Er war über viele Jahre Sportchef bei der Dresdner Morgenpost und hatte stets ein Herz für den Galopprennsport. Seit diesem Jahr arbeitet Thomas Schmidt als Geschäftsführer beim Dresdener Rennverein. Was sind seine dringendsten Aufgaben? Was macht für Ihn den Reiz des Turfs aus? Exklusiv im Insider-Talk auf dem RaceBets-Blog berichtet er darüber.
Sie haben früher als Sportchef der Dresdner Morgenpost den Galopprennsport stets mit großer Berichterstattung in die Zeitung gebracht. Wie entstand Ihr Faible für den Turf? Wie konnten Sie das bei der Zeitung umsetzen?
Thomas Schmidt: Als Dynamo Dresden 1995 aus der 1. Bundesliga gleich zwei Etagen tiefer in die Regionalliga zwangs-abgestiegen war, habe ich gesagt: Vier Seiten jeden Tag können wir nun nicht mehr über Dynamo schreiben. Doch wie füllen wir die dann? In einer Analyse haben wir – zugegebenermaßen erstaunt – festgestellt: Auf die Galopprennbahn kommen im Jahr die zweitmeisten Zuschauer in der Stadt. Doch wir haben diesen Sport – wie so viele Zeitungen – stiefmütterlich behandelt.
Das änderte ich und räumte dem Galopp mehr Platz ein. Es wurde immer mehr. Zu Renntagen produzierten wir achtseitige Beilagen, in denen sich neben Storys, Porträts und Wett-Tipps auch die Renntagssponsoren mit Anzeigen wiederfanden und so das Ganze finanzierten. Die Zeitungen verteilten wir auf der Rennbahn und alle – Rennverein, Besucher und der Verlag – hatten etwas davon. Die Zeitungen wurden für 0,5 Cent das Stück an den Rennverein verkauft, so dass sie nicht als verschenkte Exemplare galten und in die Auflage einflossen, was bei dem Rückgang im Printbereich ein Argument bei den skeptischen Entscheidern in unserer Chefetage war.
Einmalige Reichweite in Deutschland
Im vergangenen Jahr waren Sie Pressechef beim Rennverein in Dresden. Was haben Sie in dieser Zeit erreichen können?
Thomas Schmidt: Ich habe schon im Sommer 2019 angefangen, als von Corona noch keine Rede war. Wir haben versucht, schneller bei den Leuten zu sein. Über Dresdner Siege – nicht nur in Seidnitz, sondern auch in der Fremde – haben wir beispielsweise noch vor der GaloppOnline-Meldung bei Facebook einen Jubel-Post abgesetzt, die Likes waren entsprechend groß und die Fangemeinde hat sich inzwischen mehr als verdreifacht. Auch andere Social Media-Kanäle wurden bedient. Dank meiner Kontakte in der Journalisten-Szene konnte ich unsere Renntage durch meine Ex-Kollegen individuell vor- und nachbereiten lassen. Im Vorjahr wurden dann die besucherlosen Renntage live auf Dresden Fernsehen übertragen. Die Reichweite in Sachsen und darüber hinaus von mehr als zwei Millionen Menschen war deutschlandweit einmalig.
Nun haben Sie die Geschäftsführung inne. Wie kam es dazu? Wie war der Start? Was sind Ihre wichtigsten Aufgaben aktuell?
Thomas Schmidt: Die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit hatte ich ja mehr oder weniger nebenbei als Elternzeit-Vertretung gemacht. Cathleen Bielefeld stieg am 1. Januar als junge Mama wieder ein, doch der Rennverein wollte mich nicht verlieren. So fragte mich Rennvereins-Präsident Michael Becker bereits im Sommer, ob ich mir die Nachfolge von Uwe Tschirch, der 2021 in Rente geht, als Geschäftsführer vorstellen könne. Seit Beginn des Jahres arbeiten wir parallel, worüber ich sehr dankbar bin. Er macht, ich mache mit. Oder ich mache, er korrigiert gegebenenfalls.
Im ersten Vierteljahr habe ich alle Verträge und Unterlagen digitalisiert. Das Renntechnische wie die Ausschreibungen und die unzähligen Telefonate an den Tagen der Vorstarter- und Starterangabe liegt noch zu 100 Prozent bei Uwe Tschirch. Ich arbeite vor allem in Sachen Rennbahn als Immobilie, Zusammenarbeit mit der Stadt als Eigentümerin, Kommunikation mit den Trainern vor Ort. Das Organisatorische vor und nach den Renntagen ist umfangreich genug, so dass es definitiv nie langweilig wird. Ganz ehrlich: Ich hatte nicht mit so einer Komplexität gerechnet – es kommt quasi täglich etwas Neues dazu.
Unsere Internetseite hat im April einen Relaunch erfahren unter galopprennbahn-dresden-seidnitz.de. Dort gibt es nach unseren Renntagen neben Ergebnissen und Quoten auch das Zielfoto und den Rennfilm. Mit der Seite wollen wir zudem Zielgruppen ansprechen, die die Bahn als Eventlocation für private oder Familienfeiern nutzen und auf diesem Weg an das Thema Pferderennen herangeführt werden.
Die „Biergarten-Idee“
Wie hat der Rennverein die Pandemie-Zeit bisher überstanden? Sie haben mit den Besuchern im Biergarten zuletzt einen besonderen Coup landen können. Wie war es, wieder Menschen vor Ort begrüßen zu können?
