Die heutigen Rennen bei RaceBets
Innerhalb weniger Jahre hat Sarah Steinberg das geschafft, wovon viele Kolleginnen und Kollegen nur träumen können. Die Münchener Trainerin landete zahlreiche Erfolge in den bedeutendsten Rennen Deutschlands und auch mehrerer Top-Events im Ausland. Natürlich ragte der Derbysieg mit Fantastic Moon 2023 heraus. Mit dem Klassehengst im Besitz von Liberty Racing 21 trumpfte sie auch zuletzt im Grossen Preis von Baden auf. Gründe genug für einen Insider-Talk auf dem RaceBets-Blog.
Nochmals herzlichen Glückwunsch zum Sieg im Badener Grand Prix mit Fantastic Moon. Sie haben dieses Rennen nach Mendocino 2022 schon zum zweiten Mal gewonnen. Wie waren Ihre Erwartungen diesmal gewesen? Und was bedeutet Ihnen dieser Erfolg?
Sarah Steinberg: Wir sind optimistisch ins Rennen gegangen, dennoch war uns bewusst das wir mit Dubai Honour einen starken Gegner haben. Bis auf seine letzte Form standen da schon ein paar starke Rennen auf dem Papier. Wir wären mit dem zweiten Platz hinter ihm durchaus zufrieden gewesen. Dass es dann so leicht ging ist mit Sicherheit dem Rennverlauf geschuldet. Für uns war er einfach perfekt. Schnell gelaufen, Fanta entspannt am Ende des Feldes. Als ich gegenüber sah, mit wieviel Vertrauen René Fanta an letzter Stelle schlafen ließ, dachte ich sofort ans Derby und wusste das unsere Chancen hierdurch sehr groß werden.
Dieser Sieg bedeutete uns allen sehr viel. Es war wichtig, allen zu zeigen das, wir Fanta nicht gehen lassen dürfen. Ein Pferd mit soviel Härte und durchgehender Einsatzbereitschaft wächst nicht auf den Bäumen.
Ich bin überglücklich, dass er den Weg als Deckhengst einschlagen wird, er hat es mehr als verdient. Zudem sind wir sehr stolz, aber auch demütig, dass wir als kleiner Stall in so kurzer Zeit dieses Rennen zum zweiten Mal gewinnen konnten!
„Fanta ist deutlich reifer als im letzten Jahr“
Auch in diesem Jahr hat der Ausnahmehengst seine Klasse mehr als nur bestätigt. Was trauen Sie ihm nun im Arc in Paris zu, und welche Ziele haben Sie und Lars-Wilhelm Baumgarten anschließend im Auge?
Sarah Steinberg: Dieses Jahr fahren wir mit besseren Voraussetzungen nach Paris. Die Pause ist länger, und er ist deutlich reifer als im letzten Jahr. Letztes Jahr wollten wir einfach zuviel von ihm. Die Pause war kurz, die Saison war hart, und er war vom Start zuvor noch sehr angezündet. Blamiert hat er sich mit dem Laufen dennoch nicht. Mit besseren Voraussetzungen hätte er dort vielleicht auch schon weiter vorne sein können. Das Abschneiden haben wir uns auf die Fahne zu schreiben. Es hätte nach dem Prix Niel Schluss sein müssen, aber wenn man ein gutes Pferd hat, neigt man dazu, Fehler zu machen und zuviel zu wollen. Zum Glück hat er uns das nicht übel genommen.
Der Arc wird der Fokus sein, abzuwarten bleibt aber Boden, usw. Wir haben noch alles offen mit ihm. Fest steht aber, dass er nach seiner Karriere in die Zucht geht.
Was sind In Ihren Augen die Qualitäten, die Fantastic Moon besonders auszeichnen und unterscheiden von anderen Cracks, die Sie bisher vorbereitet haben?
