Galopp+Insider Vanessa Baltromei: „Sirius und ich waren ein Team, das nicht zu ersetzen ist“

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Keiner liebt die Rennpferde so, wie die Menschen, die tagtäglich mit ihnen zu tun haben – die Stallangestellten und ihre speziellen Schützlinge, sie haben eine ganz besondere Verbindung. Wie Vanessa Baltromei, die aus der Kölner Galopp-Familie Baltromei stammt. Vor wenigen Tagen übernahm sie eine neue Aufgabe, als Volontärin in der Sport-Welt-Redaktion in Köln.
Exklusiv im Galopp+Insider auf dem RaceBets-Blog gibt sie einen Einblick in ihre Laufbahn im Rennsport und vor allem ihre Beziehung zu Sirius.

Vanessa Baltromei auf dem Rücken von Sirius.

„Seit klein an dreht sich mein Leben schon um Pferde und den Rennsport. Mit dem Familiennamen „Baltromei“ bleibt einem da auch nicht viel anderes übrig.  Meine Mutter ist damals als Amateur bei Ralf Suerland ab und zu reiten gegangen, dort durften meine Schwester und ich hinterher die Pferde Schritt reiten. Oft bin ich auch mit meinem Vater (arbeitet als Transporteur bei der Firma Harzheim) auf diverse Rennbahnen oder auch Gestüte gefahren.
Als das Schritt reiten dann irgendwann zu langweilig wurde, hatten wir das Glück, dass wir das Rennpony „Sunny Boy“ von der Familie Schiergen mitreiten durften. Irgendwann entstand der Kontakt zu Roland Schierstädt, so dass wir bei ihm auf dem Oranjehof Dressur und Springreiten lernten.
Als ich 12 Jahre alt war, kaufte uns mein Opa das Pony Joy, ich ritt sie schon vorher bei meinem Onkel Dirk auf Schloss Arff und auch meine ersten Ponyrennen. Direkt war klar, dass ich nur Joy haben wollte.
Vanessa Baltromei auf Joy im Ponyrennen.

Während des Hamburger Meetings 2007 halfen meine Schwester und ich Renate Beltermann (damals Reisefuttermeisterin bei Andreas Löwe) die Pferde zu führen und zu putzen. So bin ich dann schließlich zum Stall von Herrn Löwe gekommen, wo ich dann im Januar 2008 angefangen habe zu reiten. Mein erster Canter auf der Bahn war mit Diamond Lips. Im gleichen Jahr habe ich auch mein erstes Ponyrennen auf Joy gewonnen, einen weiteren Erfolg gab es in Hamburg.
2011 durfte ich erfolgreich meine Amateur Prüfung absolvieren und schon ein paar Tage später für den Stall Molenhof in den Rennsattel steigen. Ein Jahr später konnte ich schließlich für die selben Besitzer meinen ersten Sieg auf Nenzo in Düsseldorf feiern.
Meine Wochenenden und Ferien verbrachte ich natürlich nur im Stall bzw. durfte auch viel für Herrn Löwe auf Reisen fahren und bekam von ihm großes Vertrauen, das ich heute noch sehr schätze. Das größte Vertrauen schenkte er mir mit Sirius! Als ich ihn als Zweijährigen das erste Mal geritten habe, war er eine Katastrophe für mich: keine Lenkung, keine Bremse, einfach grausam. Der Trainer sagte zu mir: „Das habe ich mir schon gedacht, deswegen habe ich dich da draufgesetzt.“
Da „die Molenhofer“ so viel für mich gemacht haben, wollte ich Ihnen auch etwas zurück geben. Also einigte ich mich mit dem Trainer, dass ich Sirius vor der Schule reiten durfte und ihm etwas Dressur beibrachte. So kam ich etwa drei Monate lang jeden Morgen um 5 in Stall, habe Sirius und mein anderes Lieblingspferd zu der Zeit (Lips Dancer) geritten, anschließend ging ich zur Schule, bin dann noch zu meinem eigenen Pony gefahren und abends noch zur Fahrschule. Abends habe ich dann immer gut und früh geschlafen (lacht). Dann kamen sowieso die Sommerferien, sodass ich Sirius jeden Tag weiter reiten konnte.
Vanessa Baltromei und Sirius.

