Seit 2020 ist Andrea Höngesberg als Geschäftsführerin für die Geschicke der Rennbahn Düsseldorf verantwortlich.
Exklusiv im Insider-Talk auf dem RaceBets-Blog berichtet sie über ihre Pläne für die Rennbahn in der NRW-Landeshauptstadt.
Sie haben in diesem Jahr die Geschäftsführung in Düsseldorf übernommen. Wie entstand der Kontakt zum Rennsport? Hatten Sie bereits früher die Rennbahn auf dem Grafenberg besucht?
Andrea Höngesberg: Ich besuche die Rennbahn bereits seit meiner Kindheit. Da war ich immer mit meinem Opa und meinen Eltern beim BMW-Renntag auf dem Grafenberg. Dort wurde meine Liebe zu Pferden geweckt, und ich reite seit meinem 8. Lebensjahr. Auch beruflich habe ich bereits in verschiedenen Positionen in der Mediengruppe Rheinische mit dem Rennverein zusammengearbeitet. U.a. habe ich fünf Jahre lang die TV-Sendungen zum Tag der Diana für das regionale Fernsehen produziert.
Was waren Ihre vorherigen beruflichen Stationen? Was reizt Sie besonders an der neuen Herausforderung?
Andrea Höngesberg: Mein beruflicher Fokus lag bislang auf Medienarbeit und Veranstaltungen. Ich war in verschiedenen Unternehmen der Rheinische Post Mediengruppe für die Bereiche Sponsoring, Vertrieb und Marketing zuständig und habe berufsbegleitend BWL mit dem Schwerpunkt Marketing studiert. Zuletzt leitete ich den Bereich „Gesellschaft“ im Content Marketing, wo mehrere Magazine produziert und viele Events durchgeführt werden.
Schönstes Erlebnis mit Udo Lindenberg und Günter Netzer
Welche Erfahrungen aus anderen Bereichen helfen Ihnen bei ihrer aktuellen Arbeit? Wie wollen Sie den Rennsport in Düsseldorf noch populärer machen, wenn wieder Zuschauer zugelassen sind?
Andrea Höngesberg: Bislang ging es in meinem Job immer darum, den Menschen besondere Erlebnisse zu verschaffen und darüber „Geschichten“ zu erzählen. Mein schönstes berufliches Erlebnis war eine große Gala mit Preisverleihung und der gesamten gehobenen Düsseldorfer Gesellschaft. Als am Ende Stargast Udo Lindenberg nicht nur Laudator Günter Netzer, sondern auch unseren Oberbürgermeister und alle weiteren Gäste von IHK-Präsident bis zum bekannten Künstler begeistert von den Stühlen gerissen hatte und die Begeisterung in den Gesichtern zu sehen war, wusste ich, dass wir einen sehr guten Job gemacht hatten.
Genau das ist auch die Aufgabe auf der Rennbahn: Erlebnisse schaffen, an die sich die Menschen erinnern. Das kann z.B. über ein individuelles Event-Konzept geschehen, das jedem Renntag einen besonderen Touch gibt. Zum Beispiel einen herrlichen Frühjahrs-Markt bei der Kalkmann-Frühjahrs-Meile oder ergänzenden Modenschauen beim Königsallee-Renntag. Sportlich ist das Niveau mit vier Gruppe-Rennen schon sehr gut – ich möchte das Drumherum attraktiver gestalten.
Ein erster Schritt dazu ist mit der Verpflichtung eines neuen Gastronomie-Partners gelungen. Auch der Gastronom macht durch Corona gerade schwere Zeiten durch, gibt aber mit dem neu eröffneten Biergarten schon einen Ausblick auf sein hervorragendes Leistungsvermögen. Er hat nicht nur das Speisen-Angebot überarbeitet, sondern auch die Aufenthaltsbereiche modernisiert und schöner gestaltet.
Renntags-Feeling nach Hause transportieren
Der Henkel – Preis der Diana wird in diesem Jahr weitgehend ohne Besucher auskommen müssen. Worauf können sich die Fans dennoch freuen? Was sind die weiteren Highlights im Rest der Saison 2020?
