Wisst ihr was ich so besonders toll an Rennbahnen und dem Rennsport allgemein finde? Dass er so alt ist. Dass man davon ausgehen kann, auf dem selben Turf zu wandeln, wie schon einst Oleander, Schwarzgold oder Ticino. Wenn man also auf der Bahn ist, dann kann man sich sicher sein, ein Stück Rennsportgeschichte zu atmen. Auf keiner Bahn ist das so deutlich wie in Iffezheim, denn hier stechen einige Namen so massiv hervor, dass sie alle anderen überstrahlen. Wenn man da so auf der Tribüne sitzt, kommt man nicht umhin, sich daran zu erinnern, was hier sonst noch geschah. Auch wenn man nicht dabei war – die Geschichten kennt man dennoch.
Zwei Unbesiegte traten in Baden-Baden an, die aller Welt bekannt sind. Eine ging in die Geschichte ein, 54/54 die Bilanz. Kincsem hieß sie. Und sie ist immer noch das einzige Pferd auf der Welt, das so viele Siege holte, ohne jemals geschlagen zu werden. Auch in Baden-Baden war sie. Gleich dreimal im großen Preis von Baden. Natürlich war sie auch sonst auf verdammt vielen Rennbahnen unterwegs. Aber dreimal … das muss ihr erst mal jemand nachmachen. Und das in der heutigen Zeit, wo Reisen bequem für Pferde sind und maximal ein paar Stunden dauern.
Der andere Unbesiegbare verlor auch seine Krone in Baden-Baden. Nachdem er sie dort erst gefestigt hatte. Man hatte ja schon einiges von Overdose gehört, als er 2008 zur goldenen Peitsche antrat. Im Frühjahrsmeeting putzte er die deutschen Flieger schon. Und wer ihn in der goldenen Peitsche gesehen hat, musste wirklich annehmen, dass es kein schnelleres Pferd auf der Welt gibt. Auch das konnte man von derselben Tribüne aus sehen. Und sind wir ehrlich – normalerweise wird beim Ausländersieg ja meistens nur verhalten geklatscht. Nicht bei dem schnellen Ungarn. Da war richtig was los in Iffezheim.
Genauso weh tat dann jedoch seine nächste Vorstellung in Baden-Baden, als er zum zweiten Mal in die goldene Peitsche ging. Und das erste Mal bitterlich verlor. Jeder hatte gesehen, was der Besitzer nicht sehen wollte: Dozi wollte nicht – konnte nicht. Das ist wohl auch mit eine der bittersten Vorstellungen in Iffezheim gewesen.
Unbesiegbar war dieser hier nicht: Aber unbestreitbar ein Riese. Oleander – dreifacher Sieger im Preis von Baden, der heute noch als Statue in Quadrath Ichendorf steht. Kein Mensch weiß, wer dieses Pferd ist. Außer der geneigte Rennsportler, der an der Statue vorbei kommt. Und automatisch die Assoziation hat: Ach, Oleander. Dreimal Großer Preis von Baden. Obwohl niemand von uns dabei war. Wir wissen das halt. Wir wissen, wer Oleander ist. Und er ist unser erster Gedankenblitz, wenn Baden-Baden zum Thema wird. Und was kommt von Oleander? Schwarzgold natürlich.
Aber diese drei sind auch hier in Top Gesellschaft. Wen hat man hier nicht alles gesehen? Teilweise sogar als Doppelsieger!
Luciano, Mondrian, Nebos, Acatenango, Alpenkönig, Lomitas, Lando, Tiger Hilll … und natürlich Danedream, bevor sie in den Arc ging. Alle Großen waren irgendwann in Baden-Baden. Aber auch die anfangs eher Unbekannten. Die hat Fortuna hin und wieder sehr lieb, wenn sie plötzlich ihre Gunst dreht. Da sieht man dann plötzlich auch Prince Flori vor Schiaparelli oder Oriental Tiger. Entgegen aller Prognosen im Jahr 2006.
Ist das nicht verrückt, dass man das alles weiß, wenn man so auf den Rasen von der Tribüne herunterschaut? War man selbst dabei, dann hat man ein sehr konkretes Bild von der Vergangenheit. Ich kann die Augen schließen und noch einmal Adlerflug gegen Quijano erleben. Vielleicht auch ein Jahr später: Kamsin gegen Adlerflug. Woraus sich immer mehr Geschichten ergeben. Der ewige Zweite Youmzain … auch er war da. Oder It’s Gino, bevor er im Arc über sich hinaus wuchs.
Viele Dinge laufen in Baden-Baden zusammen. Oder sagen wir: Viele Geschichten fangen in Baden-Baden an.
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