Ihr Herz gehört seit frühester Jugend den Rennpferden. Mit ihrem Trainings- und RehaZentrum „Horse Racing & Care“ hat sich Karin Schwarz auf das Pretraining sowie die Rehabilitation von Rennpferden spezialisiert. Exklusiv im Insider-Talk auf dem RaceBets-Blog erzählt sie über ihre Tätigkeit.
Wie ist Ihre ganz persönliche Verbindung zu den Rennpferden entstanden?
Karin Schwarz: Ich war schon seit Kindesbeinen an mit dem Pferdevirus infiziert und habe den größten Teil meiner Freizeit im Stall bei den Pferden verbracht. Beim Spaziergang mit meinem Hund kam der Kontakt zu Manfred Weber zustande, der damals auf dem Triebscheider Hof in St. Ingbert ansässig war. Ich kam an seiner Trainingsbahn, die mitten im Wald gelegen war, vorbei und zufällig war gerade ein Lot beim Training. Ich habe die Gelegenheit beim Schopf gepackt und Herrn Weber angesprochen und er hat mir angeboten, bei ihm einmal Rennstallluft zu schnuppern. Nichts lieber als das, mit dem Ergebnis, dass mich die Arbeit mit den Rennpferden begeistert hat und ich bei Herrn Weber von der Pike auf alles Wichtige lernen konnte.
Größter Sieg mit Manisa in Baden-Baden
Sie hatten auch stets eigene Pferde, die Rennen bestritten haben. Was waren Ihre bisherigen Favoriten?
Karin Schwarz: Meine Favoriten mit unseren eigenen Rennpferden waren Fairyness, eine Auenqueller Acatenango-Stute, aus der wir zwei tolle Fohlen gezüchtet haben. Dann Regal Society, den wir aus dem Stall von Uwe Stoltefuß bekamen und der mit 26 Jahren immer noch topfit als Ruhepol für die Jungpferde agiert. Mit Alpha Salsa haben wir eine Stute vom Gestüt Ittlingen, die für uns zwei Siege und zahlreiche Platzierungen errungen hat.Auch sie hat uns zwei gesunde Fohlen gebracht, die in der Vielseitigkeit unterwegs sind. Sie genießt mit 22 Jahren ihren Ruhestand bei uns.
Außerdem konnten wir mit Anna Rosa zwei Siege in Mannheim und Baden-Baden erringen, auch sie verbringt ihren Ruhestand weiter bei uns. Den größten Treffer allerdings haben wir mit unserer Stute Manisa gelandet, ein Sieg in Baden-Baden im Ausgleich II konnte ausgiebig gefeiert werden. Leider ist Manisa 2017 an einer Kolik eingegangen, was für uns immer noch ein sehr schmerzlicher Verlust ist. Aus der Zucht von Fr. Dr. Dr. Otto waren wir aktiv mit Wadim, ein prominenter Verwandter zu ihm ist Wildfang, der in den Rennen immer alles gegeben hat, aber mit gesundheitlichen Schwachstellen zu kämpfen hatte. Auch er genießt mittlerweile wieder gesund und topfit seine Rente und agiert als zuverlässiges Führpferd für unsere Jungpferde im Pretraining.
Wie sieht der Rennstall derzeit aus? Wie ist hier die Aufgabenverteilung?
Karin Schwarz: Momentan sind wir mit der Anzahl an Pferden in Pretraining und der Reha gut ausgelastet, so dass wir – auch aufgrund der Corona-Pandemie – zur Zeit keine eigenen aktiven Rennpferde trainieren, was sich aber im Laufe der Saison ändern soll.
Wir haben täglich ein großes Arbeitspensum zu leisten, was nur mit einem zuverlässigen Team zu stemmen ist. Allen voran unterstützt mich mein Mann tatkräftig bei der Stallarbeit und der Pflege unseres Trainingsgeländes. So habe ich den Rücken frei, um mit den Pferden zu arbeiten und zeitintensive Rehabehandlungen durchführen zu können. Auch liegen die organisatorischen Dinge in meinem Ressort. Zum Team gehören außerdem noch zwei weitere ehrenamtliche Helferinnen, die tatkräftig und mit Begeisterung dabei sind.
Fernab von aller Hektik
Stichwort Pretraining: Worauf legen Sie besonderen Wert? Wo sind Sie ansässig?
Karin Schwarz: Unsere Stallanlage befindet sich in einem ländlich gelegenen Vorort nahe der rheinland-pfälzischen Stadt Zweibrücken, verkehrsgünstig und doch fernab von aller Hektik. Die französische Grenze liegt nur ca. 8 km entfernt.
Wir legen beim Pretraining besonderen Wert auf eine fach- und artgerechte Grundausbildung der Pferde. Zeit und Geduld spielt bei der Entwicklung der Pferde eine sehr große Rolle. Wer diese nicht aufbringen will oder kann, macht am besten nicht weiter – zum Wohl des Pferdes. Ein junges Pferd ist nicht in zwei oder drei Monaten fertig für den Rennstall ausgebildet. Wer diese Meinung vertritt, arbeitet in meinen Augen nicht seriös. Bei uns beinhaltet das Pretraining anfangs Boden-/Longierarbeit, danach langsame Gewöhnung an Sattel und Reiter. Später kommt die Gymnastizierung mit Cavalettis sowie leichtes Dressur-/Springtraining dazu.
