Auf der Suche nach einem Traumpferd

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Schon seit 2020 hatte ich den Pferdemarkt beobachtet und nach einem passenden Zweitpferd geschaut. Die Suche gestaltete sich schwierig: Denn die Pferde sind im ganzen Land verteilt und teils innerhalb von nur wenigen Stunden verkauft. Ich fuhr in dieser Zeit viele hundert Kilometer. Lernte viele tolle Menschen und Pferde kennen. Doch leider auch manch ein schwarzes Schaf.

„Komm einfach vorbei“

Aussagekräftige Verkaufsfotos und Videos sind bei Verkaufspferden leider eher selten. Wobei auch fehlende Verkaufsfotos etwas sagen können. Zum Beispiel das Jungpferd mit lupenreiner Springabstammung, das auf dem Verkaufsfoto an einem aufblasbaren Einhorn schnuppert. Nach einem kurzen Telefonat räumte der Verkäufer ein: „Ich kann Ihnen gerne Springvideos schicken, aber das will keiner sehen. Der sollte Freizeitpferd werden.“ Aha.

Umgekehrt habe ich Verkäufer schätzen gelernt, die den Ausbildungsstand des Pferdes offen und ehrlich kommunizieren. Bei einem hübschen jungen Fuchs fragte ich nach einem Springvideo und bekam eine wilde Szene, wo ein Mann in riesengroßen Gummistiefeln ein völlig überfordertes Jungpferd gegen ein paar Stangen jagt. Ein einfaches „Er ist noch nicht gesprungen“ hätte mir auch gereicht.

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Vor Ort positiv überrascht haben hingegen einige Rennpferde, deren Verkaufsvideos auf tiefem Sandboden gemacht worden. Im Reitsport wünschen wir uns aufwändige und elastische Bewegungen. Die Böden auf Reithalle und Reitplatz sind darauf ausgelegt, eben diesen Bewegungsablauf zu fördern. Manche Rennpferde werden hingegen auf Boden gearbeitet, den wir Reitsportler bestenfalls als „Sandkasten“ bezeichnen würden: Sehr, sehr tief. Die Verkaufsvideos auf solchem Boden werden der tatsächlichen Bewegungsqualität des Pferdes gar nicht gerecht.

Nein: Ich bin kein Reittourist

Etwas entsetzt habe ich den scheinbar wachsenden Trend zum Reittourismus beobachtet. Scheinbar gibt es Leute, die Interesse an Verkaufspferden vorgeben, um schöne Ställe anschauen und gute Pferde reiten zu dürfen. Ohne Worte!!! Ärgerlich für die Verkäufer, aber auch für ehrliche Käufer. Ich kann verstehen, wenn sich Verkäufer gegen diesen Trend schützen wollen. Doch wenn ich viele Stunden fahre und viele tausend Euro für ein Pferd zahlen soll, finde ich eine Gebühr fürs Probereiten („Zum Schutz gegen Reittourismus“) mehr als Ärgerlich.

Kann ich wirklich aufsteigen?

Auf die harte Tour habe ich gelernt, vorab nach dem Thema Proberitt zu fragen. Ist das Pferd aktuell reitbar? Kann ich ihn/ sie probereiten? Sollte ich wirklich aufsteigen?

Zu Gast im Rennstall Paulick in Berlin
Zu Gast im Rennstall Paulick in Berlin

Ich war knapp drei Stunden zu einem renommierten Halbblutzüchter gefahren. Vorab hatte man mir zahlreiche Pferde angekündigt, die für mich passen könnten. Letztendlich erfüllte nur ein Wallach alle gewünschten Kriterien. Als ich beim Putzen, Satteln und Warmreiten nicht zusehen durfte, hätten bereits meine Alarmglocken gehen müssen. Dann präsentierte die Bereiterin den hübschen und solide ausgebildeten Wallach auf der Geländestrecke. Einziges Problem: Das Verkaufspferd hatte scheinbar Angst vor fremden Menschen. Kurz bevor mein Proberitt starten sollte, gestand der Züchter: „Das Pferd ist vorgestern mit einem Kunden durchgegangen.“

Öhm … Ich war natürlich wenig begeistert. Doch ich war 6 Stunden für dieses Pferd gefahren und unter seiner Bereiterin machte er eine gute Figur. Also versucht ich mein Glück … Der kleine Mann war schon beim ersten Kontakt sehr unsicher, als ich ihn streichelte. Irgendwann wurde er entspannter und ich stieg vorsichtig auf. Ging drei Meter Schritt. Parierte durch zum Halten. Ging drei Meter Schritt. Dann sprang er ab und ging durch. Bremse? Fehlanzeigen! Beruhigend auf ihn einreden hatte eine gänzlich nicht-beruhigende Wirkung. Nur wenn ich still und bewegungslos in Sattel saß, wurde aus dem wilden Galopp ein ruhiger Canter. Allerdings hielt er einfach nicht an. Ich galoppierte also Runde um Runde auf der Geländestrecke, probierte Dieses und Jenes. Irgendwann lenkte ich ihn erst gegen eine Stufe, dann gegen das Auto des Besitzers und nutzte das kurze, überraschte Stocken, um aus dem Sattel zu kommen.

