Klaus Wilhelm ist Pferdewirtschaftsmeister und Spezialist für Pferdeversicherungen, Südwest-Präsident und erfolgreicher Pferdebesitzer. Mit Wonnemond stand er nach mehreren Grupperennen im In- und Ausland auf dem Siegertreppchen. Hier ein Insider-Talk mit ihm.
Ihr Paradepferd Wonnemond hat in den vergangenen Jahren für viele tolle Schlagzeilen gesorgt. Wie war die Saison 2020 für ihn, und was sind die Pläne für 2021?
Nach Aktivurlaub wieder in Topform
Klaus Wilhelm: Nach der Saison 2019 hat unser Trainer Sascha Smrczek empfohlen, Wonnemond in Aktivurlaub zu schicken. Daraufhin hat er einige Monate im Stall von Ellen Leis in Hütschenhausen verbracht. Unweit von der Rennbahn Miesau konnten wir ihn regelmäßig besuchen und verwöhnen. Ellen Leis züchtet Trakehner, bildet diese aus für Vielseitigkeitsprüfungen und stellt sich auch selbst vor. Wonnemond hatte dort im Wechsel mit Reiten und Koppelgang reichlich Abwechslung. Zu welcher Form er anschließend im Laufe der Saison fand, hat uns schon überrascht, wenngleich wir darauf gehofft haben.
Distanzwechsel zahlt sich aus
Unser Stalljockey Encki Ganbat und unser Trainer Sascha Smrczek haben zudem den Wechsel auf eine längere Distanz vorgeschlagen. Der erste Versuch in Dresden wurde gleich zu einem vollen Erfolg. Im 100. Großen Preis der Landeshauptstadt Düsseldorf auf Gruppe-Level haben wir die Renntaktik geändert und alles auf eine Karte gesetzt. Dieser Sieg ist der Erfolg einer tiefgreifenden und auf Vertrauen basierenden Partnerschaft mit unserem Trainer Sascha Smrczek, Encki Ganbat und dem gesamten Team. Da Encki Ganbat aufgrund einer Verletzung nicht selbst reiten konnte, hat er Dennis Schiergen bestens mit allem versorgt, was er zu Wonnemond und unserem Plan wissen musste. Anschließend hat Wonnemond mit dem zweiten Platz in Mailand im Premio Vittorio di Capua die Düsseldorfer Leistung noch getoppt. Zur Zeit wird er vorbereitet auf die Meilenrennen in Düsseldorf. Anschließend planen wir wieder Rennen in Italien ein.
„Wonnemond hat einen unbändigen Kampfgeist“
Was ist das Besondere an diesem Klassepferd? Was passiert nach Ende der Rennkarriere mit ihm?
Klaus Wilhelm: Wonnemond hat einen unbändigen Kampfgeist. Er mag schnelle Rennen, um seinen spektakulären Speed einsetzen zu können. Es ist gut vorstellbar, dass er nach der Karriere mein Reitpferd wird.
Strategiewechsel beim Pferdekauf
Sie haben ein besonderes Auge für gute Pferdekäufe. Woran orientieren Sie sich bei Auktionen?
Klaus Wilhelm: Vor Wonnemond haben wir regelmäßig Handicapper in England gekauft. Darunter einige Seriensieger wie z.B. Lordsbury Pride. Die heutige Technik ermöglicht ein intensives Studium der Formen, wobei man auch das Verhalten der Pferde beobachten kann. Um neben der Quantität auch die Qualität zu erhöhen, ist bei uns der Entschluss zu einem Strategiewechsel gereift. Vom Kauf der Startpferde weg hin zum Jährlingskauf, insbesondere bei der BBAG. Beim Selektieren legen wir großen Wert auf die jeweilige Mutterlinie. Nach dem Studium der jeweiligen Auktionskataloge kommen pro Auktion etwa 7-12 Pferde in Frage. Vor Ort schauen wir uns die ausgesuchten Pferde an. Meine Frau Karin Neumann-Wilhelm hat einen ausgezeichneten Blick für Exterieur und Interieur.
Bewährte Pferde und hoffnungsvoller Nachwuchs
Was sind die weiteren aktuellen Hoffnungen Ihres Stalles Frohnbach?
Klaus Wilhelm: Mit Makfra, Waldkauz und Solvio haben wir sowohl bewährte Pferde als auch hoffnungsvollen Nachwuchs. Die erfolgreiche Strategie mit Jährlingskäufen haben wir nun auch im Stall Burg Nanstein umgesetzt, der von uns gemanagt wird. Pfingstweide und Axano wurden als Jährling bei der BBAG erworben und besitzen nach der Abstammung gute Referenzen. Stall Burg Nanstein hält 12 Anteile. Die Liebe zum Hindernissport drückt sich an einem Anteil an Benson aus, der in Frankreich von Gabriel Leenders vorbereitet wird.
In Ihrem Hauptberuf verkaufen Sie auch Pferdeversicherungen. Worauf legen Sie hier besonderen Wert? Wer sind Ihre Hauptkunden?
