Insider-Talk mit Bohumil Nedorostek: „Wir werden dieses Jahr viel Spaß haben“

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22 Siege, darunter die grandiose Serie mit der Top-Stute Jin Jin, und inzwischen über 50 Pferde im Stall: Bohumil Nedorostek hat einen steilen Aufstieg als Trainer in Hannover hinter sich. Auch in dieser Saison möchte der 48-jährige für Furore sorgen. In unserem exklusiven Insider-Talk auf dem RaceBets-Blog berichtet er über seine Ambitionen.

Sie waren im vergangenen Jahr Elfter der Statistik und brachte 22 Siege auf Ihr Konto. Wie fällt Ihre Bilanz der letzten Saison aus, die ja durch Corona stark eingeschränkt war?

Bohumil Nedorostek:  Die letzte Saison war für uns sehr erfolgreich, auch wenn wir durch Corona Einschränkungen hatten. Manche Pferde sind später gekommen als vorgesehen, einige blieben sogar auf der Koppel. Wir haben mehrere Listenrennen gewonnen und sehr gute Platzierungen in Grupperennen geschafft. Jin Jin hat zum Beispiel zwei Listen-Prüfungen und ein Gruppe III-Rennen in Frankreich an sich gebracht. Sie hat bei all ihren drei Starts 2020 gewonnen. Apadanah hat ein Listenrennen gewonnen und war in einem französischen Grupperennen platziert. Zargun war Zweiter im Gruppe III-Rennen. Mit Vivienne Wells haben wir einen klassischen Sieg im Tschechischen St. Leger geholt, außerdem war sie Zweite im Tschechischen und Slowakischen Derby sowie in den Oaks in Tschechien. Das war eine Super-Saison. Die gute Arbeit von meinem Team hat sich ausgezahlt.

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Aus dem Nichts zur Gruppesiegerin

Ihr Aushängeschild Jin Jin hat trotz der großen Serie den Stall gewechselt. Wie kam es dazu? Und wie gehen Sie mit solch einem Schritt um?

Bohumil Nedorostek: Natürlich ist es sehr schade, dass Jin Jin unseren Stall verlassen hat. Ich habe sie von Anfang an gehabt und kenne sie voll und ganz. Wir haben mit ihr alles erreicht vom Sieg im Ausgleich IV bis zum Erfolg im Grupperennen gegen Gruppe I-Sieger. Das tut einem schon weh, aber leider sind unsere Konzepte im Management mit denen der Besitzerin auseinandergegangen. Deshalb haben wir uns getrennt, aber ich werde Jin Jin nie vergessen. Es war ein tolles Erlebnis, solch ein Pferd aus dem Nichts so zu formen, auch dass sie ihre weiße Weste behalten hat, war toll. Ich glaube, wir haben mit ihr alles richtig gemacht. Darüber bin ich sehr glücklich.

Jin Jin mit Maxim Pecheur und Bohumil Nedorostek
Jin Jin mit Maxim Pecheur und Bohumil Nedorostek, 18.08.2019, Hannover, Foto: Galoppfoto

Hoffnungen u.a. in Parol

Sind Nachfolger der Klassestute in Sicht? Auf welche Pferde setzen Sie für 2021 die größten Hoffnungen?

Bohumil Nedorostek:  Jin Jin war ein Ausnahmepferd, aber ich habe sehr viele gute Pferde im Stall, zum Beispiel Domstürmer, Lommerzheim, der ein sehr später Pferd ist und noch nichts gezeigt hat, und Tangut, auf die ich weiter Hoffnung habe. Hinzu kommen einige Dreijährige, die gerade erst debütiert haben, wie Empty Sky, die gut gelaufen ist. Parol hat gleich beim Jahresdebüt sehr gut gewonnen. Ich glaube, das ist ein sehr guter Handicapper bis zur oberen Klasse. Und ich habe einige Zweijährige, von denen ich sehr viel halte, wie den Halbbruder von Torquator Tasso, Tünnes, und auch Emirates, eine rechte Schwester von Emoji. Ich bin sehr zufrieden, dass ich für 2021 solche Pferde zur Verfügung habe. Ich glaube, wir werden dieses Jahr noch Spaß haben.

Auch Darius Racing, Bernd Dietel und Holger Renz, und damit prominente Namen, zählen inzwischen zu Ihren Besitzern. Was glauben Sie, schätzen die Besitzer am meisten an Ihnen? Was sind Ihre großen Stärken oder Prinzipien, auf die Sie besonderen Wert legen?

Domstürmer mit Maxim Pecheur, Besitzer Holger Renz (links) und Bohumil Nedorostek
Domstürmer mit Maxim Pecheur, Besitzer Holger Renz (links) und Bohumil Nedorostek, 16.05.2021, Hannover, Foto: Galoppfoto

Bohumil Nedorostek:  Ich bin sehr glücklich, dass ich neue, große Besitzer willkommen heißen kann, wie Darius Racing, Holger Renz oder Bernd Dietel. Das ist eine Bestätigung, dass wir etwas richtig machen. Ich glaube, sie schätzen an mir, dass ich sehr ehrlich bin, was das Training und die Pferde angeht und versuche, mein Bestes zu geben. Wir haben ein gutes Team und verhalten uns so, als wären das unsere eigenen Pferde. Wichtig ist, dass man miteinander offen und vernünftig spricht, dann kommt man auch zu einem guten Ergebnis und zu einem guten Verhältnis untereinander.