Andrea Höngesberg: Die Fans können sich natürlich auf die tollen Live-Übertragungen der Rennen freuen, auch beim Henkel-Renntag. An diesem Tag haben wir neben dem Preis der Diana (Gr. I) noch die Meilen-Trophy (Gr. III) und zusätzlich ein Auktionsrennen. Mit einem virtuellen Hut-Contest mit unserem Partner Henkel und dessen Marke Schwarzkopf wollen wir etwas von dem Renntags-Feeling nach Hause transportieren.
Und wir hoffen natürlich, dass wir wenigstens unser zweites großes Jubiläum des Jahres mit Zuschauern feiern können. Denn wenn schon die 100. German 1000 Guineas (Gr. II) am 21.6. vor leeren Rängen stattfinden mussten, wäre es toll, den 100. Renntag der Landeshauptstadt Düsseldorf (Gr. III) am 4.10. wieder gemeinsam feiern zu können.
Für die Düsseldorfer gibt es in diesem Jahr eine ganz besondere Premiere: Den Heimatsommer. Da viele Familien nicht in Urlaub fahren können, wird es auf der Rennbahn in den Sommerferien an fast allen Tagen Programm geben. Angedacht sind dort beispielsweise frühe Yogastunden, ein Kinderprogramm, Open Air Kino und Konzerte. Auf der Wiese vor dem Geläuf wird es dafür eine kleine Bühne und eine LED-Wand geben.
Wie ist die aktuelle Sponsorensituation? Wie wichtig ist die Unterstützung durch Henkel?
Andrea Höngesberg: Die Unterstützung durch Henkel ist für uns von sehr großer Bedeutung! Sie ermöglicht es uns, wenigstens für den Preis der Diana den vollen Rennpreis zahlen zu können. Aber auch andere Partner stehen an unserer Seite, wenn auch in sehr unterschiedlicher Größenordnung. Jeder tut, was er kann. Man kann die Zurückhaltung auch verstehen, da viele unserer Partner, z.B. aus der Automobil-Industrie oder dem Einzelhandel, selbst sehr stark von der Krise betroffen sind. Die Sponsorings helfen uns aktuell die Fixkosten zu decken und die Pflege der Anlage und des Trainingsbetriebs aufrecht zu erhalten. Besonderer Dank geht auch an RaceBets, die uns nicht nur durch den Provisionsverzicht, sondern auch durch eine direkte Unterstützung ermöglichen, den Rennbetrieb durchzuführen. Da die Rennvereine als Vereine keine großen Rücklagen bilden können, haben sie kein Polster, um die Situation lange durchzuhalten.
Wie sind die Aufgaben in Ihrem Team aufgeteilt? Wie sehr schätzen Sie persönlich die Zusammenarbeit mit Albrecht Woeste und Peter-Michael Endres?
Andrea Höngesberg: Unser Team besteht aus einem siebenköpfigen Vorstand, vier Mitarbeitern im Büro und vier Mitarbeitern für die Pflege der Anlage. Unser Rennbahnverwalter Frederic Böhm ist Jahrgang 1983, ich 1984. Wir sind beide hoch motiviert – aber auch sehr froh, dass wir so erfahrene Persönlichkeiten an unserer Seite haben. Herr Endres und Herr Woeste engagieren sich sehr stark für den gesamten Rennsport. Neben den beeindruckenden Biografien der beiden ist das Know-How einfach gigantisch.
Seit Ende letzten Jahres ist ja zudem Klaus Allofs neu im Vorstand. Als erfahrener Sport-Manager bringt er nochmal eine andere Perspektive ein, von der der gesamte Verein sehr profitiert. Und Christoph Holschbach steht für eine neue Generation von Pferdesport-Leuten und bringt neue Impulse ein. Vervollständigt wird der Vorstand durch Norbert Böhm, der das Wettgeschäft betreut, Stefan Hamelmann, der sich um Gebäude und Anlage kümmert, und Dr. Gregor Bender, der uns juristisch berät. Insgesamt eine tolle Mischung für die Zukunft des Düsseldorfer Reiter- und Rennvereins!
