Warendorf, die Stadt des Pferdes, ist die Heimat von Mareike Beer. Hier bereitet die 41-jährige ihre Pferde vor. Und das mit Erfolg, wie ihre Pferde Hot Hannah und Compulsive beweisen. Exklusiv im Inside-Interview berichtet sie über ihre Karriere.
Wie sind Ihre Trainingsmöglichkeiten in Warendorf? Was sind die Vorzüge Ihrer Anlage? Wer ist außer Ihnen hier noch aktiv?
Mareike Beer: Wir haben auf unserer Anlage in der Bauerschaft Velsen in Warendorf gute Trainingsmöglichkeiten. Hierzu gehören eine Rennbahn mit Sandboden mit einer Gesamtlänge von 1500 Metern, ein Reitplatz, ein Longierzirkel, eine kleine Reithalle sowie ausreichende Weideflächen und eine unmittelbare Anbindung an das Reitwegenetz des Kreises Warendorf. So sind wir zum Beispiel mit unseren Pferden innerhalb von 30 Minuten auf dem Gelände des Deutschen Olympiade Komitee für Reiterei (DOKR) und können dort die Waldwege zum Galoppieren, Hügel zum Klettern und den Teich nutzen. Ich nutze die Anlage gemeinsam mit dem Besitzertrainer Erwin Hinzmann.
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Pferde haben das Recht auf Weidegang
Welche Trainingsphilosophie verfolgen Sie?
Mareike Beer: Nur gesunde Pferde können eine gute Leistung erbringen. Das betrifft sowohl die körperliche Gesundheit der Pferde als auch die psychische. Wenn eines meiner Pferde hinter der Leistungserwartung zurückbleibt, wird sehr genau geschaut, welche Ursachen das haben könnte. Und ich bin der Überzeugung, dass auch Galopprennpferde das Recht auf Weidegang haben. Meine Pferde kommen täglich für mehrere Stunden auf die Weide – Hot Hannah und Compulsive zum Beispiel verstehen sich sehr gut miteinander, so dass ich die beiden problemlos zusammen rausstellen kann. Nur auf der Weide haben die Pferde die Möglichkeit, sich frei zu bewegen und Sozialkontakte zu ihren Artgenossen zu pflegen.
Wie stark ist Ihre Familie in den Rennsport eingebunden?
Mareike Beer: Mein Mann ist Pferdesportjournalist und selbst aktiver Reiter. Neben der Aktivität im Galopprennsport besitzen wir privat noch zwei Warmblutwallache, einen Oldenburger und ein in Thüringen gezogenes Reitpferd, das im Anglo-Europäischen Stutbuch eingetragen ist. Vor allem in der Wintersaison, wenn weniger Turniersportveranstaltungen stattfinden, fahren auch mein Mann und unser Sohn gerne mal mit zur Rennbahn.
Mit Voltigieren im Verein hat alles angefangen
Wie hat bei Ihnen die Laufbahn im Rennsport begonnen? Was waren Ihre Stationen?
Mareike Beer: Der Kontakt zum Pferdesport kam bei mir über das Voltigieren im Verein. Dann habe ich zunehmend mehr Aufgaben in der Voltigierabteilung des Reitvereins übernommen, die Voltigierpferde als Ausgleich zur Arbeit an der Longe auch geritten und meine Reitabzeichen Klasse IV und III gemacht. Später habe ich bei einem Besitzertrainer dessen Vollblüter im Training mitgeritten – schwerpunktmäßig in der dressurmäßigen Arbeit auf dem Reitplatz und in der Springgymnastik. Hierdurch kam ich in Kontakt zum Galopprennsport.
Mit 16 habe ich meine Amateurrennreiterlizenz gemacht, nach meinem Abitur dann den Besitzertrainerschein. Während meines anschließenden Studiums der Erziehungswissenschaften habe ich immer zwei bis drei Pferde auf der Trainingsliste gehabt und diese in den Rennen mitunter auch selbst geritten (gerne auf den „B-Bahnen“, zum Beispiel in Garrel, Wildeshausen oder Quakenbrück). Mit dem Ende meines Studiums und dem Beginn meiner beruflichen Laufbahn in meinem Studienberuf wurde mir das zeitaufwendige Training von Galopprennpferden etwas viel, und ich habe mich aus dem aktiven Part zurückgezogen.
2009, nach der Geburt unseres Sohnes, habe ich dann aber dennoch die Pferdewirtschaftsmeisterprüfung im Schwerpunkt Galopprenntraining gemacht. Diese Möglichkeit war mir wichtig, da ich bereits zu dem Zeitpunkt viel im Bereich der beruflichen Erwachsenenbildung tätig war. Auch wollte ich die Meisterprüfung ablegen, um beruflich breit aufgestellt zu sein und gegebenenfalls selbst ausbilden zu können. Seit 2018 habe ich wieder eine aktive Trainerlizenz.
