Ein Pferd ist kein Fahrrad und so bin ich stets vorsichtig mit langfristigen Plänen und Zielen. Doch natürlich habe ich mir Gedanken gemacht, wie es kommendes Jahr für meine Pferde weiter geht.
Saoirse’s Gift (Stallname Shadow). 4 Jahre. 170 cm
Vergangene Woche kam ein entsetzter Anruf der Deutschen Reiterlichen Vereinigung: „Wir tragen gerade ihr Turnierpferd ein. Soll der Name wirklich bleiben???“ Ich lachte. Und bejahte. Im Rennstall Fuhrmann trug mein schöner Ire den Stallnamen „Schimmel“, inzwischen rufe ich ihn „Shadow“. „Saoirse’s Gift“ ist ein gälischer Name, der „Geschenk der Freiheit“ bedeutet.
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Ich habe über die Jahre viele Freizeit- und Jagdpferde ausgebildet, doch nur wenig Turnierpferde. Darum habe ich mir bei Shadow Hilfe vom benachbarten Turnier- und Ausbildungsstall Anna Siemer geholt (Bundeskader Vielseitigkeit. Aktuell Rang 6 in Deutschland). Ein Urgestein der Buschreiterszene sagt mal zu mir: „Anna gibt es nicht in unfreundlich. Anna gibt es nicht in unlustig. Anna gibt es nicht in unmotiviert.“ Ehrlicherweise war Anna ein wesentlicher Grund, warum ich mich beim Umzug aus München für Luhmühlen und gegen Warendorf entschied. Eine unfassbar nette, fantastisch reitende Vollblut-Liebhaberin. Jackpot!
Aktuell besteht Shadow’s Trainingsplan aus 1 x die Woche Dressur, 1 x die Woche Springen, 1 x die Woche Ausreiten, 2 x die Woche Longe und 1 x Freispringen. Dazu geht er vormittags 6 Stunden auf die Winterkoppel.
Ziel für kommendes Jahr ist ein schonender Start ins Leben als Vielseitigkeitspferd. Klassischerweise beginnt man mit Springpferdeprüfungen der Klasse A*. Hier dürfen die Jungpferde den Parcours vorm Start einmal anschauen und müssen dann Hindernisse mit maximal 95 cm Höhe und Breite absolvieren. Geländepferdeprüfungen sind etwas niedriger, dafür müssen die Jungpferde schon kleine Stufen, Gräben, Wasser u.v.m. springen.
Mabou. 5 Jahre. 169 cm (Maxios x Acatenango)
Mabou hatte ich im Sommer als Headshaker erworben. Einige Tests ergaben, dass die bildschöne Stute sehr empfindlich im Nackenband ist – vielleicht hatte sie sich beim Anbinden mal erschreckt und verletzt? Eine anatomische Trense brachte Linderung. Ferner war bzw. ist sie in der kompletten Faszien-Struktur sehr fest, vor allem im Schulterbereich. Hier arbeite ich mit Bodenarbeit und sehr viel Massage, um die Strukturen aufzuweichen.
Mabou ist im 7. Monat tragend von dem Holsteiner Elitehengst Diarado, das Fohlen kommt circa Anfang Mai. Oberster Wunsch und Ziel ist natürlich, dass Mutter und Baby gesund sind. Doch man darf ja mal träumen: von einem großen, schwarzen 3/4-Blüter für den späteren Einsatz in der Vielseitigkeit. Mein Plan ist, das Baby zu behalten, großzuziehen und irgendwann selbst zu reiten. Doch ich bin beim Thema Pferde und Verkauf auch Realist: Wenn ein wirklich toller Mensch (mit einem wirklich tollen Budget) daherkäme, wäre ein Verkauf in einen Traumplatz grundsätzlich denkbar.
