Insider-Talk mit Pavel Bradik: „Ich möchte, dass der Rennsport weiter lebt“

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Auch auf der Dortmunder Sandbahn waren einige seiner Pferde in diesem Winter schon im Einsatz, und das durchaus erfolgreich: Pavel Bradik, Besitzertrainer aus Martfeld, ist seit vielen Jahren mit seinen Vierbeinern eine Bereicherung des Renngeschehens hierzulande. Im Inside-Interview auf dem RaceBets-Blog erzählt er von seiner Laufbahn.

37 Siege stehen bisher auf Ihrem Konto als Besitzertrainer. Aber sie waren vorher schon als Amateurrennreiter aktiv. Können Sie die Anfänge beschreiben? Und was war der Auslöser für Ihr Wirken im Turf?

Es hat alles angefangen, als ich neun Jahre alt gewesen bin. Ich habe mit meinen Kumpels eine Erkundungsfahrt mit Fahrrädern unternommen und da sind wir auf einen Pferdestall gestoßen. Dann haben wir den Trainer Herrn Vinklarek gefragt, ob wir die Pferde anschauen dürfen. Da sagte der Trainer zu uns: „Hier hast du einen Besen, du fegst die Stallgasse runter, machst die Box auf, fegst es rein, schau dir das Pferd an, und dann fegst du zu der nächsten Box.“

Die heutigen Rennen bei RaceBets

Ich bin dann regelmäßig zu dem Stall hingefahren. Nachdem wir die Pferde geputzt haben und andere Arbeiten verrichtet hatten, durften wir anschließend die zwei Ponys im Wald durch die Gegend reiten. Als ich zehn/elf Jahre alt war, kam eines Tages der Trainer zu mir und hat mich gefragt, ob ich ein großes Pferd reiten möchte. Das wollte ich natürlich, dann drückte er mir den Sattel in die Hand und sagte „Quendys“, das war der Name des Pferdes. Er sattelte das Pferd und hat mich dann drauf geworfen. Dann sagte er zu mir: „Fällst du runter, bekommst du Ärger, den du noch nie erlebt hast.“

Ich bin dann mit dem normalen Rennpferde-Lot mitgeritten. Ich bin nicht runtergefallen, wobei ich sagen muss, die Stute war so lieb und hat alles gemacht, was das Pferd vor ihr gemacht hat. Ich werde sie nie vergessen.

Mit 15/16 Jahren habe ich schon die schwierigen Pferde geritten. Mit 17 Jahren habe ich meine Amateurlizenz gemacht. Da wollte ich schon Rennreiter sein. Nur meine Eltern waren von dieser Idee nicht begeistert und haben mich in diesem Vorhaben kein bisschen unterstützt. Schließlich war ich der Einzige in der Familie, der mit Pferden ein bisschen was am Hut hatte. Dennoch bin ich den Vollblütern bis heute treu geblieben.

„Habe beschlossen, die Amateurlizenz wieder zu beantragen“

Pavel Bradik im Portrait am 13.06.2010 Renntag in Verden.
Pavel Bradik im Portrait am 13.06.2010 Renntag in Verden.

Zehn Siege über Hindernissiege und vier auf der Flachen gelangen Ihnen im Rennsattel. Wie regelmäßig sitzen Sie noch auf dem Pferd? Und wie sehr bedauern Sie, dass es den Hindernissport in Deutschland kaum noch gibt?

Pavel Bradik: Das ist die richtige Frage zu dem richtigen Zeitpunkt. Ich sitze täglich im Training auf unseren Pferden. 2017 nach einem schweren Unfall habe ich meine Rennkarriere an den Nagel gehängt. Bis heute war ich damit allerdings nicht wirklich einverstanden.

Ende letzten Jahres haben wir ein Hindernispferd aus Irland über Herrn von der Recke erworben. Ich mag das Pferd total, daher habe ich beschlossen, dieses Jahr wieder ein paar Kilo abzuspecken und meine Amateurlizenz wieder zu beantragen. Wir haben noch ein Pferd im Stall namens Atyllus. Sein Bruder ist sogar Gruppe I-Sieger in England über Hindernisse, ein anderer Bruder hat auch über Hindernisse gewonnen. Atyllus ist auch ein Kandidat für die Hindernisrennen.