Die Sandbahn-Saison hat begonnen. Ihre beiden Pferde Hot Hannah und Compulsive waren hier in den vergangenen Jahren stets recht erfolgreich. Werden Sie in Dortmund wieder stark präsent sein?
Mareike Beer: Der erste Start von Hannah auf Sand war noch nicht sehr erfolgreich, da hatte ich mir etwas mehr erhofft. Wir werden sehen, wie sie sich entwickelt. Auch Compulsive ist im Training gut drauf, nachdem er eine kleine Rennpause hatte. Er kommt sicherlich noch in der Sandbahnsaison zum Einsatz. Meine Pferde gehen aber stets nur dann an den Start, wenn ich sie für optimal vorbereitet halte.
Auf Hot Hannah kann man sich verlassen
Was zeichnet Ihre Pferde im einzelnen aus? Wie und wo suchen Sie die Pferde aus?
Mareike Beer: Am liebsten nehme ich Pferde ins Training, die bereits ein bisschen was kennen. Da ich viel selbst mache und die Pferde zuhause oft alleine auf die Rennbahn gehen, ist es gut, wenn sie das Geschehen im Rennstall und auf der Bahn schon kennen und die Ständestartprüfung absolviert haben.
Hannah ist im Umgang eher ruhig und sehr menschenbezogen. Sie wird etwa einmal in der Woche als Ausgleich zur Arbeit auf der Bahn im Gelände geritten. Da ist sie ein richtiges Verlasspferd und das tut ihr unheimlich gut. Compulsive ist sehr leistungsbereit. Bei ihm gilt es, immer das richtige Maß im Training zu finden. Neben den beiden habe ich noch I love Australis und Donna Xenia auf meiner Trainingsliste. I love Australis ist drei Jahre alt und wird im kommenden Jahr debütieren. Sie macht im Training einen hervorragenden Eindruck, verfügt über eine gute Galoppade und hat sich körperlich und psychisch in den letzten Wochen sehr gut entwickelt. Donna Xenia ist seit dem Sommer bei mir. Sie ist eine Starterin für die längeren Distanzen (ab 2000 Metern), musste im Herbst aber ein wenig pausieren. Mittlerweile ist sie wieder antrainiert. Auf Sand wird sie aber wohl nicht zum Einsatz kommen.
Welche Qualitäten braucht man, um auf Sand erfolgreich zu sein?
Mareike Beer: Ich weiß nicht, ob ich diese Frage beantworten kann. Manchmal ist es einfach ein Ausprobieren – im Training gehen meine Pferde ja immer auf Sand. Wenn sie fit sind und in Trainingsform, dann schaue ich, ob sie auch im Rennen „Sand können“. Bei Hannah und Compulsive war das der Fall.
Was machen Sie im Hauptberuf? Wieviel Zeit nimmt der Turf ein? Reiten Sie jeden Morgen selbst?
Mareike Beer: Ich arbeite seit November 2018 als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universität Osnabrück im Institut für Erziehungswissenschaft, Fachgebiet Berufs- und Wirtschaftspädagogik. Hier habe ich eine Vollzeitstelle. Meine Pferde trainiere ich nebenberuflich und eher in den späten Nachmittags- bzw. Abendstunden. Morgens nach der Fütterung gehen die Pferde zunächst für einen halben Tag auf die Weide, geritten wird nachmittags oder abends.
Wie in jedem anderen Rennstall oder in jeder anderen Pferdehaltung gilt auch für mich und meinen Trainingsstall: die gute und dauerhafte Versorgung von Pferden gelingt nur im Team. Ich bilde gemeinsam mit dem Besitzertrainer Erwin Hinzmann eine Trainings- und Stallgemeinschaft, was hervorragend funktioniert. Wir unterstützen uns gegenseitig und ich habe in Herrn Hinzmann einen fachkundigen, verlässlichen und erfahrenen Partner an meiner Seite.
„Pferde begleiten mich schon mein Leben lang“
Könnten Sie sich auch ein anderes Hobby vorstellen? Was begeistert Sie an den Pferden?
Mareike Beer: Pferde begleiten mich schon mein Leben lang und haben nicht nur meine Freizeitgestaltung, sondern auch meinen beruflichen und privaten Werdegang geprägt. Meinen Mann habe ich auch über den Reitsport kennengelernt. Der Pferdesport bietet mir persönlich einen sehr guten Ausgleich zu meiner Arbeit an der Universität. Wenn ich nachmittags meine Meetings beendet und die letzten Mails versendet habe, genieße ich die Aktivität im Freien, mit den Pferden und in der Natur.
Was vermissen Sie in der Corona-Zeit am meisten, beruflich und privat?Mareike Beer: Ich wünsche mir, dass wir – gestützt durch eine gute Corona-Management-Politik und durch die Beteiligung möglichst aller Bürgerinnen und Bürger an den Covid-19-Impfungen – zu einer gewissen Alltagsnormalität zurückkehren können. Ich vermisse die Treffen mit der Familie, Freunden und Arbeitskollegen.