Bereits acht Jahre ist es nun her, dass ein ganz besonderes ungarisches Pferd auf den deutschen Rennbahnen für Furore sorgte. Nach seinem Sieg in Hoppegarten erregte er nicht nur hierzulande einiges Aufsehen. Er sorgte nämlich nicht nur für einen neuen Bahnrekord über 1000 Meter auf unserer Hauptstadtbahn in Berlin, sondern wurde als erstes Pferd überhaupt zu Ungarns Sportler des Jahres gekürt. Die Rede ist natürlich von Overdose. Das erste Pferd, das es zum ungarischen Staatshelden schaffte und nicht nur in seinem Heimatland zu einer Ikone seiner Zeit wurde. Überall auf der Welt waren Menschen Mitglieder im eigens geschaffenen Fanclub, seine Geschichte wurde sogar verfilmt.
Der Starborough-Sohn Overdose gewann 16 seiner 19 Rennen auf der Sprintdistanz und kostete seinerzeit nur 2500 Euro. Besitzer Zoltan Mikoczy ersteigerte das Pferd auf einer englischen Auktion rein zufällig und der Hengst rettete die ganze ungarische Turfszene mit seiner Popularität. Obwohl er einige gesundheitliche Probleme hatte, gewann er nahezu jeden seiner Starts in Ungarn auf der berühmten Rennbahn Kincsem Park. Hier in Deutschland war er unter anderem siegreich in der Goldenen Peitsche auf Gruppe 3-Ebene in Baden-Baden und in der Lotto Hamburg Trophy ebenfalls auf Gruppe 3-Niveau. Overdose wurde nach seiner aktiven Karriere im Gestüt Lindenhof als Deckhengst aufgestellt. Leider verstarb er dort 2015 an den Folgen einer Kolik.
Doch nun, nach knapp acht Jahren, hat Ungarn wieder einen Champion, der das Zeug zum Nationalhelden hat. Sein Name ist in aller Munde auf deutschen Rennbahnen. Der vierjährige Wallach Nancho galoppiert zurzeit alles in Grund und Boden, was sich ihm in den Weg stellt. Mit seinem Sieg im Großen Preis von Bayern, dem fulminanten Abschluss der Rennsaison, avancierte Nancho nun in München zum Gruppe 1-Sieger.
Sein Vater ist der in Deutschland wohlbekannte Tai Chi, der nun mit Nancho seinen ersten Gruppe 1-Sieger stellte. Der zehnjährige Hengst deckt aktuell im Gestüt Ohlerweilerhof. Er selbst machte vor allem als Zweijähriger auf sich aufmerksam. Unter der Regie von Trainer Werner Baltromei gewann er direkt beim zweiten Lebensstart im französischen Clairefontaine und im späteren Verlauf des Jahres 2011 das Ferdinand-Leisten-Memorial unter Jockey Maxim Guyon.
Am 16. Oktober 2011 kam Tai Chi dann im Kölner Preis des Winterfavoriten an den Ablauf und konnte auch hier alle Erwartungen mehr als deutlich erfüllen. Dabei verwies er mit Thierry Thulliez auch die späteren Gruppesieger Amarillo und Amaron auf den zweiten und dritten Platz. Ein großer Erfolg Tai Chis war ebenfalls ein dritter Platz im Criterium de Saint Cloud, einem Gruppe 1-Rennen über 2000 Meter für zweijährige Pferde, mit dem er die Saison abschloss. Im folgenden Jahr war Tai Chi allerdings nur noch einmal am Start und beendete danach seine Rennlaufbahn. 65 Nachkommen des einstigen Champions sind heute auf den Rennbahnen unterwegs.
Weniger spektakulär verlief die Rennlaufbahn von Nanchos Mutter Nantana. Nantana steht im Besitz von Heiko Johanpeter, der auch der Züchter von Nancho ist. Die Stute selbst ist eine Paolini-Tochter, die Mutter war Nostalgia. 2007 geboren, absolvierte Nantana von 2011 bis 2013 27 Starts. Besitzer und Trainer war Reinhard Johannsmann und unter seiner Regie war die Stute dreimal siegreich und lief auch dreimal in die Platzierung. Alle drei Siege errang die Stute als Dreijährige. Der erste Volltreffer gelang ihr in Bad Harzburg mit Dennis Schiegen im Sattel. Ihr Top Jahres GAG lag bei 59 kg und sie verdiente 11875 Euro in ihrer Rennlaufbahn. Am 07. August 2013 lief Nantana in Köln ihr letztes Rennen. 2015 brachte sie dann aus der ersten Paarung mit Tai Chi direkt Nancho zur Welt. 2017 kam brachte sie mit Nanscholino einen Bruder zu Nancho, ebenfalls mit Tai Chi als Vater.
Nancho selbst wechselte auf der BBAG Auktion im Herbst 2016 für 9000 Euro in den Besitz von Intergaj und wird seitdem von Gabor Maronka in der Nähe von Budapest trainiert. Am 01. April 2018 debütierte Nancho in Budapest und konnte in der 1200 Meter langen Prüfung direkt seinen ersten Sieg feiern. Die anschließenden Starts liefen eher durchwachsen und erst im September desselben Jahres kehrte Nancho über 2000 Meter in Budapest zurück auf die Siegerstraße. Danach gewann er noch vier weitere Rennen, ehe es für ihn in die Winterpause ging.
Sein Saisondebüt gab Nancho am 21. April dieses Jahres und gewann direkt wieder. Lediglich der berüchtigte zweite Jahresstart ist kein Volltreffer, denn Nancho wird zweiter. Nach diesem zweiten Platz legte er aber erst richtig los und gewann fünf weitere Rennen in Folge. Das erste Highlight seiner Karriere war wohl der Sieg in der Baden-Württemberg-Trophy am 20. Oktober. Unter Bayarsaikhan Ganbat setzte er sich in dieser Gruppe 3-Prüfung überlegen durch.
Nancho verwies gestandene deutsche Pferde wie Say Good Buy und Be my Sheriff auf ihre Plätze und entführt die 32000 Euro Preisgeld nach Ungarn. Am vergangenen Sonntag in München gab es dann die Galavorstellung des Tai Chi-Sohnes auf höchstem Parkett. Es war nicht nur der erste Gruppe 1-Treffer hierzulande für den Wallach, sondern auch für seinen Reiter Bayarsaikhan Ganbat, der zu einem eindrucksvollen Endkampf noch einmal alles Kräfte seines Partners mobilisieren konnte. Für diesen Sieg im Großen Preis von Bayern gab es für Nancho ein Preisgeld von 100000 Euro.
Wie es nun für den Wallach weitergeht, bleibt abzuwarten. Allerdings war der eindrucksvolle Sieg über Pferde wie Ashrun, Ladykiller, Amorella, Nickei und all die anderen ein sehr bewegender Moment. Nicht nur für alle, die aktiv am Erfolg des Wallachs beteiligt sind, sondern auch für alle Galoppfans europaweit war es ein großartiger Moment in unserem wundervollen Sport, denn die ganzen Emotionen des Teams rund um Nancho waren bis über die Fernsehbildschirme spürbar. Mit Sicherheit wird man seinen Weg verfolgen und ihm die Daumen drücken, wohin auch immer es den sympathischen Wallach führt. Der Sieg in München wird unvergessen bleiben, nicht nur hierzulande, sondern auch als bedeutsames Ereignis für den Rennsport in Ungarn gibt er wieder Hoffnung.