Saoirses Gift, Daisy, Mabou und Feline
Zum Jahresende 2022 kommt Mabou dann ins Training – und ich freue mich sehr auf sie. Mabou ist ehrgeizig, intelligent und springbegeistert. Mit Herz und Seele eine Sportlerin. In Sachen Ruhe und Rittigkeit liegt sicherlich noch viel Arbeit vor uns. Ich werde sie nächstes Jahr mal Anna vorstellen und hoffe, dass Anna sie mag und mir bei der Ausbildung hilft. Aktuell ist Mabou eher ein Sportler der Sorte: „Halt die Klappe und halt dich fest – ich mache das schon!“ Doch wenn ich das Vertrauen dieser Kämpferin gewinne, wird sie in der Vielseitigkeit mal eine Naturgewalt. Ihren Lebensplatz bei mir hat sie so oder so sicher.
Daisy Hill. 3 Jahre. 164 cm (Rock of Gibraltar x Monsun)
Mein Neuzugang aus dem Hause Ebbesloh ist vom Papier und Typ her sicherlich das spannendste Pferd: Bildschön, elastisch, intelligent, vermögend und mit zahlreichen Verwandten im Top-Reitsport. Aktuell ist sie noch etwas klein und schmal, doch bei einer 3-Jährigen kann ja noch einiges kommen. Zumal sie aktuell hinten stark überbaut ist.
Über den Winter steht für Daisy 2 x pro Woche leichte Bodenarbeit an: Gas und Bremse sollen normal funktionieren. Aktuell zeigt sich Daisy als hochblütiges Pferd, das bei jedem Versuch des Antreibens einfach bremst. Wenn ich an der Longe schnalze oder ihr aufmunternde Worte zurufe, wird sie langsamer. Wenn ich mit der Longierpeitsche wedle, bleibt sie einfach stehen. Öhm … Für sie steht einmal die Woche niedriges Freispringen auf dem Plan. Natürlich wird die Kleine keine großen Aufgaben bekommen – sie soll einfach Routine und Spaß an den bunten Stangen bekommen. Bei den ersten Durchläufen zeigte sie bereits viel Übersicht und eine exzellente Technik.
Daisy kam als unsicheres Pferd in Luhmühlen an, die der Umzug massiv stresste. Das Raufutter schaute sie anfangs kaum an, war mir gegenüber misstrauisch und schrie sehr viel. Nach ihrem alten Heim? Nach ihren Freunden? Inzwischen geht Daisy, ebenso wie Mabou, 6 Stunden täglich in einer großen Herde raus und frisst Heuberge.
Das Zusammensein in der Herde hat eine interessante Auswirkung auf Pferde, die frisch aus dem Hochleistungssport kommen. Alle meine Blüter standen anfangs etwas schüchtern am Rande – Daisy wird aktuell sogar von einer alten Pony-Mutterstute beschützt. Irgendwann kommen sie dann an, werden selbstbewusst (auch mal Größenwahnsinnig), fangen an zu spielen, zu toben und arbeiten sich in der Rangordnung nach oben. Ein schönes Beispiel ist die einstmals schüchterne und schlacksige Soldier-Hollow-Tochter Feline (4), die inzwischen wie ein selbstbewusster Flummi übers Paddock fetzt und gefühlt ihr Körpergewicht in Heu verdrückt.
Von Daisys Entwicklung im Winter wird abhängen, wie es im Frühjahr weitergeht. Ist die gewachsen? Ist sie gereift? Hat sie Spaß an der Arbeit? Wenn sie keinen motivierten Eindruck macht, wird sie im Frühjahr besamt und geht in die Babypause. Falls sie Spaß an der Arbeit entwickelt und noch etwas wächst, wird sie langsam antrainiert und zum Vielseitigkeitspferd ausgebildet.
Fazit
„Wer ist eigentlich dein bestes Pferd?“, fragte mich kürzlich eine Stallkollegin. Die Frage konnte ich ehrlich gesagt nicht beantworten. Meine Pferde sind ausnahmslos toll, aber sehr unterschiedlich. Shadow ist das Herzchen der Familie: Immer fröhlich, lieb und bemüht. Mabou ist die Queen: Dominant, intelligent und ehrgeizig. Und Daisy ist ohne Frage das Baby: Sehr viel Potenzial, das sie mit der Zeit (und viel Schmusen & Karotten) hoffentlich entfalten kann.
Ich glaube an alle 3 und freue mich sehr auf die Zukunft mit ihnen. So unterschiedlich sie auch werden mag.