Tolle Bedingungen in Hannover

Aus Hannover kamen in den letzten Jahren viele Sieger bedeutender Rennen. Was sind die Gründe? Wie ist das Arbeiten auf der Neuen Bult?

Bohumil Nedorostek:  Für mich ist Hannover eine der besten Trainingsanlagen in Deutschland. Wir haben Top-Bedingungen, drei Trainingsbahnen, eine kleine Bahn, auf der man die Pferde vernünftig aufwärmen kann, und eine große Bahn sowie eine Arbeitsgrasbahn. Das wird das ganze Jahr über betreut und ist in Top-Zustand. Wenn man so gute Möglichkeiten hat, sind die Pferde auch hundertprozentig vorbereitet.

Bohumil Nedorostek bei der Morgenarbeit umringt von Pferden und Reitern
Bohumil Nedorostek bei der Morgenarbeit umringt von Pferden und Reitern, 19.09.2020, Hannover, Foto: Galoppfoto

Auf welchen Bahnen sind Sie besonders gerne aktiv? Welche Rennen würden Sie besonders gerne einmal gewinnen?

Bohumil Nedorostek:  Ich fahre überall gerne hin, da verschiedene Bahnen zu verschiedenen Arten von Pferden passen. Ich bin natürlich sehr gerne in Hannover dabei, und ich fahre gerne nach Düsseldorf, Köln, Hoppegarten, Baden-Baden und Magdeburg oder Bad Harzburg, das gehört alles dazu. Das sind unterschiedliche Veranstaltungen, auf kleinen Bahnen ist das sehr familiär. Auch das gefällt mir. Ich bin froh, dass wir noch so viele aktive Bahnen haben. Es ist sicher nicht so einfach in diesen schwierigen Zeiten für manche Rennvereine.

Gerne würde ich irgendwann einmal das Deutsche Derby gewinnen oder den Großen Preis von Baden. Ein Traum für jeden Trainer ist der Arc.

Schwierige Situation in Tschechien

Haben Sie noch Kontakt in Ihre frühere Heimat Tschechien? Wie ist dort die aktuelle Situation im Rennsport?

Bohumil Nedorostek:  Ja, natürlich, meine Eltern und meine Geschwister leben in Tschechien. Ich war im letzten Jahr in Tschechien auch aktiv, zum Beispiel in einem Listenrennen in Most und in den Oaks und im Derby sowie im St. Leger. Ich habe gute Beziehungen zu Tschechien, weil das meine Heimat ist, auch mehrere Freunde wohnen dort. Ich fahre immer gerne hin. Die aktuelle Situation im Rennsport dort  ist sehr schwierig.  Das wird sich dieses Jahr nicht ändern. Aber Hut ab, dass man versucht hat, die klassischen Rennen zu organisieren. Das ist gelungen. Ich wünsche den Verantwortlichen weiter Hals und Bein.

Vivienne Wells mit Alexander Pietsch und Bohumil Nedorostek (recht)
Vivienne Wells mit Alexander Pietsch und Bohumil Nedorostek (recht), 21.11.2020, 75. Czech St. Leger, Prag, Foto: Galoppfoto

Sie waren früher Hindernisjockey, aber diese Art von Rennen gibt es in Deutschland kaum mehr. Sehen Sie dafür noch eine Zukunft?

Bohumil Nedorostek:  Der Hindernissport hat mir viel Spaß gemacht. Ich finde es schade, dass es diese große Tradition fast nicht mehr gibt in Deutschland. Ich glaube auch nicht, dass sich das erholen wird. Er dürfte wohl auslaufen. Wir haben wenig Trainer, die Hindernispferde trainieren und auch kaum Jockeys dafür.

Wie sieht ein typischer Tagesablauf für Sie aus?

Bohumil Nedorostek:  Um 4:30 Uhr stehe ich auf, fahre um 5 Uhr zum Stall, wo ich um kurz vor 5:30 Uhr ankomme. Dann wird die Lot-Tafel gemacht und mit meinem Team gesprochen, was unser Tagesplan ist. Auch zwischendurch besprechen wir immer wieder, was wir mit den Pferden machen. Um 13 Uhr bis 13:30 Uhr fahre ich nach Hause. Dann gibt es Mittagessen, und ich ruhe ich etwas aus. Danach suche ich Nennungen, führe Telefonate mit Besitzern. Manchmal fahre ich nochmals zum Stall. Da bleibt nicht mehr viel vom Tag übrig.

Wo würden Sie gerne einen Urlaub verbringen? Was machen Sie in Ihrer Freizeit?

Bohumil Nedorostek: Meistens mache ich Urlaub nach der Saison. Ich genieße aber die Meetings in Baden-Baden oder Bad Harzburg. Das ist fast wie Urlaub. Ich liebe Entspannen in den Bergen, gut essen, schöne Natur. Wenn ich Zeit habe, treffe ich mich gerne mit Freunden oder gehe spazieren, aber leider habe ich nicht viel Zeit dafür.

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Michael Hähn
Michael Hähn
Unser Autor Michael Hähn arbeitet als freier Journalist in Baden-Baden. Der Galopprennsport ist seit vielen Jahren sein Metier, und seine Leidenschaft sind Rennveranstaltungen in Deutschland und auf der ganzen Welt.

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