Rebecca Danz war Weltmeisterin 2018 und ist eine der besten Rennreiterinnen Deutschland. Hier unser Insider-Talk.
Wie waren Ihre Anfänge im Rennsport?
Rebecca Danz: Ich konnte wohl schon reiten, bevor ich überhaupt lief. Ich bekomme immer noch erzählt, wie ich mir früher einfach einen Strick klaute, auf die Ponykoppeln abgesaust bin und plötzlich war ich auf einem Pferd. Es ging weiter in jungen Jahren mit Reitstunden und dem ganzen Kram, irgendwann kam ich durch den Lebensgefährten meiner Mutter auf die Rennbahn in meiner Geburtsstadt Magdeburg. Sofort wusste ich, als ich das alles sah, das will ich machen. Jockette werden, wie man das damals genannt hat. Obwohl ich sagen muss, ich mag das nicht, ich bevorzuge den Begriff Rennreiterin oder Jockey. Jockette oder Jockeuse, das sind mir bis heute noch immer Fremdworte.
Vorbild Peter Rau
Was waren Ihre bisherigen Stationen?
Rebecca Danz: Meine Lehre als Rennreiterin habe ich im Jahr 2006 bei Peter Rau in Warendorf begonnen und beendet unter seinem Nachfolger Torsten Mundry. Mein Lehrherr war ein Trainer und Pferdemann der alten Schule, und ich muss heute sagen, ich bin dankbar für das, was ich dort gelernt habe. Auch wenn ich ihn manchmal verflucht habe als junger Mensch. Aber, heute sage ich immer: Der Trainer hat mich klar geprägt, und das war gut so. Also wenn er das hier liest, danke Herr Rau für die Zeit!
Nach meiner Lehre ging es nach Hoppegarten zu Roland Dzubasz, wo ich ein Jahr beschäftigt war. Der Lehrling im eigenen Stall zählt nichts, so habe ich damals gedacht. Ich habe auf eigenen Wunsch den Stall verlassen, die Reisen zu den Rennen wurden von Hoppegarten aus zu aufwändig, das war der einzige Grund für meinen Weggang. Denn auch bei diesem Trainer habe ich mich sehr wohl gefühlt, und auch heute kommt vom Trainer, wenn ich anrufe, immer noch in seinem Berliner Dialekt: „Na Kleene, wie jeeeht`s …?
Volles Vertrauen von Andreas Löwe
Wie kam es zum Wechsel nach Köln?
Rebecca Danz: Von Hoppegarten ging es zu Andreas Löwe nach Köln, mit dem mein heutiger Mann eng verbunden war. Andreas und Anne Löwe, sie wurden wie eine zweite Familie für mich. Andreas Löwe war und ist ein Pferdemann durch und durch, der seinen Mitarbeitern Vertrauen geschenkt hat. Er hat auch oft gefragt, was wir hier auch so auf den Pferden für eine Meinung haben. Er hat uns einbezogen, daher war hier immer ein gutes Klima. Ich vergesse dem Trainer nie, als ich Lips Poison als Pflegepferd bekam, die eine schwierigere Kandidatin war. Meine erste Begegnung mit der Stute war: Ich ging in die Box, sie drehte sich um und hat gezielt getreten, ich flog gefühlte fünf Meter durch die Luft und musste, zum Glück nur mit einer Beckenprellung, ins Krankenhaus. Jetzt erst recht war mein Motto, der Trainer hat sich wohl öfter angeschaut, wie wir ein Team wurden, ich glaube wohl so mit einem Lächeln im Gesicht. Nach zwei Monaten war die Stute bei mir lammfromm, beschlagen werden konnte sie nun auch, aber ich musste am Kopf stehen. Dann war alles paletti.
Was war Ihr emotionalster Erfolg?
Rebecca Danz: Mein emotionalster Sieg war der Erfolg mit einem Pferd, das ich gar nicht geritten habe – Lips Poison in Düsseldorf in den German 1.000 Guineas. Eine schwierige Stute, die Andreas Löwe zur Gruppesiegerin formte, und ich durfte dabei sein. Der Trainer hat mir seit diesem Sieg immer die Ehrenpreise und Hufeisen der Stute geschenkt. Das war mein zweiter Lehrmeister Andreas Löwe. Er hatte immer ein Gespür nicht für die seine Pferde sondern auch für seine Mitarbeiter.
Neue Erfahrungen in Katar
Sie waren auch in Katar aktiv, weshalb?
Rebecca Danz: Ich wäre wohl immer noch bei Andreas Löwe oder seinem Nachfolger Andreas Suborics. Es gab nur im Jahr 2012 ein Angebot nach Katar zu kommen um dort zu reiten. In Baden-Baden hatte ich durch Vermittlung von Marvin Suerland ein kleines Gewicht auf einer Debütantin im Araberrennen zu reiten, die einfach nur lernen sollte. Tja, nur hatten wir dann die Favoriten auf der Linie gestellt, und danach kam das Angebot vom Al Jeryan Stud, nach Katar zu kommen. Lange überlegt hatte ich nicht, viel geht ja aus dem Bauch heraus bei uns Reitern. Und als ich mit Andreas Löwe gesprochen hatte, der mit gratuliert und gesagt hatte: Diese Erfahrung bringt dich weiter, okay, dann mache ich das mal.
Wie hat es Ihnen dort gefallen?