Der Muskelaufbau wird durch ruhige Galopparbeit auf der Hangbahn oder im Gelände trainiert. Gearbeitet wird in der Gruppe mit erfahrenen Führpferden. Die Einheiten werden je nach Entwicklung und Trainingsziel langsam intensiviert. Eine Überforderung wird so verhindert und Verletzungen vorgebeugt. Weiter genießen die Jungpferde täglichen ausgiebigen Koppelgang, was ihr Wachstum und die körperliche Entwicklung stärkt. Unser Motto lautet: „Erfolg ist ein Weg – nicht nur ein Ziel.“
Wer sind Ihre Hauptkunden? Mit welchen Personen arbeiten Sie intensiv zusammen? Haben Sie auch internationale Klienten?
Karin Schwarz: Unsere Hauptkunden sind u.a. kleine Züchter/Besitzer, die ihren Jungpferden einerseits genügend Zeit zur körperlichen Entwicklung und andererseits ihren Pferden eine solide und dem Pferd angepasste Grundlage bei der Vorbereitung auf den Rennstall geben wollen. Auch erhalten wir Anfragen von Trainern, die aktive Rennpferde zur Erholung zu uns schicken möchten oder Pferde, die verletzungsbedingt ausfallen und sich auskurieren und danach wieder für den Rennstall antrainiert werden sollen.
Eine sehr intensive Zusammenarbeit findet natürlich mit unserem Schmied, unseren Tierärzten bzw. -kliniken sowie unserer Osteopathin statt. Sie sind eine wichtige Stützen, vor allem im Bereich der Reha. Nicht zu vergessen sind natürlich auch unsere Heu-, Stroh- und Futtermittellieferanten, die regelmäßig für bestes Futter und Einstreu sorgen, damit es den vierbeinigen Gästen an nichts fehlt.
Internationale Klienten haben wir noch nicht, allerdings bestehen gute Kontakte zu Besitzern und Trainern, die im benachbarten Frankreich aktiv im Rennsport unterwegs sind. Durch unsere regelmäßige Präsenz auf den Rennbahnen u.a. Strasbourg, Nancy, Wissembourg, etc. konnten wir hier bereits erste Gespräche führen, auf unsere Einrichtung aufmerksam machen und Interesse wecken. Zum Glück stellt die französische Sprache kein Hindernis für uns dar, was den Einstieg in den ausländischen Markt deutlich vereinfacht.
Krankheiten und Verletzungen auskurieren
Nun zur Rehabilitation: Wie kann sich ein Pferd bei Ihnen erholen? Was sind die Vorzüge Ihrer Anlage? Was unterscheidet sie von anderen Einrichtungen dieser Art?
Karin Schwarz: Pferde, die zur Reha zu uns kommen, können fernab von jeder Hektik ihre Krankheiten oder Verletzungen auskurieren. Auf einem privaten Gehöft haben wir einen Stalltrakt in ruhiger Atmosphäre gemietet, der über neun 3,5 x 4 m große, helle und luftige Boxen verfügt. Diese sind mit staubfreier Einstreu eingestreut und es stehen ca. 5 ha Gelände zur Verfügung. Dies kommt besonders Pferden zugute, denen Boxenruhe verordnet wurde, zum Beispiel nach einer Operation. Es werden nach Absprache mit dem behandelnden Tierarzt bzw. –klinik Therapie- und Trainingspläne erstellt und Rehamaßnahmen abgesprochen. Die Fütterung wird individuell an die Bedürfnisse jeden Pferdes angepasst. Dass hier nur hochwertiges Futter zur Verfügung steht ist selbstverständlich.
Die Pferde haben einen geregelter Tagesablauf, finden viel Ruhe bei ganzjährigem und mehrstündigem täglichen Weidegang. Die Sommerkoppeln und Winterpaddocks befinden sich in einem idyllisch gelegenen Wiesental abseits von jeder Alltagshektik. Alles ist sicher eingezäunt und die Flächen bieten ausreichend Platz zum Spielen und Toben. Es werden kleine miteinander verträgliche Gruppen gebildet. Das Verletzungsrisiko ist so deutlich minimiert, und die Pferde erholen sich bei uns bestens vom Rennstress nicht nur körperlich sondern auch psychisch. Für Pferde mit Atemwegserkrankungen steht uns neben ausreichender Bewegung an der frischen Luft nach Bedarf eine Solekammer zum Inhalieren zur Verfügung.
