34 Rennen hat Katharina Irmer als Reiterin gewonnen, doch inzwischen hat die frühere Münchener Reiterin längst eine höchsterfolgreiche internationale Laufbahn gestartet. Für renommierte Adressen der Szene arbeitete sie bereits, jetzt ist die 30-jährige für die Vorbereitung von Auktionsjährlingen in England verantwortlich.
Exklusiv im Insider-Talk auf dem RaceBets-Blog berichtet Katharina Irmer über ihre tollen Karrierestationen.
Wie ist bei Ihnen die Sympathie für den Rennsport entstanden?
Katharina Irmer: Schon als Mädchen träumte ich davon, eine erfolgreiche Pferdesportlerin zu werden. Mit dem Reiten, vor allem Springreiten, habe ich wirklich jung angefangen. Kurz darauf folgte auch mein erstes eigenes Pony, später ging es dann über zu den Warmblütern. Obwohl ich mit Pferden aufgewachsen bin und auch meine Schwester pferdeverrückt ist, komme ich nicht aus einer „Pferde- Familie“. Meine Eltern fragen sich noch heute, von wem ich diese wahnsinnige Leidenschaft und Liebe für Vierbeiner habe. Trotzdem haben sie mich immer unterstützt und mich anfangs auf Turniere, später dann zu den Rennen begleitet.
Wie hat im Turf alles begonnen?
Katharina Irmer: Mit dem Rennsport hatte ich bis dato noch nie etwas zu tun. Darüber gelesen, ja, auch mal ein Rennen im Fernsehen gesehen aber sonst war da nichts. Doch nach meiner ersten Begegnung mit den Vollblütern war mir sofort klar, dass ist es, was ich werden will. Meine Eltern waren von meiner Idee leider nicht so begeistert, und somit habe ich nach meinem Schulabschluss erstmal eine Ausbildung zur Speditionskauffrau gemacht. Nach meiner bestandenen Abschlussprüfung gab es dann kein Halten mehr. Allen Risiken zum Trotz habe ich meinen Willen durchgesetzt und bei Michael Figge in München meine Lehre begonnen. Kurz darauf bin ich in den Stall zu John Hillis gewechselt, wo ich sehr viel gelernt habe und immer unterstützt worden bin. Kurz darauf habe ich meine ersten Rennen und auch Siege geritten bin. Insgesamt 34 sind es geworden.
Was war der schönste Treffer?
Katharina Irmer: Natürlich sagt man, der erste ist immer der schönste, aber in Baden Baden vor vollem Haus zu gewinnen – das ist schon etwas ganz Besonderes. Ich hatte eine tolle Zeit während meiner Ausbildung. Dank meiner Größe war ich nie wirklich schwer, 50 Kilo mit Sattel, etc. waren für mich meist kein Problem, was in unserem Sport vor allem als Frau ein großes Plus ist. Durch das Rennenreiten bin ich viel gereist. Frankreich, Italien, für die German Jockey School war ich auch bei einem Vergleichskampf der Auszubildenden in Irland auf dem Curragh, habe drei Monate in der Jockey-Akademie in Südafrika verbracht, wo ich unter anderem für Champion Trainer Mike de Kock gearbeitet habe und auch Rennen reiten durfte.
Wie haben Sie sich weiterqualifiziert?
Katharina Irmer: Es war nicht nur das Rennen reiten, was mir so viel Spaß gemacht hat, Pferde waren schon immer mein Ein und Alles, und so habe ich mich für alle Facetten des Sports interessiert. So hat mich Daniela Nowara, damals Leiterin vom Gestüt Ammerland, nach Irland zu Dave Wachman geschickt. Eine Wahnsinnschance, so früh in meiner Karriere bei solch einem Trainer und für ein Elite-Gestüt wie Coolmore zu arbeiten. Auch kann mich noch gut an einen Satz einer Freundin erinnern, die mich ganz am Anfang meiner Karriere fragte, wie ich denn den diesjährigen französischen Derby-Sieger fände. Ich konnte ihr nicht mal sagen, wer es eigentlich gewonnen hat. Ihre einzige Reaktion darauf war – Katharina sowas musst du wissen, du musst international informiert sein. Gesagt getan. Ich begann, englische Fachzeitungen zu lesen, verfolgte Rennen in England, Irland und Frankreich. Wühlte mich durch Auktionskataloge und Pedigrees. Ich fand eine ganz neue Seite des Rennsports zu lieben. Eine, die mir bisher völlig fremd war. Bald begann ich mehr und mehr unsere Pferde zu den Rennen zu begleiten, anstatt selbst Rennen zu reiten. Mehrmals im Monat waren wir unterwegs nach Frankreich, ich war von der Professionalität und Attraktivität der Rennbahnen angetan, so dass mir das Rennreiten immer weniger fehlte. Hinter den Kulissen war von nun an mehr mein Ding, Ich begann mich mehr für das Trainieren, die Fütterung und die Zucht zu interessieren.
Schließlich haben Sie München verlassen, mit welchem Ziel?
Katharina Irmer: Mein nächster Schritt nicht weit. Ich verließ München und bekam dank Börje Olsson einen Job bei Simon Crisford in Newmarket angeboten. Ein absoluter Gentleman mit viel Erfahrung, immerhin war er über 20 Jahre Manager des Godolphin-Imperiums. Es war ein Traum, viele Pferde hatten Pedigrees zum Niederknien, und noch im ersten Jahr machte er mich zur Futtermeisterin und eine seiner Assistenten. Täglich auf dem weltberühmten Warren Hill zu galoppieren oder auf den ebenso berühmten Grasbahnen, dank Pferden wie Frankel mit Jockeys wie Frankie Dettori oder auch William Buick zu arbeiten hat schon seinen Reiz. Wir begutachteten auch Hunderte Jährlinge auf etlichen Auktionen, und ich hatte natürlich die Gelegenheit, den Trainer auf vielen Rennbahnen zu begleiten.