Sarah Steinberg: Fanta ist eigentlich ein unkompliziertes Pferd, wenn man richtig mit ihm umgeht. Er ist sehr hengstig, doch mit einem konsequenten, aber fairen Umgang hat René das mit ihm gut im Griff. Wenn er da ist, reitet er ihn, ansonsten ich.
Er ist ein Pferd, das Spaß an der Arbeit hat und hart zu sich selbst ist. Dabei hat er immer Appetit, genießt seine Zeiten auf der Koppel und ist der absolute Wälzkönig. Er macht sich das Leben selbst nicht schwer und nimmt’s wie‘s kommt. Diese Gelassenheit und Ruhe haben nicht viele Pferde, und damit fokussiert er sich auf seine Leistung und liefert einfach ab. Dazu kommt dieser wahnsinnige „turn of foot“. Das ist seine absolute Stärke!
„Die Sea The Moons sind hart zu sich selbst und leistungsbereit“
Auch Quest the Moon legt wieder ein tolles Jahr hin, und das mit acht Jahren. Wie haben Sie ihn wieder zu Top-Formen motivieren können? Und was muss ein Vollblüter an sich haben, damit er auch im hohen Alter noch so stark unterwegs ist?
Sarah Steinberg: Questi und Fanta sind sich sehr ähnlich. Die Sea The Moons bringen alle die Eigenschaft mit, hart zu sich selbst und leistungsbereit zu sein.
Mit Questis Verletzungen wäre wahrscheinlich keiner mehr an den Start gekommen. Aber er hat uns gezeigt, dass er Rennpferd sein will. Es hat etwas gedauert, bis er mit seinem Körper wieder zurecht gekommen ist, deswegen haben wir anfangs auch auf PSF angefangen, um ihm einen gleichmäßigen Boden zu geben. Er war aber immer unzufrieden mit unseren Vorstellungen, ihn schonend zu reiten. Somit entschieden wir in diesem Jahr ,dass er einfach machen soll, wie er will. Wir zwängen ihn im Rennen nicht mehr an eine Position oder an eine Order. Er entscheidet, und es kommt, wie es kommt. Damit scheint er sich sichtlich wohlzufühlen.
Damit ein Pferd über so lange Zeit noch Spaß am Rennen laufen hat, muss er gewisse Charaktereigenschaften mitbringen. Er muss seinen Job lieben, hart sein, und man muss als Trainer und Jockey lernen, diesen Pferden im Training und im Rennen einen gewissen Freiraum zu lassen. Dass ein altes Pferd nicht mehr arbeiten möchte wie ein Dreijähriger, muss man hinnehmen. Wichtig ist, dass sie sich wohlfühlen und Spaß haben. Den alten Hasen muss man nicht mehr erklären, wie es läuft!
„Dieses Jahr war witterungsbedingt sehr schwer“
Mehr als jeder fünfte Ihrer Starter kam in diesem Jahr bisher als Sieger zurück. Welche Anzeichen müssen Ihrer Meinung erfüllt sein, damit Sie ein Pferd starten lassen? Und was sind Ihrer Prinzipien?
Sarah Steinberg: Dieses Jahr war witterungsbedingt sehr schwer. Die Temperatur und Wetterwechsel waren eine Herausforderung. Hier musste man die Pferde bezüglich Schnupfen und Erkältungen gut im Blick haben. Natürlich ist der gesundheitliche Zustand der erste Punkt. Deswegen gehören regelmäßige Blutbilder, Checks, chiropraktische Behandlungen zur Hausaufgabe. Dann kommt natürlich dazu, dass die Pferde sich wohlfühlen. Wenn ich einen schlechten Eindruck habe oder sie arbeiten schlecht, dann laufen wir nicht.
Passendes Rennen, Distanz, Boden, Gegner versuchen wir gut zu analysieren, um die Chancen zu erhöhen. Unsere Einstellung ist dabei, lieber etwas weniger Starts, aber dafür gute! Da wir kaum kleine Handicapper haben, die ab und zu einen Start brauchen, um vom GAG herunter zu kommen, kann man beruhigt auf den ein oder anderen Start verzichten.