Neue Medien sind der Schlüssel für neue Zielgruppen
Welche Rolle spielen für den Reiter- und Rennverein die neuen Medien? Wie erreichen Sie neue Zielgruppen?
Andrea Höngesberg: Neue Medien sind für uns ein Schlüssel zum Erreichen neuer Zielgruppen. Man darf dabei nur nicht seine treuen Stammgäste aus den Augen verlieren. Die Herausforderung ist, dass die Kanäle immer vielfältiger werden. Man muss sowohl die klassischen Wege wie Tageszeitung und Radio bedienen, als auch diverse Online-Angebote.
Aber gerade auch Kooperationen sind in meinen Augen ein wichtiger Schlüssel zur Ansprache neuer Zielgruppen. Über eine neue Kooperation mit der Sportstadt Düsseldorf erreichen wir sportbegeisterte Menschen in unserer Stadt. Auf deren Portalen wurde beispielsweise die Übertragung bei den letzten beiden Renntagen als „Livestream der Woche“ vorgestellt. Als zweite Kernzielgruppe haben wir die Lifestyle-Orientierten definiert, die das Gesamterlebnis mit Unterhaltung, guter Gastronomie und einem gewissen Flair suchen. Diese erreichen wir über Kooperationen mit ausgesuchten lokalen Influencern wie Mr. Düsseldorf. Der dritte wichtige Bereich sind die jungen Familien. Für diese bieten wir auch außerhalb der Renntage Aktionen wie den Jockey-Kindergeburtstag oder ein Kita-Sozialprojekt an. Großartig sind natürlich Aktionen wie der schon erwähnte Heimatsommer. Auch das ist ein Marketing-Tool, mit dem wir uns in die Köpfe der Menschen bringen.
Der Umbau unserer Homepage und des Ticket-Shops ist dabei ein wichtiges Projekt für dieses Jahr, um die erreichten Kontakte dann auch angemessen bedienen zu können.
Viele neue Ideen
Welche Pläne haben Sie bereits für 2021? Mit welchen anderen Sportvereinen arbeiten Sie zusammen, und wie?
Andrea Höngesberg: Aktuell schweben ja viele Fragezeichen über allem – von daher ist es schwierig, konkrete Pläne vorstellen zu können. Die Frage ist ja neben den künftigen Infektionszahlen und Auflagen, wie sich das Geschäft unserer Sponsoren und damit deren Möglichkeiten entwickeln. Aber es gibt natürlich viele Themen, die wir vorbereiten und dann umsetzen können, sobald wir die Möglichkeit haben.
Wir würden z.B. gerne wieder einen After-Work-Renntag umsetzen, am liebsten rund um die Mittsommernacht. Zudem soll das Rahmenprogramm der Renntage, wie zuvor beschrieben, individualisiert und durch Live-Musik nach den Rennen, etc. aufgepeppt werden. Zudem gibt es neben den bestehenden Events die Überlegung einer Reitsport-Messe auf unserem Gelände. Es wäre natürlich toll, wenn wir in 2021 durchstarten könnten.
Fortuna Düsseldorf ist bei der Zusammenarbeit mit anderen Sportvereinen absolut hervorzuheben. Der Fortuna-Düsseldorf-Renntag ist immer ein toller Saisonauftakt, der ja dieses Jahr leider ausfallen musste. Zudem gibt es bei uns ja den Rennstall Fortuna 95 mit dem Pferd Pick’s Flight, das von Sascha Smrczek trainiert wird. Die Besitzergemeinschaft dieses Rennstalls und wir überlegen gerade, wenigstens den Kindern des Fortuna-Kids-Club einen schönen Tag bei uns zu ermöglichen – mit Ponyreiten und anderen Aktivitäten sowie Treffen mit Jockey „Encki“ Ganbat und einem Fortuna-Spieler. Eine neue Kooperation gibt es mit einer neuen Sportart, dem Cross-Biken. Es wird im Herbst voraussichtlich einen Cross-Bike-Wettbewerb auf unserem Gelände geben inklusive Fahrt auf unserer Jagdbahn. Und natürlich arbeiten wir eng mit dem Golf-Forum Grafenberg zusammen.