Die Hindernisrennen in Deutschland sind im Moment sehr rar, und ich glaube nicht, dass sich die Situation stark verbessert. Trotzdem versuche ich dieses Jahr, die wenigen Hindernisrennen mit meinen Startern zu unterstützen. Ich finde es äußerst schade, dass dieser schöne Hindernissport nur noch so wenig Unterstützung in Deutschland erfährt.

Was waren bisher Ihre besten Pferde als Besitzertrainer, und welche Momente ragen heraus?

Pavel Bradik: Diese Frage zu beantworten ist nicht so einfach. Wenn es um die Pferdeleistung geht, ist auf der Flachen Prince Parsim als Zweiter im Ausgleich II und Flashy Approach als Vierter im Ausgleich I zu erwähnen. Über die Hindernisse Assurance to Win und Van Vürden. Aber ich habe in der Zeit schon viele Pferde trainiert und alle haben mir schöne Momente geschenkt und auch viel Freude. Beispiel El Mondri in Pardubice, Ariostello, den ich in Baden-Baden im Listenrennen für Stefan Wegner und Besitzer Hubert Scholz reiten durfte und anschließend nach einer Verletzung selbst trainiert habe. Man kann nicht alles aufzählen, sonst wird das kein Ende haben.

„Wir legen Wert auf eine solide Grundausbildung des Pferdes“

Adel verpflichtet siegt unter Pavel Bradik am 06.09.2015 Renntag in Quakenbrueck.
Adel verpflichtet siegt unter Pavel Bradik am 06.09.2015 Renntag in Quakenbrueck.

Was machen Sie bei der Vorbereitung der Pferde anders, oder was ist Ihnen bei der Arbeit besonders wichtig?

Pavel Bradik: Ich kann schlecht sagen, was ich anders mache als die anderen Trainer. Ich kann nur verraten, wie es bei uns abläuft. Wenn wir junge Pferde im Training haben, verbringen wir mindestens drei bis vier Monate auf dem Reitplatz, wir legen hier Wert auf eine solide Grundausbildung des Pferdes. Es ist kein gutes Gefühl, wenn man auf einem Pferd sitzt und keine Kontrolle über das Pferd hat. Das steigert auch extrem die Verletzungsgefahr für das Pferd und den Reiter. Unsere Pferde gehen vor der Arbeit in die Führmaschine für mindestens 30 Minuten. Danach traben sie ein paar Minuten, und dabei beobachte ich die Pferde, ob sie alle sauber traben. Anschließend werden sie auf dem Reitplatz geritten und dann geht es auf die Bahn. Nach getaner Arbeit gehen die Pferde noch für mehrere Stunden auf die Koppel. Abends kommen alle Pferde nochmals in die Führmaschine für circa 45 Minuten.

Was haben Sie in Martfeld für Trainingsmöglichkeiten?

Pavel Bradik: In Martfeld stehen mir insgesamt acht Hektar Land zur Verfügung. Auf dieser Fläche befinden sich mehrere Koppeln, eine Führmaschine mit einem Durchmesser von 30 m für 12 Pferde, eine Sandbahn, eine Grasbahn und ein Reitplatz 40m x 40m. Unsere Sandbahn hat zwei Diagonalen, so dass wir die Galopprichtung wechseln können und die Pferde auf beiden Händen gleichmäßig arbeiten können.

Wir reiten auch regelmäßig durch Startständer. Ich wollte auch schon eine Startmaschine kaufen, aber nach langer Überlegung habe ich beschlossen, dass wir lieber nach Bremen-Mahndorf oder Hannover fahren zum Üben. So lernen die Pferde auch zu Reisen. Wir besitzen noch zwei Magnetfelddecken und ein hochwertiges Solarium für Pferde. Ich bin auch ein kleiner Bastler. Unserem Pferdeanhänger habe ich ein kleines Tuning verpasst, eine Krippe zum Fressen, Temperaturanzeige, Kamera und schließlich auch eine Selbsttränke mit 80 Liter Wasserspeicher. Dieses ist eine sehr gute Sache für die langen Fahrten.

Wie lässt sich Ihr Hautberuf als Hufschmied mit dem Hobby Besitzertrainer kombinieren? Und wie sieht ein normaler Tag bei Ihnen aus?