2014 begann ich meine Ausbildung bei Herrn Löwe. Für mich war immer klar, wenn ich anfange im Rennsport zu arbeiten, dann nur bei „Löwes“. Auch wenn für mich schon zu Beginn der Lehre klar war, dass ich auf Dauer zu schwer zum Rennen reiten werde, wollte ich es trotzdem unbedingt machen. Denn für mich gab es nichts Schöneres, als morgens aufzuwachen, und ich wusste, ich kann in den Stall zu „meinen Pferden“, die ich über alles liebe. Natürlich den einen oder anderen etwas mehr (beispielsweise Sirius), aber trotzdem habe ich immer danach geschaut, dass es allen Pferden gut ging. Da war mir auch egal, wenn ich oft noch die letzte im Stall war, um mich um Kleinigkeiten wie Pilz, Mauke oder Sonstiges zu kümmern.
Nach der Ausbildung wurde ich dann offiziell Reisefuttermeisterin, eigentlich war ich das auch schon als Amateur und Auszubildende, denn ich bin so gut wie überall hingefahren.
2017 hat dann Andreas Suborics den Stall von Herrn Löwe übernommen, wo ich dann weiterhin neun Monate lang als Reisefuttermeisterin arbeitete.
Vanessa Baltromei und Andreas Löwe mit Evario, nach dessen Sieg unter Alexander Weis am 27.12.2016 Renntag in Dortmund.

Das schönste Erlebnis/Highlight im Rennsport war bzw. ist für mich auf jeden Fall „mein Schnucki“, ich denke so ziemlich jeder weiß, dass damit Sirius gemeint ist. Natürlich mit dem Höhepunkt, dass er 2014 den Großen Preis von Berlin (Gruppe 1) gewann. Das war wirklich der Wahnsinn, ich konnte es gar nicht glauben, ich war am Heulen, am Zittern, aber zugleich der glücklichste Mensch.
Für dieses Pferd habe ich wirklich viereinhalb Jahre alles gemacht. Der Horror war für mich, als ich Anfang 2016 den Arm gebrochen hatte und ich ihn über drei Monate lange nicht reiten konnte. Der erste Weg nach dem Krankenhaus war natürlich erst zu Netto, Äpfel und Möhren kaufen und dann ab zu meinen Pferden. Vor allem zu Baroncello und „Schnucki“, die mich wiehernd begrüßt haben.
Vanessa Baltromei auf ihrem „Schnucki“ Sirius

Seither war ich natürlich wieder jeden Tag im Stall, habe Sirius mit einem Arm geputzt, sogar Hufe auskratzen hat funktioniert. Ich bin mir sicher, dass Sirius jedes Mal für mich gelaufen ist. Ich war vor jedem Rennen unheimlich nervös, habe ihm aber jedes Mal gesagt: „Egal was passiert, bitte komm nur gesund zurück“, das war mich immer das Wichtigste. Ich denke, ich habe alles für Sirius gemacht und er auch für mich. Wir waren einfach ein Team, das nicht zu ersetzen ist!
Seit Oktober habe ich gewissermaßen die Seiten gewechselt und bin Volontärin in der Sport-Welt-Redaktion in Köln, wo auch meine Mutter Katja als Chef vom Dienst beschäftigt ist. Ich freue mich sehr auf diese neue Aufgabe und werde diese mit der selben Leidenschaft in Angriff nehmen wie die Arbeit mit den Pferden.“

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Editorischer Hinweis: Der Großteil der Bilder für diesen Beitrag wurde uns freundlicherweise von Frau Baltromei zur Verfügung gestellt. Wir bedanken uns an dieser Stelle herzlich dafür.

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Michael Hähn
Michael Hähn
Unser Autor Michael Hähn arbeitet als freier Journalist in Baden-Baden. Der Galopprennsport ist seit vielen Jahren sein Metier, und seine Leidenschaft sind Rennveranstaltungen in Deutschland und auf der ganzen Welt.

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