Einladung an den Schiergen-Stall
Waren Sie auch auf anderen Rennbahnen oder bei anderen Sportereignissen unterwegs (als das vor der Pandemie möglich war) und welche hilfreichen Erkenntnisse haben Sie dabei gesammelt?
Andrea Höngesberg: Ich habe bereits im vergangenen Jahr die Rennbahn in Köln und im Februar in Dortmund besucht. Besonders wichtig war mir dabei, die handelnden Personen vor Ort kennen zu lernen. Seitdem bin ich regelmäßig mit Philipp Hein und Andreas Tiedtke im Austausch. Ganz besonders freue ich mich über eine Einladung der Familie Schiergen in den Rennstall Asterblüte, der ich nach den Lockerungen jetzt schnellstmöglich nachkommen möchte.
Die Equitana in Essen und das CHIO in Aachen habe ich bereits häufig privat besucht, diesmal aber einen besonderen Blick auf die Stände des Deutschen Galopp geworfen und mich auch einmal auf das elektronische Rennpferd geschwungen.
Mir ist bei den Besuchen deutlich geworden, dass jede Veranstaltung und jede Location ihren eigenen Charakter haben. Dieser sollte herausgearbeitet werden. Auf den Rennbahnen in Köln und Dortmund haben mir besonders die überdachten Tische mit Blick aufs Geläuf gefallen. So etwas haben wir leider in Düsseldorf nicht, da die Tribünen beide anders konstruiert sind. Aufgrund der Lage im Naturschutzgebiet ist zudem das Errichten zusätzlicher Zelte oder Bauten sehr schwierig. Hier müssen wir kreative Lösungen finden, um das Hospitality-Angebot zu erweitern. Der Charme der Düsseldorfer Bahn liegt ja gerade in der herrlichen Lage im Grünen.
Hoffnung auf gute Umsätze
Ihre Wünsche für 2020 und die Zukunft der Rennen in Düsseldorf?
Andrea Höngesberg: Zunächst mal wünsche ich mir, dass alle Menschen in meinem Umfeld gesund bleiben und schnell eine medizinische Antwort auf das Coronavirus gefunden wird. Beruflich wünsche ich mir, dass die positive Stimmung der ersten Renntage weiter aufrechterhalten werden kann. Bei uns stehen mit dem Henkel-Renntag die wirklichen wirtschaftlichen Herausforderungen noch bevor. Ich hoffe, dass die Umsätze weiter auf einem hohen Niveau bleiben und die Löcher durch die Gruppe-Renntage nicht zu groß werden. Viele unserer Vorhaben und geplanten Investitionen mussten wir stoppen und ich hoffe, dass wir so stabil bleiben, unsere Rolle im Rennsport dauerhaft erfüllen zu können.
Was machen Sie In Ihrer Freizeit?
Andrea Höngesberg: Meine Freizeit verbringe ich meist mit meinem Pferd Gino im Wald oder auf dem Reitplatz. Er liebt Springen – im Gelände und über Stangen. Leider dürfen wir das nach einem Sehnenschaden nur noch eingeschränkt. Dafür hat uns aktuell der Ehrgeiz in der Dressur gepackt.
Mein Lebensgefährte war Chef der Wassersportmesse Boot und vom dann Geschäftsführer vom Deutschen Segler-Verband. Daher sind wir häufig auf dem Wasser unterwegs: Segeln auf dem Unterbacher See oder Motorboot- und Wasserski-Fahren auf dem Rhein. Einmal im Jahr steht Tauch-Urlaub in Ägypten auf dem Programm.
Und dann engagiere ich mich noch in einigen lokalen Netzwerken. Vergangenes Jahr habe ich mit einigen Bekannten unter dem Label Creative Hive ein branchenübergreifendes Netzwerk für junge aufstrebende Frauen gegründet. Es wird also nicht langweilig.