Klaus Wilhelm: Nachdem die R+V Generalagentur ständig gewachsen war und ich zudem eine weitere Agentur kommissarisch geleitet habe, schlug der „Fluch der guten Tat“ zu. Ich hatte kaum mehr Zeit, um mich um das zu kümmern, was ich am liebsten mache: Versicherungen für Pferde und Reiter! Zum Jahreswechsel 2019 haben Carsten und Julia Weisenstein die Agenturführung und Verwaltung übernommen. Mein Wunsch war schon länger, mehr im Bereich Pferdeversicherungen zu agieren. Als Horst Kagel in Rente ging, war der richtige Zeitpunkt für die Spezialisierung zum „Pferdeversicherer“. Zunächst habe ich den Übergang durch gemeinsame Kundenbesuche mit dem Agenturnachfolger Carsten Weisenstein unterstützt und bei den Meetings meine Expertise mit eingebracht. Zur neuen Saison werden wir nun unsere Aktivitäten vermehrt auf die Absicherungen von Galopprennpferden, Züchtern und Rennställen richten.
„Ich schreibe gerade ein E-Book“
Was würden Sie Neueinsteigern im Besitzerlager raten? Haben Sie ein Erfolgsgeheimnis?
Klaus Wilhelm: In Zusammenarbeit mit Udo Simianer schreibe ich gerade ein E-Book, welches genau auf dieses Thema abzielt. Zur Frühjahrsauktion wollen wir dieses veröffentlichen. Zu den Praktiken und Geheimnissen beim Pferdekauf möchte ich auf die Vollblutagenten und deren Erfahrung verweisen.
Das sind die Planungen im Südwesten
Sie sind auch Präsident des Verbandes Südwestdeutscher Rennvereine. Wie ist man bisher durch die Corona-Zeit gekommen? Was erhoffen Sie sich für dieses Jahr?
Klaus Wilhelm: Im vergangenen Jahr konnten im Südwesten leider nur wenige Renntage stattfinden. Umso dankbarer sind wir gegenüber Saarbrücken und Honzrath, die neben Mannheim und Iffezheim im Südwesten veranstaltet haben. Für 2021 hoffen wir auf die zweite Jahreshälfte und wünschen den Vereinen, das vorgesehene Programm durchführen zu können. Mit Haßloch steht nach der Grundsanierung des Geläufs der Wiedereinstieg am 01.August an. Der Zusatzrenntag am 30.April ist dort leider noch nicht möglich, da die neue Grasnarbe möglicherweise zu sehr in Mitleidenschaft gezogen werden könnte. So wird die Saisoneröffnung in Mannheim stattfinden. Miesau weicht auf den 07.August aus und verbindet den Renntag mit dem 100 Jahr-Jubiläum. Zweibrücken schiebt einen Renntag am 22. August ein und feiert 200 Jahre Pferderennen in Zweibrücken. Da Lebach keinen Renntag angemeldet hat, sind wir mit Haßloch im Gespräch, den vakanten Termin zu übernehmen. Mit großem Interesse verfolgen wir die Entwicklung in Iffezheim, wo sich eine Lösung anbahnt.
Mit dem Vater Bauernrennen besucht
Wie sind Sie einst zum Rennsport gekommen?
Klaus Wilhelm: Schon als Kind besuchte ich mit meinen Vater Bauernrennen, die in unserer Region eine lange Tradition haben. So bin ich recht früh mit den Aktiven und Veranstaltern in Kontakt gekommen und war schnell bei der Planung und Durchführung der Veranstaltungen involviert. Durch diese Kontakte ist der Entschluss gereift selbst Rennpferde zu trainieren. 1980 hatte ich den ersten Starter.
Vertrauen in die Verbandsführung
Was würden Sie im deutschen Rennsport schnellmöglich ändern?
Klaus Wilhelm: Zunächst möchte ich mein Vertrauen in die Verbandsführung von Deutscher Galopp ausdrücken und mich herzlich bedanken, dass der Pferderennsport als erster Sportverband überhaupt veranstalten durfte. Meines Erachtens wird die Arbeit des Dachverbandes nicht gebührend wahrgenommen. Sowohl der Dachverband, die Besitzervereinigung als auch die Rennvereine leisten Großartiges in Sinne des Rennsports. Ich wünsche der Verbandsführung eine gute Hand bei der Zusammenführung der Interessen und der Notwendigkeit Synergien zu schaffen. Der eingeschlagene Weg ist konsequent und macht Mut. Die Aktiven und deren Verbände setzen sich u.a. stark für die Rennen an der Basis ein, was durchaus Gehör findet.
„In Deutschland sind wir auf jeder Rennbahn zu Hause“
Welche Rennbahnen/Rennen möchten Sie im In- und Ausland gerne bald wieder besuchen?
Klaus Wilhelm: Durch meine Tätigkeit als (Hobby)Journalist sind wir viel gereist. Als Rennstallbesitzer haben wir viele Rennbahnen und die Personen, die dahinterstehen, kennengelernt. Die Erfolge von Wonnemond haben diese Erlebnisse getoppt und intensiver gestaltet. Mit guten Erinnerungen denken wir an Istanbul, Stockholm und Mailand und freuen uns, dort entstandene Freundschaften aufrecht zu erhalten. Sehr gerne sind wir in Frankreich, wo wir die Starts unserer Pferde meist mit einem Kurzurlaub verbinden. In Deutschland sind wir auf jeder Rennbahn zu Hause.