt. Gerade warte ich auf meine „Sponsorship“, um in Australien zu bleiben, um für Lindsaypark zu arbeiten, darauf freue ich mich sehr.“

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Michael Hähn
Michael Hähn
Unser Autor Michael Hähn arbeitet als freier Journalist in Baden-Baden. Der Galopprennsport ist seit vielen Jahren sein Metier, und seine Leidenschaft sind Rennveranstaltungen in Deutschland und auf der ganzen Welt.

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