Im Januar 2021 schlug ihre ganz große Stunde. Janina Reese, zuvor bereits über Jahre hinweg die rechte Hand von Erfolgstrainer Hans-Jürgen Gröschel, übernahm die Regie an dem Top-Rennstall auf der Neuen Bult in Hannover. Ihre erste Saison hat sich sehr gut angelassen mit bisher zwölf Erfolgen. Exklusiv im Insider-Talk auf dem RaceBets-Blog erzählt die Jungtrainerin, was ihr Erfolgsrezept ist und wie alles angefangen hat.
Wie zufrieden sind Sie bisher mit Ihrer ersten Saison als Trainerin? Was waren die bisherigen Highlights?
Janina Reese: Ich bin sehr zufrieden mit dem Start in das Trainerdasein. Bisher haben wir 13 Siege erreicht, darunter drei Doppelsieger, das freut mich natürlich sehr. Meine Highlights sind zum einen der Dianastart von India. Es war schon etwas Besonderes, sich als kleine Trainerin im ersten Jahr mit der Stute zu qualifizieren und dabei gewesen sein zu dürfen. Zweitens der erste Sieg meiner Auszubildenden Sarah Winkeler. Sie hat viel Talent und ist auch in der täglichen Arbeit sehr engagiert und fleißig. Ich hoffe, dass wir noch viele gemeinsame Siege feiern können. Und drittens Adaris‘ Sieg im Ausgleich II in Baden Baden, zwar wurde dieser am grünen Tisch gewonnen, das macht die Freude aber nicht weniger groß.
Komplett anderes Gefühl als Trainerin
Wie hoch war der Erfolgsdruck zu Beginn, denn Sie haben ja ein florierendes Unternehmen übernommen? Wie haben die Besitzer Ihre Arbeit bisher unterstützt?
Janina Reese: Ich habe von Herrn Gröschel einen treuen und guten Besitzerstamm übernehmen dürfen, wofür ich sehr ihm sehr dankbar bin. Dadurch, dass ich schon lange im Stall von Herrn Gröschel tätig war, war ich den Besitzern schon bekannt, das erleichterte die Situation natürlich. Besondere Unterstützung während bzw. seit der Übernahme erhalte ich von Friedrich von Lenthe, worüber ich sehr glücklich und dankbar bin. Aber auch alle anderen Besitzer unterstützen mich sehr, schon alleine indem sie mir ihr Vertrauen schenken und ihre Pferde auch nach dem Wechsel im Stall gelassen haben.
Der Druck war schon irgendwie da, aber wahrscheinlich eher von mir selbst als von den Besitzern. Natürlich hatte ich meine Zweifel, ob ich die Pferde gut und genügend auf die ersten Rennen vorbereitet habe, als ich dieses nun das erste Mal selbst in der Hand hatte. Vor den ersten Startern war ich schon sehr aufgeregt. Zwar bin ich schon lange dabei, aber als Trainerin ist es ein komplett neues Gefühl gewesen.
Schon mit zwei Jahren hat alles angefangen
Wie hat bei Ihnen die Leidenschaft für die Pferde begonnen? Hat Ihre Familie dabei eine Rolle gespielt? Wie verlief Ihre Laufbahn als Reiterin?
Janina Reese: Meine Leidenschaft für Pferde begann schon ganz früh. Schon als ich zwei Jahre alt war, wollte ich auf dem Hof nebenan immer Pferde streicheln. Meine Familie hat eigentlich nichts mit Pferden zu tun, aber sie unterstützen mich in allem, was ich tue. Unser Vermieter besaß Kaltblüter, um diese durfte ich mich um sie kümmern. Irgendwann wollte ich aber „richtig“ reiten, so bekam ich von meinen Eltern zum 10. Geburtstag Reitstunden geschenkt. Von diesem Tag an ging es mit der Reiterei richtig los. Mit 13 Jahren wechselte ich vom englischen Reiten zum Westernreiten und kam relativ schnell durch einen Zufall dann zu meinem eigenen Pferd, die auch noch heute bei mir ist. Ich bin dann viele Turniere geritten und war sogar auf der deutschen Meisterschaft recht erfolgreich.
Mit 17 Jahren erfuhr ich durch eine Bekannte, dass auf der Rennbahn Aushilfen zur Pferdepflege gesucht werden. Das passte mir gut, da ich gerade auf der Suche nach einem Nebenjob war. So kam ich zum Stall von Otto-Werner Seiler. Dort begann ich dann auch zu reiten. Natürlich ist es etwas komplett anderes gewesen, als das, was ich bisher kannte. Aber es hat mir Spaß gemacht. So erwarb ich zuerst meine Amateurlizenz und begann später dann die Ausbildung bei ihm. Herr Seiler hat mich sehr viel unterstützt, und so durfte ich auch einige tolle Siege erleben. Im Jahr 2008 wechselte ich dann zu Herrn Gröschel.