Ihr Lebensgefährte René Piechulek hat sicher einen großen Anteil an den Erfolgen. Wie sind die Aufgaben im Stall zwischen Ihnen aufgeteilt?
Sarah Steinberg: Ohne René hätten wir diesen Erfolg nicht. Er kennt unsere Pferde, setzt sich mit Problemen und Eigenschaften genauso auseinander wie ich. Zudem ist er sehr starker Reiter im Rennen, er bekommt gute Lagen, und im Endkampf gibt es aktuell wenige, die ihm das Wasser reichen können.
René ist eigentlich nur zum Reiten am Stall. Deswegen liegt sein Fokus im Training, bei den Galopps und dem Einschätzen der Pferde. Die Galopps reiten wir meist gemeinsam. Deswegen können wir meist eine gute Einschätzung über die Qualität eines Pferdes angeben. Das ist mit Sicherheit ein großes Plus. René hat ein sehr gutes Gefühl fürs Pferd, wodurch man Probleme schneller herausfindet, aber auch positive Eigenschaften erkennt er sehr schnell.
Ich mache sonst alles. Vom Reiten, über Füttern, medizinische Versorgung und, und….
Auf Reisen fahren wir beide, wie es gerade anfällt. Da ist sich auch René nicht zu schade, seine Pferde selbst zur Rennbahn zu steuern.
Jede Menge Hoffnungsträger
Auf welche jungen Pferde legen Sie besondere Hoffnungen? Wie stark hat sich Ihr Quartier auf den Auktionen verstärkt?
Sarah Steinberg: Bei den Zweijährigen haben wir eher späte Pferde. Aber dennoch einige die wieder fürs nächste Jahr Hoffnung machen. Bei den Hengsten bleibt Hoffnung auf Di Maggio, Antinori und Warasch.
Mit Ice Baby haben wir schon eine zweijährige Siegerin die sich zuletzt ordentlich mit einem dritten Platz im Ferdinand-Leisten Memorial verkaufte. Black-Type würde man ihr wünschen.
Im nächsten Jahr hoffen wir auf Anna Rocca und Fire and Ice, die als Schwester von Fanta eine schwere Bürde zu tragen hat.
In Baden hat Herr Wernicke wieder zwei Stuten von Wootton Bassett gekauft. Diese sind aber erstmal aufs Gestüt Söderhof, genauso wie meine Jährlingsstute von Harry Angel. Sie sollen noch die Zeit auf der Koppel genießen und Kind sein dürfen. Sie werden im nächsten Jahr in den Rennstall einrücken. Genauso wie die Pferde von Liberty Racing, Gestüt Ebbesloh, Gestüt Hachtsee. Sie gehen alle zuerst ins Pre-Training. Also werden wir vorerst keine Jährlinge im Stall haben.
„Herr Wernicke hat mir die Chance zu geben, mich selbst zu verwirklichen“
Hans-Gerd Wernicke vom Stall Salzburg hat Ihnen vor Jahren früh das Vertrauen geschenkt, als man Sie in der Szene noch kaum kannte. Was schätzen Sie ganz besonders an ihm, und auch an seinem Racing Manager Harald Schneider?
Sarah Steinberg: Herr Wernicke hat vor fast neun Jahren mir als Unbekannte die Chance gegeben, mich selbst zu verwirklichen. Er schenkte mir vom ersten Tag an großes Vertrauen und alle Freiheiten.
Wir hatten gemeinsam viele Höhen und Tiefen und diese durchgestanden. Dass es im Rennsport und mit den Pferden nicht immer nach Plan läuft, weiß jeder, der lange dabei ist. Ein hoffnungsvolles Pferd zu kaufen ist kein Garant ein Rennpferd zu bekommen. Wir können aber über alles sprechen und versuchen dann auch, Probleme gemeinsam zu lösen.