Lektion gelernt: Ich reite keine Durchgänger mehr Probe.

Beim tatsächlichen Reiten tat ich mit jungen Rennpferden ehrlich gesagt leichter, als mit jungen Reitpferden. Manch ein junges Verkaufspferd war sehr schnell und mit sehr viel Druck in die gewünschten Form gepresst wurden: Nasenriemen straff, ein scharfes Gebiss ins Maul und dann nimmt auch ein Jungpferd den Kopf artig runter. Eingerollter Hals, fester Rücken, gestresstes Pferd: Nein, danke! Fassungslos war ich von dem 4-jährigen Halbblüter, der – laut Besitzer – in der Heimathalle nur noch mit zugeschnürtem Maul und Pelham händelbar war. „Der wird sonst so stark!“ Öhm … Dann lieber ein Vollblüter, der schon etwas erlebt hat, aber noch unverdorben im Maul ist.

Ist er/ sie wirklich gesund?

Bei Reitpferden ist ein TÜV meist Gang und Gebe: Viele Jungpferde werden schon geröngt, ehe sie ins Training zu einem professionellen Bereiter gehen (bei einem Befund sparen sich Züchter die Ausbildungskosten und veräußern die Pferde günstig). Bei Auktionspferden liegt ein vollständiges Röntgen-Protokoll vor.

Zu Gast im Rennstall Fuhrmann in Möser
Zu Gast im Rennstall Fuhrmann in Möser

Bei Vollblütern ist ein TÜV hingegen eher unüblich; selbst auf Rennpferde-Auktionen werden die normalen Pferde nach Augenmaß gehandelt. Bei teuren Tieren wird natürlich ausgiebig geröngt. Beim Kauf eines Ex-Galoppers muss man diesen Punkt natürlich einkalkulieren. Wenn es wirklich unglücklich läuft, fallen die Kosten mehrfach an, ehe man das Traumpferd inklusive dem Traum-TÜV findet. Eigentlich schade; denn ein guter TÜV wäre ein massives Verkaufsargument, das sich auch auf Interessenten-Anzahl und den Verkaufspreis eines Pferdes auswirkt.

Wirklich unerfreulich war der Besuch bei einer jungen, hübschen und toll gezogenen Vollblutstute, die für kleines Geld angeboten wurde. Diese drei Faktoren können nur eines bedeuten: Das Pferd ist krank und/ oder verletzt. Grundsätzlich hätte ich kein Problem gehabt, die Maus ein Jahr bei mir in der Lüneburger Heide auf die Koppel zu stellen und ausheilen zu lassen. Doch ich war ehrlich enttäuscht, dass man mir dieses feine Pferd mit einem sehr unklaren Gangbild und einem sehr auffälligen Bein vehement als gesund und losreitfertig anbot. Frei nach dem Motto: „Irgendein Dummer wird es schon bezahlen.“ Schade, wenn ein Verkäufer so wenig Achtung für die Gesundheit seines Pferdes sowie auch für die Gesundheit des Käufers zeigt. Was wäre, wenn ein Ahnungsloser dieses Pferd kauft und sie beim ersten Ausritt im Galopp niederbricht?

The Winner takes it all?

Vergangenen Monat zog der 4-jährige Halbblüter Dark Diamond bei mir ein. Er war 3-jährig angeritten wurden und dann nochmal zum Reifen auf die Koppel gegangen. Seither bilde ich den großen schwarzen mit professioneller Hilfe und nach meinen Vorstellungen aus. Einen passenden Vollblut-Freund für Diamant habe ich inzwischen auch gefunden. Hoffentlich. Montag wird getüvt; danach folgen (hoffentlich) offizielle Infos.

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Janina Beckmann
Janina Beckmannhttps://www.expertenmarketing-muenchen.de/
Unsere Autorin Janina Beckmann war lange Jahre als Sportjournalistin und später als PR Beraterin tätig, ehe sie eine eigene PR Agentur in München gründete. Ihre Leidenschaft für Vollblutpferde führte sie über die englischen und irischen Rennbahnen auf die Galopprennbahn Riem. Heute ist sie in der Vielseitigkeit aktiv.

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