Pavel Bradik: Eigentlich perfekt muss man sagen. Die Erfahrungen als Pferdetrainer kann ich in meinem Beruf sehr gut gebrauchen, und andersrum ich komme viel rum, ich sehe viel, und ich unterhalte mich mit vielen Menschen anderer Pferdesportarten. Diese Leute haben häufig sehr gute Vorschläge, Erfahrungen die man als Trainer gut umsetzen kann. Ich kann meinen Kunden auch andere Ansichten liefern, die ich durch meine Erfahrungen gesammelt habe.

Ich stehe morgens zwischen 4-6 Uhr auf. Meistens wird bei uns um 6:30 Uhr gefüttert, und ungefähr eine Stunde später geht es los mit den Pferden. Zwischen 11-13 Uhr fahre ich dann los zur Arbeit. Die meisten Kunden sind beruflich tätig und können erst nachmittags beim Pferd sein. Da meine Arbeit zu Hause fertig ist, habe ich für meine Arbeit einen freien Kopf. Meistens komme ich zwischen 20-23 Uhr nach Hause.

Keltenkönig siegt unter Pavel Bradik am 13.05.2010 in Magdeburg.
Keltenkönig siegt unter Pavel Bradik am 13.05.2010 in Magdeburg.

Ab mittags kümmert sich meine Lebensgefährtin um die Pferde. In unserem Stall und auf dem Grundstück habe ich mehrere Kameras installiert, die man auch aus der Ferne steuern kann. So hat man auch einen Blick auf die Pferde, wenn man unterwegs ist. Dieses wird auch häufig genutzt, wenn man zum Rennen fährt. Es ist beruhigend zu wissen, dass alles in Ordnung ist.

„Aladar Ari ist im Moment das beste Pferd im Stall“

Sechs Pferde stehen derzeit bei Ihnen. Nach welchen Kriterien suchen sie die Pferde aus? Und welche Zeit geben Sie Ihnen zur Entwicklung?

Pavel Bradik: Häufig sind das einfache Zufälle, ein wirkliches Kriterium gibt es nicht. Wir schauen uns die Abstammung, die Rennleistung an, und der Rest ist einfach nur Gefühl. Häufig habe ich Pferde übernommen, die gesundheitliche Probleme hatten. Ich habe versucht, die Probleme zu beheben und wieder auf der Rennbahn zu präsentieren. Manchmal hat das geklappt, manchmal nicht. Das jüngste Beispiel ist Aladar Ari, diesen haben wir gekauft und am Auge operieren lassen und im Moment ist er das beste Pferd bei uns im Stall. Er reagiert sehr sensibel auf fremde Menschen, und deswegen reitet ihn nur Patricia.

Wie viel Zeit ein Pferd benötigt, entscheide ich nicht, dass entscheiden nur die Pferde selbst. Ich kann nur die Entwicklung beobachten, und wenn ich überzeugt bin, dass die Pferde soweit sind, machen wir einen Schritt weiter. Das betrifft die Ausbildung und auch die Rennteilnahme. Wenn die jungen Pferde die ersten Male laufen, dienen diese Starts hauptsächlich den Übungszwecken, damit sie sich von Start zu Start weiter entwickeln können. Aus dem Grund sind die Ergebnisse im Grunde genommen erst einmal zweitranging, wenn sie alles gut umgesetzt und etwas gelernt haben. Schließlich will ich die Pferde lange behalten.

„Alle Entscheidungen basieren auf unserem Dialog“

Wie ist die Aufgabenverteilung zwischen Ihnen und Ihrer Lebensgefährtin Patricia Tepper im Rennstall?