Er unterstützt mich in allem und dafür kann ich ihm nur danken, ohne ihn wäre ich heute nicht da, wo ich jetzt bin! Mittlerweile haben wir ein sehr vertrautes und freundschaftliches Verhältnis.
Herr Schneider nimmt mir mit der ganzen Büroarbeit einen großen Teil Arbeit ab. Ich bin froh, dass dies nicht zusätzlich an mir hängen bleibt, so kann ich mich besser um Stall und Pferde kümmern. Er macht Nennungen und alles, was so an Emails anfällt. Als wir in Hong Kong waren, hat er das komplette Reisemanagement übernommen.
Zudem verfügt er über ein enormes Wissen, was Pferde, Rennen und Rennverläufe aus vergangen Zeiten angeht. Er kennt Pedigrees und Formen auswendig. Er ist, was das angeht, wie ein laufendes Lexikon. Man kann ihn über alles und jeden fragen. Er beschäftigt sich ausgiebig mit Rennen und Zucht. Das ist sehr wertvoll, was Kauf von Pferden und Rennen angeht.
Was würden Sie im deutschen Rennsport gerne verändern oder verbessern?
Sarah Steinberg: Verändern kann und sollte man vieles. Es muss aber ein Konzept her, um alles systematisch umzusetzen. Für mich muss für ein Pferd ein Renntag angenehmer umgesetzt werden. Dazu gehören die Zeiten, die Pferde im Führring und an der Startstelle verbringen, Lautsprechereinstellungen am Führring/Sattelboxen, speziellen Pferden die Möglichkeiten geben, wie in Frankreich, auf den Aufgalopp zu verzichten (ohne drei Galoppsprünge). Dazu gehört aber auch, Pferde, die nicht in die Startmaschine einrücken, schneller vom Start zu verweisen, bestraft werden immer nur die Pferde, die brav reingehen und lange stehen müssen.
Angenehmer könnte man es Pferden auch machen, wenn man an Renntagen, an den es extrem heiß ist, Vernebler aufstellt (wie in Frankreich/England), Gastboxen saniert mit besserer Belüftung. Waschplätze und Möglichkeiten, wo Pferde sauber und ordentlich vor und nach dem Rennen versorgt werden können. Trainingsbedingungen sanieren und verbessern!
Das sind wahrscheinlich Dinge die man schnell mit finanziellen Mitteln lösen könnte. Dass der deutsche Galopp viel größere Probleme hat, weiß man, aber die können wir nur lösen, wenn gemeinsam daran gearbeitet wird. Leider passiert dies noch zu wenig, da Besitzer, Züchter und Rennvereine meist nicht auf einen Nenner kommen und unterschiedliche Interessen verfolgen.
Ich möchte gerne als Trainerin noch 30 Jahre arbeiten, da fällt einem viel ein, was man machen könnte, damit man überlebt.
Auch die Personalfrage ist mit heutigen Vorgaben und Arbeitseinstellungen kaum noch umsetzbar. Junge Leute wollen nicht mehr das Maß arbeiten wie früher, leider fehlt oft aber auch das Gefühl und das Herz. Das geht in unserer jetzigen Gesellschaft immer mehr verloren. Ich könnte so vieles aufzählen. Verbessern kann man immer, aber wir sind mit kleinen Schritten auf einem guten Weg!
Was sind Ihre großen Ziele für die persönliche Zukunft als Trainerin?
Sarah Steinberg: Planen kann man Ziele meist schwer. Ich bin sehr dankbar, diese Qualität an Pferden zu trainieren, und da kann man natürlich auch träumen. An erster Stelle wünscht man sich aber Gesundheit, und dass sie alle gut durch die Saison kommen. Da ich ja noch ein paar Jahre vor mir habe, kann man ja auch mal von großen Rennen im Ausland träumen. Dem Arc, King George, usw. Aber einen Fanta hat man nun mal nicht jedes Jahr! In Deutschland wäre es immer noch der Preis der Diana.