Als Besitzer von Galopprennpferden erlebt Marc Hübner derzeit sehr erfolgreiche Wochen. Seit dem Sieg von Woody Wood beim Frühjahrs-Meeting in Baden-Baden läuft es glänzend für den Essener, der auch als Vorstandsmitglied des Mülheimer Rennclubs in der Verantwortung steht. Exklusiv im Insider-Talk auf dem RaceBets-Blog berichtet er über seine Aktivitäten im Turf.
Mit dem Sieg von Woody Wood in Iffezheim haben Sie sich und vielen Kindern eine große Freude gemacht. Wie kam es zu der Idee, den jungen Besuchern ein Eis zu spendieren? Und wie haben Sie die letzten tollen Wochen als Besitzer erlebt?
Marc Hübner: Woody Wood war früher ein Pferd, das rückwärts schneller lief als vorwärts. Schnell haben wir erkannt, dass er genauso gut auf seinen Namen hört wie ein Hund. Wenn jemand „Woody Woody ruft, dann kommt er direkt hergelaufen. Daraus ist auch die Facebookseite Woody Wood entstanden, auf der Videos und Bilder von ihm gezeigt werden. Wenn die Zuschauer ihn laut anfeuern, dann hört er das und läuft los.
Mir ist es wichtig, eine Identifikation zu einem Pferd aufzubauen. Viele Leute finden zum Beispiel den FC Bayern toll wegen Uli Hoeneß oder Thomas Müller. Wenn man im Rennsport ein Pferd kennt, gehen viele vielleicht deswegen zur Rennbahn. Es gibt nichts Schöneres, als in leuchtende Kinderaugen zu schauen, und wenn man einen stärkeren Bezug mit kleinen Mitteln wie einem Eis hinbekommt, dann ist doch schon viel erreicht.
Ich habe in den letzten Wochen mit vier Pferden vier Rennen gewonnen, und das ist schon etwas ganz Besonderes. So etwas macht riesigen Spaß. Ich möchte solche Momente genießen und beschäftige mich nicht mit der Frage, wo es weitergeht. Einen Sieg möchte ich gerne auskosten.
Nach 15 Jahren Pause gab es ein großes Hallo
Wie ist bei Ihnen das Faible für den Rennsport entstanden? Gab es familiäre Gründe oder ein besonderes Erlebnis?
Marc Hübner: Mein Stiefvater Dirk Grauert war der Inhaber des Gestüt Mydlinghoven. Er hat viele Pferde gezüchtet und besessen. Schon als kleiner Junge sprang auf mich der Bazillus über. 15 Jahre lange habe ich später dann mal alle Aktivitäten gestoppt, da die Schere von den Kosten zu den Erlösen immer weiter auseinander ging.
Dann habe ich wieder angefangen. Das ist fast wie beim Rauchen. Ich bin mit meiner Tochter zu Gregor Baum gefahren, mit ihm bin ich seit vielen Jahren eng befreundet. Bei ihm haben wir Woody Wood ausgesucht. Von da an ging alles wieder los, und ich bin wieder auf die Rennbahnen gefahren. Unheimlich gefreut habe ich mich, alle Leute von früher wiederzusehen. Pferde kannte ich nicht mehr, geschweige denn die meisten Jockeys, außer Andrasch Starke oder Adrie de Vries. Es war ein großes Hallo.
„Ein Besuch im Rennstall ist wie ein halber Tag Urlaub“
Was waren für Sie persönlich bisher die schönsten Momente mit Ihren Pferden und wie ist der Rennstall für die nächsten Monate aufgestellt?
Marc Hübner: Ich genieße es sehr, in den Rennstall zu gehen, auch wenn ich nur eine halbe Stunde dort bin. Das ist für mich wie ein halber Tag Urlaub. Man kommt raus, hat keinen Termin, muss in keine Straßenbahn und kann das Handy mal leise stellen. Ich genieße diese Atmosphäre. Natürlich gilt das auch für die Rennbahn, gerade wenn ein Pferd von mir läuft. Ich bin ein sehr emotionaler Mensch und sehr aufgeregt vor den Rennen. Da kann ich schon manchmal die Nacht vorher sehr schlecht einschlafen.