Welche Faszination geht für Sie von diesem Metier aus? Könnten Sie sich auch einen ganz anderen Job vorstellen?
Janina Reese: Ich liebe Pferde und die Arbeit mit ihnen. Die Entwicklung der Pferde mitzuerleben und selbst zu gestalten ist für mich einfach toll. Die Pferde haben, genau wie wir, ihren ganz eigenen Charakter, es bereitet mir Freude mich auf diesen einzustellen und auch so gut wie möglich daraufhin individuell mit ihnen zu arbeiten. Auch die Emotionen, die man im Rennsport erleben darf, sind einfach unbeschreiblich. Tatsächlich habe ich einen anderen Beruf ausprobiert.
Ich habe ab 2011 mein Abitur nachgeholt und dann Business Administration dual studiert. Die Arbeit im Büro hätte mich auf Dauer nicht glücklich gemacht. Es war gut und richtig, dass ich es gemacht habe, denn dadurch habe ich noch mehr gemerkt, dass Pferde meine Leidenschaft sind und mich die Arbeit mit ihnen erfüllt. Natürlich habe ich auch viele Dinge gelernt, die mir in meiner neuen Selbständigkeit sehr nützlich sind.
Bei der BBAG-Auktion waren Sie auch sehr aktiv. Was können Sie darüber berichten?
Janina Reese: Sehr aktiv nicht unbedingt. Wir haben uns einige Pferde angeschaut, vor allem hat uns der erste Nachkomme von Iquitos interessiert. Ich konnte neue Kontakte knüpfen und die Jährlinge anzuschauen ist sehr interessant. Gerade im Hinblick auf ihre unterschiedlichen Entwicklungsstände.
Silyana und India sind die dreijährigen Hoffnungsträger
Welche Pferde sind die Hoffnungsträger für die Zukunft? Welches Rennen würden Sie gerne einmal gewinnen?
Janina Reese: Es gibt einige Pferde, die vielversprechend sind. Darunter sind Silyana und India bei den Dreijährigen. Auch Freischütz, Philaron und La Primera machen auf mich einen tollen Eindruck für das nächste Jahr. Natürlich würde jeder Trainer gerne das Derby oder den Preis der Diana gewinnen, aber das ist wohl utopisch. Über einen Listensieg würde ich mich in näherer Zukunft sehr freuen.
Wohl der Pferde hat oberste Priorität
Was sind Ihre Grundprinzipien oder Erfolgsrezepte bei der Vorbereitung der Pferde?
Janina Reese: Für mich hat das Wohl der Pferde oberste Priorität, das würde ich nicht als Erfolgsrezept bezeichnen, denn das sollte eine Selbstverständlichkeit sein. In meinen Augen kann ein Pferd nur Höchstleistungen bringen, wenn es sich wohl und gut fühlt. Ich versuche, die Pferde in der Arbeit schonend aufzubauen, sie dabei zu fordern, aber nicht zu überfordern. Ich möchte, dass sie Spaß an ihrer Arbeit haben. Wichtig ist mir auch, dass sich mit den Pferden beschäftigt wird, wie beispielsweise nach der Arbeit grasen zu gehen oder geführt zu werden. Ich bin kein Fan davon, die Pferde viel in der Führmaschine gehen zu lassen. Des Weiteren lege ich großen Wert auf die tägliche Pflege der Pferde, dass sie ordentlich geputzt und ausreichend beschäftigt werden.
Wie sind aus Ihrer Sicht die Trainingsmöglichkeiten in Hannover?
Janina Reese: Die Trainingsmöglichkeiten in Hannover sind sehr gut. Die Trainingsbahnen, sowohl die Sand- als auch die Grasbahn werden super gepflegt. Das spiegelt auch der Zustand des Geläufs an den Renntagen wider. Die Mitarbeiter sind sehr engagiert und machen einen Super-Job. Sollte man Fragen oder ein besonderes Anliegen haben, wird es so gut es geht möglich gemacht. Es werden demnächst auch Paddocks gebaut, so dass den Pferden auch ein täglicher, freier Auslauf gewährt werden kann. Darauf freue ich mich sehr.
Was machen Sie in Ihrer Freizeit?
Janina Reese: Ich arbeite voll im Stall mit, und auch die Büroarbeit mache ich selbst. Ebenso die Rennen für die Pferde auszusuchen und die Gespräche mit Besitzern nehmen einige Zeit in Anspruch, so dass ich nicht wirklich viel Freizeit habe. Aber da ich meinen Job sehr gerne mache, sehe ich das nicht als Problem an. Wenn ich Freizeit habe, verbringe ich sie gerne mit meinen Freunden oder meiner Familie. Natürlich spielen auch unsere drei Hunde eine wichtige Rolle, mit denen ich gerne eine entspannte Runde im Wald spazieren gehe.