Weiter wurde ein 20 x 40 m großer eingezäunter Allwetterreitplatz angelegt und es wird sowohl für das Pretraining als auch das Renntraining eine Sandtrainingsbahn von 1100 m mit einer Geraden von 400 m, genutzt. Außerdem bietet das weitläufige Waldgelände viele Möglichkeiten, um nach dem Training die Pferde-Seele baumeln zu lassen. Individuelle Betreuung ist durch die überschaubare Anzahl an Gästen stets gewährleistet. Der Unterschied zu ähnlichen Einrichtungen besteht darin, dass nicht nur die individuelle Betreuung groß geschrieben wird, sondern auch klassisches reiten und Renntraining sinnvoll kombiniert werden, was später auch die Vermittlung nach der Rennkarriere deutlich vereinfacht. Wir nehmen uns dazu einfach sehr viel Zeit, und die Pferde werden je nach Ausbildungsstand mindestens 1 bis 2 Stunden täglich gearbeitet und gehen mehrere Stunden auf die Weide.
Haben Sie ein besonderes Erfolgsgeheimnis? Welche prominenten Pferde-Beispiele können Sie geben?
Karin Schwarz: Wir lieben die Arbeit, die wir tun. Es ist nicht nur ein Job, sondern wir sind mit Herz dabei – und das schon seit vielen Jahren. Ohne Herzblut geht es nämlich nicht. Durch regelmäßige Weiterbildungen in verschiedenen Bereichen – sei es zu medizinischen Themen, reiterlicher Ausbildung oder Training – lernen wir ständig dazu und können uns so in allen Bereichen immer weiter verbessern. Wir bleiben nicht stehen und frischen unser Know-How auf. Offen zu sein für neue Ideen und diese dann auch umzusetzen, trägt zum Erfolg bei. Es gibt nichts Schlimmeres, als sich Neuem gegenüber zu verschließen. Das Motto „das haben wir immer schon so gemacht“ zählt bei uns nicht. Ein gutes Beispiel, dass es genauso nicht läuft, ist die zweijährige Waldpark-Stute Bavarian Princess – ein aktuelles Gastpferd, das uns ihr Züchter zum Pretraining anvertraut hat. Bei ihr schlagen wir aufgrund ihrer späten Entwicklung einen etwas anderen Ausbildungsweg ein. Und dass sich die junge Stute bisher sehr gut weiter entwickelt hat, zeigt, dass wir damit richtig lagen. Wir sehen in ihr ein talentiertes Pferd und hoffen natürlich, dass sie ihren Züchtern und Besitzern als Rennpferd viel Freude bereiten wird.
Pferde sind Familienmitglieder
Sind Sie auch mit Pferden nach dem Ende ihrer Karriere aktiv? Worauf achten Sie hier ganz besonders?
Karin Schwarz: Unsere eigenen nicht mehr aktiven Galopper dürfen ihren Ruhestand weiter bei uns genießen. Sie sind einfach Familienmitglieder und eine wichtige Stütze bei der Arbeit mit unseren Gastpferden. Die Umstellung auf klassische Reitweise mussten wir nicht durchführen, da wir die Pferde im aktiven Renntraining bereits so geschult haben, dass sie ohne großen Aufwand als Reitpferde in vielen Bereichen des Reitsports einsetzbar sind. Hier sind unsere Pferde einerseits im Bereich der Vielseitigkeit unterwegs, andererseits werden die ruhigen Zeitgenossen auch als Führpferde für die Jungpferde eingesetzt und bleiben so fit and well.
Ab und an helfen wir Besitzern, die für ihre nicht mehr aktiven Galopper ein passendes Zuhause nach ihrer Rennkarriere suchen, bei der Vermittlung. Hier gibt es viele Punkte zu beachten. Wir legen Wert darauf, dass die Pferde in vollbluterfahrene Hände vermittelt werden und dass z. B. auch die neuen Haltungsbedingungen zum Pferd passen.Dass das Pferd bereits für seine neue Aufgabe umgeschult und händelbar ist und auch nicht für einen Schleuderpreis den Stall verlassen, sollte dabei selbstredend sein.
Wie hat sich Corona auf Ihre Arbeit ausgewirkt?
Karin Schwarz: Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, dass wir die Auswirkungen der Pandemie nicht gespürt hätten. Besucheranfragen konnten wir nur teilweise annehmen je nach gerade gültigen Vorschriften; da gab es natürlich den einen oder anderen Kundenverlust, was wir natürlich sehr bedauern. Aber es war uns wichtig, uns selbst zu schützen, damit die Arbeit mit den uns anvertrauten Pferden reibungslos weitergehen konnte. Dass Hygiene in unserem Stall groß geschrieben wird, ist für uns als Reha-Einrichtung selbstverständlich. Aber wir hoffen natürlich, dass sich die Situation bald entspannt und wir wieder Besucher und Interessierte begrüßen dürfen.Was die tägliche Arbeit angeht, hat sich die Pandemie zum Glück nur wenig bemerkbar gemacht. Wir konnten ohne Unterbrechung den Betrieb und alle damit verbundenen Abläufe aufrecht erhalten.
Was sind Ihre Zukunftsvisionen?
Karin Schwarz: Für die Zukunft wünsche ich mir, dass mein Team und ich gesund bleiben und wir unsere Arbeit weiter erfolgreich zum Wohl der Pferde ausführen können. Ganz besonders liegt mir am Herzen, dass endlich ein Umdenken in den Köpfen stattfindet und die Arbeit von Einrichtungen wie unserer mehr wertgeschätzt und in Anspruch genommen wird.