Aktuell habe ich sechs Pferde, bei einigen handelt es sich auch um Besitzergemeinschaften, bei denen die meisten Mitbesitzer vorher noch gar keine Pferde hatten. Zum Beispiel bei Bebeto. Diese Besitzergemeinschaft ist bei einer Doppelkopfrunde entstanden. Vier Leute sind dabei, zwei waren vorher noch nie auf einer Rennbahn. Die Idee war, ich habe ein tolles Pferd, möchte es aber nicht alleine habe, sondern mit anderen teilen. Nach einigen Partien Doppelkopf, so manchem Bierchen und Havana Club obendrauf waren alle begeistert und der Rennstall geboren (lacht).
Bebeto ist ein richtiger Steher mit sehr viel Potenzial. Ich denke, dass er aktuell mein mit Abstand bestes Pferd ist, wird allerdings wohl erst als Vierjähriger seine wahre Klasse zeigen. Mein besonderer Liebling ist natürlich Woody Wood. Unfassbar, wieviele Leute ihn schon kennen. Ich werde auf der Rennbahn inzwischen von vielen nicht mehr mit Marc, sondern mit „Woody, Woody, Woody“ begrüßt. Sicher ist er nur ein durchschnittliches Pferd, aber die Menschen lieben ihn.
„Manche gehen vier Stunden auf den Golfplatz, ich auf die Rennbahn“
Wie lässt sich der Rennsport mit Ihrem Hauptberuf (was machen Sie genau) kombinieren? Und wie begeistern Sie andere für dieses Metier?
Marc Hübner: Ich habe eine Firma im Bereich Marketing. Nichts Spektakuläres, aber ich komme damit zurecht. Die alltägliche Arbeit ist mein Broterwerb, der Rennsport ist Freizeit und Hobby. Manche gehen vier Stunden auf den Golfplatz, ich gehe vier Stunden auf die Rennbahn. Hinzu kommt nun meine Tätigkeit für den Rennclub Mülheim, die recht zeitaufwändig ist. Ich arbeite noch an einem besseren Zeitmanagement. Das sehen Sie ja alleine schon daran, dass die Bearbeitung des sehr angenehmen Interviews mit Ihnen länger gedauert hat als geplant. Sorry dafür nochmal.
Wichtig ist, die Menschen mitzunehmen. Das ist auch die Zielsetzung in Mülheim, wir müssen die Leute auf die Rennbahn bekommen. Viele von früher sind inzwischen verstorben oder im Altersheim, und es ist wenig nachgerückt. Jeder, der mit auf der Rennbahn war, kommt gerne wieder. Ich kenne niemanden, dem es dort nicht gefallen hat. Unsere Bahnen sind alle top gepflegt, es gibt Essen und Trinken. Man ist in der Natur und sieht tollen Sport, die Kinder sind glücklich.
„Besser als wenn sechs Zahlen aus einer großen Kugel herauskullern“
Welche Rolle spielt für Sie das Thema Wetten? Und was bisher der größte Treffer?
Marc Hübner: Diese Frage gefällt mir. In vielen Interviews finden es prominente Leute aus dem Sport toll zu sagen, sie wetten nicht, als wenn das etwas Negatives wäre. Das sehe ich komplett anders. Ich wette sehr gerne. Hinzu kommt, dass der Rennsport sich über die Wetten finanziert, sonst wäre er tot. Natürlich muss jeder für sich selbst entscheiden, was er tut, aber ich verstehe Züchter oder Besitzer nicht, die nicht wetten.
In Deutschland ist Wetten leider verpönt. Aber in Frankreich oder in Asien wird man blöde angeschaut, wenn man nicht wettet. Man fiebert mit einer Wette doch ganz anders mit. Eine Wette auf Pferde, die sich bewegen ist doch etwas ganz anderes als Lotto, wenn sechs Zahlen aus einer großen Kugel herauskullern. Selbst wenn man nur fünf Euro auf Platz gesetzt hat, erlebt man schöne Momente. Und die sind gerade in der heutigen Zeit so richtig, in der die negativen Nachrichten Überhand genommen haben. Die Lockerheit, die Freude ist uns abhanden gekommen. Viele sind unsicher, was die Zukunft anbetrifft. Da ist etwas Abwechslung und Freude doch wichtig.