Pavel Bradik: Ich bin der Chef und Patricia ist Chef Nummer 1. Spaß beiseite, wir arbeiten gemeinsam die Pferde, wir sprechen über alle Entscheidungen gemeinsam und alle Entscheidungen basieren auf unserem Dialog. Patricia pflegt die Pferde, verarztet sie, falls es nötig ist, reitet in der Arbeit, also macht sie alles für die Pferde. Mein Opa hat mir mal gesagt: „Junge, die Arbeit anfangen kann jeder, aber sie erfolgreich beenden ist die Kunst.“

Deswegen reitet Patricia die Pferde auch im Rennen. Sie kennt sie am besten, sie weiß, wie sie ticken, was sie mögen und was sie hassen. Wenn die Pferde schnell laufen, soll sie auch die Lorbeeren ernten. Ich darf schon entscheiden, was die Pferde in der Arbeit tun. Bei uns in der Arbeit gibt es eine eiserne Regel: „Wenn du merkst, es stimmt etwas nicht, sofort anhalten.“

Welches Rennen würden Sie gerne einmal gewinnen? Und was sind Ihre bevorzugten Bahnen?

Pavel Bradik: Man sagt immer: „Man soll sich hohe Ziele setzen, und wenn in die Mitte gekommen ist, muss man zufrieden sein.“ Ich habe keine Ziele über bestimmte Rennen. Ich freue mich jedes Mal, wenn die Pferde gute Leistungen geliefert haben. Sie können gewinnen, sie können auch platziert sein. Auch als Dritter kann man eine Topleistung zeigen. Ich habe immer einen Traum gehabt, ich wollte ein paar Mal in der Hochburg des Hindernissports reiten, England und Irland. Vielleicht kann ich mir meinen Traum noch erfüllen. Man soll die Hoffnung nie aufgeben.

Ich halte Hannover für eine der besten Rennbahnen in Deutschland, genau wie Berlin-Hoppegarten. Top-Geläuf und alles drum herum zeichnen diese beide Bahnen aus. Aber ich fahre auch gerne nach Dortmund, Bad Harzburg, Magdeburg und Quakenbrück. Ich finde es sehr schade, dass Bremen keine Rennen mehr veranstalten kann. Schließlich hatte ich am letzten Karfreitag-Renntag Adel verpflichtet als Sieger vom Geläuf geholt.

Keltenkönig siegt unter Pavel Bradik am 13.05.2010 in Magdeburg.
Keltenkönig siegt unter Pavel Bradik am 13.05.2010 in Magdeburg.

Was wäre Ihr größter Wunsch für die Zukunft des Rennsports in Deutschland?

Pavel Bradik: Ich würde mir wünschen, dass der Rennsport mehr Präsenz- und Aufklärungsarbeit leistet. Ich unterhalte mich häufig mit meinen Kunden, und diese sagen zu mir: „Das mit der Peitsche in der Zielgeraden sieht richtig brutal aus.“ Als Antwort gehe ich zu meinem Wagen und hole die Peitsche, dann sage ich ihnen einfach „hau dich“. Alle fangen sehr vorsichtig an, und rasch stellen sie fest, dass tut gar nicht so weh, wie sie gedacht haben. Dann kläre ich sie noch über die Regeln auf, und dann kommt der Spruch: „Das hätte ich nicht gedacht, dass sieht dann schon ganz anders aus.“ Hätten sie diese Peitsche nie in der Hand gehalten, hätten sie mir auch nie geglaubt.

Ich habe selbst ein Reitturnier in Essel gesponsert. Für jeden Teilnehmer in der Prüfung gab es zwei Freikarten für die Rennbahn Hannover/Langenhagen. Hier noch einmal ein großer Dank an den Rennverein für die Unterstützung. Aus den Gesprächen, die ich dann geführt habe, habe ich herausbekommen, dass alle mit denen ich gesprochen habe, die Rennbahn auch besucht haben. Alle waren schwer begeistert, viele haben gewettet und viele haben auch gewonnen.

Die meisten haben die Rennbahn mehrfach besucht, und ich muss immer berichten, wenn wir nach Hannover fahren, weil sie dabei sein wollen. So kann man auch Fans für die Rennen gewinnen und nicht nur diskutieren, was man besser machen kann. Einfach machen ist manchmal sinnvoller und effektiver. Es ist nur ein kleiner Beitrag, aber immer noch ein Beitrag. Schließlich liebe ich mein Hobby, und ich möchte, dass der Galopprennsport weiter lebt.

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Michael Hähn
Unser Autor Michael Hähn arbeitet als freier Journalist in Baden-Baden. Der Galopprennsport ist seit vielen Jahren sein Metier, und seine Leidenschaft sind Rennveranstaltungen in Deutschland und auf der ganzen Welt.

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