Thomas Schmidt: Ich muss nicht weiter erläutern, wie trostlos die Renntage vor leeren Tribünen waren. Das ging ja allen so, nicht nur Galoppern, auch den Ballsportlern. Trotzdem muss man dankbar sein, dass überhaupt etwas stattfand. Finanziell lief es lange trotzdem ganz okay, weil sich ja die Personalkosten an den Renntagen in Grenzen hielten. Doch dann kam der Renntag am 26. September. Wir durften erstmals 2600 Besucher auf die Bahn lassen, doch nach fünftägigem Dauerregen und auch der Wettervorhersage für den Tag selbst kamen nur rund 500 Leute.
Viel schlimmer: Nach zwei Rennen musste die Veranstaltung wegen des überfluteten Geläufs abgebrochen werden. Kaum Einnahmen auf der Bahn, kaum Wettumsätze. Ein Desaster, weil alle Kosten trotzdem anfielen. So stand unterm Strich für 2020 dann doch eine rote Zahl. Ein Lichtblick war nun die Aktion mit der Biergarten-Idee. Ein Schlupfloch in der Corona-Schutzverordnung, welches wir genutzt haben. Neben dem kleinen finanziellen Effekt dank der 1500 Biergarten-Gäste war es die Stimmung auf der Bahn und die Stimmung im Kopf: Endlich geht wieder was. Am 13. Juni können wir wahrscheinlich wieder richtig für Besucher öffnen, wenn der Inzidenz-Wert bis dahin stabil unter 35 bleibt.
Was sind die weiteren Höhepunkte in diesem Jahr? Wer sind Ihre wichtigsten Partner?
Thomas Schmidt: Wie gesagt: Ein Höhepunkt wird sicher am 13. Juni der IDEE KAFFEE-Renntag mit Tausenden Besuchern sein. Sportlich hochwertig folgt der 10. Juli mit dem bwin Sommerpreis als Listenrennen. Im Herbst gibt’s den Großen Preis der Landeshauptstadt als Gruppe III-Rennen. Und das Finale am Buß- und Bettag im November wird wie immer mit dem Dresdner Herbstpreis als Listenrennen gekrönt. Neben der Stadt Dresden und dem Sportwettenanbieter bwin, der bereits das Auktionsrennen unterstützt hat, ist Hauptsponsor Freiberger Brauhaus unser größter Partner. Beeindruckend: Der Vertrag wurde trotz Pandemie 2020 für drei Jahre verlängert. Viele unserer langjährigen Sponsoren stehen in den Startlöchern und haben signalisiert: Sobald wieder Besucher zugelassen werden, sind wir dabei.
Wie sieht ein normaler Arbeitstag bei Ihnen aus? Wie stark ist Ihr Team vor Ort?
Thomas Schmidt: Neben Uwe Tschirch und mir als Doppelspitze gibt es das zweieinhalbköpfige Team, das sich um den Erhalt und die Pflege des Flächendenkmals Galopprennbahn kümmert, eine Sekretärin, einen Sportmanagement-Studenten, der seinen praktischen Teil bei uns absolviert, und die oben genannte Cathleen Bielefeld für Marketing- und Öffentlichkeitsarbeit. Ein freier Mitarbeiter ist für Sponsoren-Betreuung und -Akquise zuständig. Und der Vorstand ist aktiver eingebunden, als man es für Ehrenamtler erwarten könnte.
Wie stark ist der Rennsport in Dresden bei der Bevölkerung verankert?
Thomas Schmidt: Uns erreichen unzählige Mails, die Telefone stehen nicht still – alle fragen: Wann geht es wieder los bei Euch? Auch die Zugriffszahlen in den sozialen Medien zeigen das Interesse. Vor Corona hatten wir einen Besucher-Schnitt von 8000 – dorthin kommen wir sicher bald wieder.
Wie ist die Lage bei der Trainingszentrale?
Thomas Schmidt: Sowohl bei Stefan Richter als auch bei Claudia Barsig stehen bereits schöne Erfolge in Frankreich zu Buche. Besitzertrainer Ralph Siegert landete den ersten Dresdner Treffer auf der Heimatbahn, Guido Scholze steht kurz davor. Der Richter-Stall wird immer größer, Claudia Barsig tritt in dieser Saison etwas kürzer.
Haben Sie persönlich Beteiligungen an Rennpferden? Würde Sie das reizen?
Thomas Schmidt: Ich war mal bei den Turffreunden Dresden, einer damals vielköpfigen Besitzergemeinschaft, dabei. Der Reiz ist natürlich noch da und wird sicher irgendwann befriedigt.
„Ich genieße Familie, Haus und Garten“
Was machen Sie an Ihren freien Tagen?
Thomas Schmidt: Ich genieße Familie, Haus und Garten. Für die Sport-Welt bin ich noch in meinem gelernten Job als Journalist aktiv, berichte aus Leipzig, Magdeburg und Halle. Dynamo Dresden wird immer meine Leidenschaft bleiben, mit den Schwarz-Gelben und dem gesamten sächsischen Sport beschäftige ich mich in ,Schmidtis Overtime‘, einem Podcast des Wochenkuriers, und in einer Kolumne für diese Zeitung.