Mein größter Treffer beim Wetten war vor rund 25 Jahren auf der Sandbahn in Dortmund. Dort habe ich als Einziger die Dreierwette getroffen. Ich bekam alles ausgezahlt, was im Topf war. An den verschiedensten Kassen musste das Geld zusammengesucht werden, das waren so 20.000-22.000 Euro. Eigentlich habe ich aber lieber mehrere kleinere Treffer, da kann man sich öfter freuen.
„Renn- und Trainingsbetrieb in Mülheim sind für die nächsten Jahre gesichert“
Der Mülheimer Rennclub, dessen Vorstand Sie angehören, befindet sich nach dem Rückzug von Präsident Werner Krüger in nicht gerade einfacher Zeit. Wie sind die finanziellen Rahmenbedingungen für die Zukunft? Und wie gesichert sind Renn- und Trainingsbetrieb?
Marc Hübner: Grundsätzlich befindet sich der gesamte deutsche Galopprennsport in einer sehr schwierigen Situation. Ich habe aber große Hoffnung, dass gerade Gregor Baum Dinge bewegen kann. Denn er ist jemand, der handelt. Was er anfasst, wird erfolgreich. Zu Mülheim. Die Situation war schwierig, hat sich jetzt aber sehr zum Guten gewendet. Der Renn- und der Trainingsbetrieb sind für die nächsten Jahre gesichert. Es wird auch wieder investiert in Gebäude und Bahn. Die Lage ist nicht mit der vor vier Monaten zu vergleichen.
Wie sieht Ihr persönliches Engagement beim Rennclub aktuell aus? Sie haben einmal gesagt, es handele sich um einen kompletten Wirtschaftsbetrieb.
Marc Hübner: Wir sind mit den vier Personen im Vorstand gut aufgestellt. Mein Bereich ist Marketing, Öffentlichkeitsarbeit, die Organisation an Renntagen und die Gastronomie. Auf Dauer suchen wir in Mülheim nach einem Geschäftsführer. Denn der Vorstand kümmert sich um die strategische Ausrichtung, braucht aber jemanden, der sich um die täglichen Belange kümmert.
Was sind Ihrer Meinung nach die Vorzüge der Rennbahn am Raffelberg? Und was muss dringend verbessert werden?
Marc Hübner: Die Rennbahn ist super erreichbar und hat einen familiären Charakter. Vom Geläuf her ist es eine große Bahn, aber nicht so weitläufig wie Baden-Baden oder Köln und hat einen gemütlichen Charm. Man sieht das vor allem am zweiten Weihnachtsfeiertag, wenn die Anlage voll ist. Hier fühlt man sich wohl.
Dringend müssen wir an der Gastronomie arbeiten. Einfach ist das nicht, denn es herrscht extremer Fachkräftemangel. Viele junge Menschen sind nicht eingestellt wie früher und wollen nicht am Wochenende arbeiten. Die Gastronomie leidet sehr darunter, dass die Leute nicht mehr so zuverlässig sind. Am letzten Renntag beispielsweise haben am Vormittag vier freie Mitarbeiter dem Caterer abgesagt, was zu ärgerlichen Schlangen an den Verkaufsständen führte.
Welche Rennbahnen im In- und Ausland wollen Sie in nächster Zeit besuchen?
Marc Hübner: Am liebsten alle (lacht). Die Rennbahnen, auf denen meine Pferde laufen. Vielleicht schaffe ich es in diesem Jahr auch einmal nach Deauville zum Sommer-Meeting im August. Ich habe da viel Tolles gehört. Wenn ich allerdings bei der Auktion dort nicht aufpasse, komme ich mit einem Pferd zurück.
Welche Wünsche haben Sie persönlich für sich, den Rennclub und den gesamten deutschen Turf für die nächste Zeit?
Marc Hübner: Wie lange haben Sie Zeit? Das Wichtigste ist, dass man gesund ist und Glück hat. Beides sollte zusammentreffen. Ich wünsche mir, dass es wieder einmal eine Fortsetzung der Fernsehserie „Rivalen der Rennbahn“ geben wird, damit eine breite Publikumssschicht erreicht wird. Den Rennclub in Mülheim wollen wir weiter positiv entwickeln. Und beim deutschen Galopprennsport hoffe ich auf Gregor Baum und sein Team.