Was waren die größten Erlebnisse bisher?
Katharina Irmer: Ich kam auch endlich nach Royal Ascot – dem Rennereignis schlechthin, und abgesehen von Cheltenham und York meine absolute Lieblingsbahn in England. Die Zeit bei Herrn Crisford erweiterte meinen Horizont unglaublich, ich lernte vieles neu, konnte aber auch oft auf Vertrautes zurückgreifen. Ich wollte mich stets verbessern und an mir arbeiten, und so war es dann auch Simon Crisford, der mich für den Equine Management & Diploma Course am Irischen Nationalgestüt empfohlen hat. Ein sechsmonatiger Intensivkurs über die Zucht und Fortpflanzung, den ich im Juli letzten Jahres erfolgreich mit einem Stipendium für Australien abgeschlossen habe. Ich kann diesen Kurs nur jedem empfehlen, der später einmal selbst im Gestüt, aber auch im Rennstall oder im Bloodstock Geschäft arbeiten möchte. Es waren wundervolle sechs Monate mit interessanten Vorlesungen, tollen Menschen (wir trafen u.a. Lord Grimthorpe oder auch Mick Flanagan von China Horse Club) sowie großartigen Ausflügen zu Goffs, nach Ballydoyle zu Aidan O’Brien, Jim Bolger und den weltbekannten Gestüten Aga Khan, Coolmore oder auch Darley und Ballylinch.
Und dann ging es ganz weit weg – nach Australien?
Katharina Irmer: Während dieses Kurses habe ich auch meinen jetzigen Freund kennengelernt, der ebenfalls ein Stipendium bekam. Im August 2017 ging es dann auch sofort weiter nach Australien, genauer gesagt Scone in New South Wales, ca drei Stunden außerhalb von Sydney. In Arrowfield Stud, dem größten und erfolgreichsten Gestüt Australiens mit ca. elf Deckhengsten (darunter die Champion-Deckhengste Redoutes Choice und Snitzel) war die Aufzucht der Fohlen und später auch die Jährlingsvorbereitung mein Aufgabenbereich. Es waren sechs interessante Monate, hautnah zu erleben, wie ein Gestüt mit extremer Trockenheit, monatelanger Hitze und einer so großen Anzahl an Pferden (ca. 400) kommerziell erfolgreich gemanagt wird. Dank unseres Gestütsmanager hatten wir auch die Möglichkeit, live beim Rennen der Rennen, dem Melbourne Cup, live dabei zu sein. Es war einfach unglaublich. Ein Rennen, das wirklich eine ganze Nation stoppt, und das ist mit Sicherheit nicht übertrieben. Das i-üpfelchen war mit Sicherheit der Sieg von Rekindling und Trainer Joseph O’Brien.
Waren Sie auch bei Auktionen aktiv?
Katharina Irmer: Ja, denn kurz darauf ging es dann auch schon an die Gold Coast, wo wir eine wahnsinnig erfolgreiche Auktion bei den Magic Millions Sales hatten (die Wunderstute Winx fand hier vor ein paar Jahren auch ihre Besitzer). Unser Top Lot war eine Stute, die für 1,2 Millionen Australische Dollar ersteigert wurde. Anschließend arbeitete ich auf verschiedenen Sales in Sydney, Melbourne oder auch Neuseeland, um die Rundreisen zu finanzieren. Eine atemberaubende Zeit. Für zwei Monate begab ich mich wieder in den Sattel und ritt jeden Morgen in Melbourne bei einem Trainer in der Arbeit, wo ich auch altbekannte Gesichter und Freunde wie Christin Schotten und Jadey Pietrasiewicz wieder getroffen habe. Der Rennsport ist eine kleine Welt. Meine Leidenschaft sind die Pferde, und ich liebe es, mich weiterzuentwickeln und Neues zu lernen. Ich finde vor allem im Turf lernt man nie aus. Im Moment lebe ich wieder in England und bin als Jährlingsmanager für unsere Auktionsjährlinge verantwortlich.
Was sind Ihre weiteren Hobbies?
Katharina Irmer: Ich liebe meine Arbeit, so ist es schwer, sie von meinem Privatleben zu trennen und ich versuche auch in meiner Freizeit so viele Rennbahnen wie möglich zu besuchen, und anderen Menschen den Rennsport schmackhaft zu machen. Auch würde ich das Reisen und leckeres Essen zu meinen Hobbies zählen. Eine Freundin hat vor kurzem erst das Mongolian Derby gewonnen. Eine unglaubliche Leistung – psychisch und physisch, was mich unglaublich inspiriert hat. Wer weiß – falls irgendjemand lebensmutiges auch Lust hat, das wäre doch mal ein Ziel für die nächsten 10 Jahre.
Was sind Ihre Zukunftspläne?
Katharina Irmer: Ich verdanke dem Rennsport so vieles, es ist eine unglaublich schöne Industrie mit vielen Facetten und Aufstiegsmöglichkeiten für jeden, der hart arbeitet und mit Leidenschaft bei der Sache ist. Ich selbst habe mir eine tolle Karriere aufgebaut und viele Freunde kennengelernt. Natürlich hoffe ich, dass ich selbst noch viele erfolgreiche Jahre vor mir habe und vieles von der Welt und dem Rennsport sehen kann und darf.“