Rebecca Danz: Katar war eine Erfahrung, die ich nicht missen möchte. Alles war neu, viel geholfen hat mir Marvin Suerland, der ja seit Jahren dort ein Fast-Qatari ist. Ich hatte immer viel zu reiten, 50 Kilo brachte keiner in den Sattel, aber ich saß fast immer auf Außenseitern. Mit drei Siegen fiel die Bilanz bescheiden aus, aber ich habe auch in Listen- und Gruppe-Rennen dort geritten. Ich war halt die Rabicca (ja, so habe die das ausgesprochen), und alle wollten irgendwann halt mal die Frau aus Deutschland im Rennsattel haben (lacht). Eine Sache ist bei mir aber ganz an erster Stelle hängen geblieben, ich war die einzige Frau die dort geritten ist, alle Jungs haben mich akzeptiert und sind klasse mit mir umgegangen. Wir hatten eine Jockeykabine für die Damen, ok, das war mein Reich alleine (lacht). Ich denke die wussten, durch das System, ich werde denen nicht gefährlich mit meinen 50 kg Reitgewicht (lacht).
Sie sind anschließend nach Weilerswist gewechselt. Wie war die Zeit dort?
Rebecca Danz: Nach der Saison in Katar ging es an den Stall von Christian von der Recke. Das Grundgewicht in Deutschland wurde gerade bei meiner Rückkehr um zwei Kilo erhöht. So viele Ritte waren es am Stall Recke dann auch nicht mehr, nach fast drei Jahren kam dann bei mir der Wunsch, etwas Neues zu probieren und anzufangen. Auch hier habe ich viel mitgenommen, habe knapp neun Monate die Futtermeisterin vertreten und an einigen Fortbildungen teilgenommen.
Auenquelle-Chance genutzt
Und nun sind Sie schon einige Jahre für das Gestüt Auenquelle tätig, erst für Jens Hirschberger und nun für Marcel Weiß.
Rebecca Danz: Ich muss sagen, mit dem Gestüt Auenquelle und Jens Hirschberger hätte ich niemals gerechnet, ich als Mädel beim Gestüt Auenquelle? Das hatte ich nie auf dem Sender und mich eigentlich ganz woanders beworben. Nach einem Telefonat mit Jens Hirschberger war mir klar, das mache ich. Dieses Vertrauen, das wirkt sich auf einen persönlich aus, dann bekommt man noch ein Pferd wie Molly le Clou im Rennen, an das man im Leben nie gedacht hat, und man gewinnt auch noch. Und das in den Farben, die man sich nie vorstellen konnte. Dieses Pferd habe ich später von Herrn Endres geschenkt bekommen. Ein schöneres Geschenk hätte ich nicht erhalten können.
Erinnerungen an Drax und Air Dream
Was war Ihr schönster Erfolg?
Rebecca Danz: Bei der Frage nach meinem schönsten Sieg, da gibt einige die mir spontan einfallen, nicht nur einen, ich kann diese nicht trennen: Zum einen am 05.06.2011, Baden-Baden, für den Stall Molenhof, Drax (der mit mir den zweiten Sieg bei diesem Meeting einlief), dann am 20.01.2013, Neuss, für Heike Rosenbach, Air Dream (der sich für mich immer die Hacken ablief) und ganz aktuell war Gänsehaut pur angesagt am 18.06.2017, Düsseldorf, für meinen Arbeitgeber Gestüt Auenquelle, Molly le Clou (ein Bild von einem Pferd, und ein tolles Team das mich angefeuert hat). Aber sehr emotional waren auch die Siege mit Very Nice für das Gestüt Winterhauch und mit Kinrara für die Besitzergemeinschaft P.Kelly and friends. Das beste Pferd, das ich in einem Rennen geritten habe, kann ich auch klar beantworten mit: 26.07.2015, Bad Harzburg, Wasir (was für eine Maschine!). Ein Pferd mit dem ich gerne gewonnen hätte war Lady Liberty. Ich wurde nur Zweite beim Debüt, aber ein tolles Pferd, das sich später Black Type geholt hat.
Traum ging in Erfüllung
Sie waren auch Weltmeisterin 2018. Was bedeutete dieser Titel in Abu Dhabi für Sie? Und was sind Ihre Ziele?
Rebecca Danz: Seit Jahren habe ich den Traum und das Ziel, diese Weltmeisterschaft einmal zu gewinnen, denn es gibt bei uns Profi-Amazonen nur diese Rennserie um Weltmeisterin zu werden. Ich war einfach nur überwältigt, diese Rennserien der Ladies World Championship 2018 in Abu Dhabi nach Deutschland geholt zu haben, ein unbeschreibliches Gefühl. Was ich hier erleben durfte, war einzigartig für uns Amazonen im Galopprennsport. Auch der Gewinn der Perlenkette 2019 in Neuss bedeutete mir sehr viel.
Zu meinen Zielen kann ich sagen, ich bin nicht mehr das kleine Mädel, wie ich oft heute noch war genommen werde. Ich denke, ich reite vernünftige Rennen, versuche mich auf jedes Pferd einzustellen. Mit meinem Wechsel zum Gestüt Auenquelle habe ich das für mich Richtige getan. Und in diesem Team zu arbeiten, das gibt Selbstvertrauen und macht mich stolz dazu zu gehören. Ich fühle mich rundum wohl, und ich denke das sieht man auch. Bis heute war ich nie an einem Stall beschäftigt, wo ich viele Ritte bekommen habe, musste um jeden Ritt wirklich kämpfen. Was aber auch verständlich war, ich war bei Andreas Löwe, nun bei meinem Trainer, das sind andere Kaliber im Stall. Trotzdem habe ich dort Ritte bekommen wenn es gepasst hat, also kann ich ja nicht so schlecht sein (lacht). Ich möchte mich für die Zukunft wieder mehr als Leichtgewichtsreiterin in den Focus bringen, und hoffe die Trainer und Besitzer sehen das ich reiten kann, ich brauche halt wie jeder die Pferde dazu.