Turfteufel: Ab wann ist ein Pferd zu alt?

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Häufig liest man als Kritik aus den eigenen Reihen (nicht aus denen der Tierschützer, die sind ja immer dagegen), dass ein Pferd nun langsam auch zu “alt” wäre, um an Rennen teilzunehmen oder in Hindernisrennen anzutreten. Was ein wenig verwundert, denn ein Pferd, das zum Beispiel sieben Jahre alt ist, ist ja nicht alt. Im Gegenteil, es ist gerade einmal ausgewachsen. Pferde wachsen, bis sie sieben Jahre alt sind (plus oder minus gibt es natürlich auch immer). Aber es ist so ein grober Richtwert. Vielleicht, weil man häufig mit der Zahl konfrontiert wird, dass ein Sportpferd nur acht Jahre alt wird? Woran mag das liegen? 

Fangen wir also mal ganz unten an. Angeblich wird ein Sportpferd im Schnitt acht Jahre alt. Woher stammt die Zahl? Aus einer guten Recherche, einer aktuellen Studie? Mitnichten. Sie stammt aus einer Studie von 1985, die sich mit dem Alter von Schlachtpferden beschäftigt. Da dort auch Fohlen aus Fleischgewinnungsrassen mit hinzuzählen, ist diese Zahl eigentlich gar nicht aussagekräftig, außerdem wurden auch schon 1985 sehr wenige Sportpferde geschlachtet. Sie geistert trotzdem in vielen “Fachzeitschriften” oder Tierschutzkommentaren herum. Wir können dieses Alter getrost ignorieren, weil es irrelevant für eine Betrachtung von Sportpferden (nicht nur Rennpferden) ist. Wollen wir mal schauen, wie alt unser Rennpferd nun überhaupt ist. Menschlich gesehen. Achtung – Pferdejahre unterscheiden sich bei Kaltblut, Vollblut, Warmblut und Pony!

Es variiert ein bisschen, je nachdem, welche Quellen man heranzieht, aber grob gerechnet ist es irgendwas um die 16 – 18 Jahre alt. Sprich, wir haben es im Derby mit Pferden auf dem Peak ihrer Leistungsfähigkeit zu tun, die bei Bedarf natürlich auch noch einige Jahre gehalten werden kann. Was Schnelligkeit angeht, wohlgemerkt. Einige Qualitäten bilden sich auch beim Menschen später, was uns dann auch zu Hindernisrennen bringt. Andere Dinge entwickeln sich allerdings völlig anders. Das Pferd kommt zum Beispiel erst richtig spät in die Pubertät. So ungefähr mit sieben. Vielleicht ist es auch eine Midlife-Crisis – weiß man nicht. Ein Pferd mit sieben ist allerdings nicht alt. Es ist noch nicht mal mit einem dreißigjährigen Menschen zu vergleichen. Und ich weiß nicht, wie ihr euch mit Mitte 20 gefühlt habt, aber ich hab mich da noch zu “junge Leute” gezählt. 

Die Pferde bei Hindernisrennen sind älter. Hier geht es auch nicht so sehr um die Spitzengeschwindigkeit, sondern um ein deutlich komplexeres System, das die Pferde erlernen müssen. Wie komme ich von A nach B und überwinde all diese Hindernisse, um am Ende dann auch anzukommen? Ausdauer und Geschicklichkeit werden hier geschult und gerade die Sprünge brauchen ein bisschen länger, als das “simple” Geradeaus, was das Pferd von der Flachen kennt. Entsprechend gibt man den Pferden auch ein anderes Training und das dauert einfach länger. Klar – ein Pferd Einspringen ist nicht so schwierig oder langwierig. Es aber auf ein Hindernisrennen so vorzubereiten, dass Pferd und Reiter auch sicher ankommen – und dann noch möglichst siegreich, ist dann doch gar nicht soo einfach. Rennen wie das Grand National richten sich gezielt an ältere Pferde, die die Reife und Erfahrung haben – und deren Knochen ausgewachsen sind. 

Miroslav Klose hat auch erst mit 38 die Fußballschuhe an den Nagel gehängt, das kann auch für Pferde gelten. Vor allem, weil viele Pferde in dem Alter sicherlich nicht ins Altersheim wollen (und selbst wenn sie alt sind, möchten viele Pferde immer noch etwas zu tun haben). Ob ein Pferd zu alt für seine Aufgabe ist, lässt sich von außen gar nicht sagen. Ein Blick auf seinen Jahrgang führt erst recht zu keiner treffenden Aussage. Denn auch ein Siebenjähriger kann ja noch brav seine Rennen gegen jüngere Konkurrenz gewinnen. Vielleicht ist er nicht mehr der Schnellste – aber solange er schneller als die anderen ist und Freude an seinem Job hat, ist das schon in Ordnung. Wenn er allerdings Unmut zeigt und auch sonst signalisiert, dass ihm das zu viel ist, dann ist das Pferd übrigens nicht zu alt – sondern einfach nur nicht mehr für seinen Job geeignet. Wie beim Menschen – dann gibt’s eben ne Umschulung. ist doch nichts dabei …

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Nika S. Daveronhttp://www.arschlochpferd.de
Achtung, dieser Post könnte Meinung enthalten. Meine Meinung. Gestatten, Nika S. Daveron. Autorin und Turfteufel in einer Person. Sie finden mich auf der Rennbahn, in einem meiner Bücher oder auf Arschlochpferd.de.

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