Wir nähern uns mit großen Schritten dem Japan Cup als nächstem internationalem Highlight, nachdem heute Morgen der Melbourne Cup über die Bühne ging. Also werfen wir einen Blick auf die andere Seite der Welt, wo der Rennsport ziemlich ungewöhnlich geführt wird. Ja, sogar einzigartig. Denn in Japan hat nicht nur eine Organisation das Sagen – sondern zwei. Das ist wichtig, im Hinblick darauf, welches Pferd wo laufen darf. Da gibt es einmal die JRA, die Japan Racing Association, die vergleichbar mit unserem Hauptorgan, Deutscher Galopp ist und die die National Association of Racing (NAR). Die JRA kümmert sich um die Hauptrennen, organisiert auf den zehn Top-Kursen des Landes, die NAR eher um lokale Veranstaltungen, die allerdings immer noch offiziell Pferderennen sind. Nur organisiert sie diese nicht. Die NAR verwaltet nur, die Präfekturen veranstalten die Pferderennen selbst, während die NAR die Regeln vorgibt und die Einhaltung dieser überwacht.
Während man die JRA wohl nicht wirklich erklären muss (sie sorgt dafür, dass die wichtigsten Rennen mit ordentlich Kohle bestückt werden und organisiert auch Rennen wie den Japan Cup, verwaltet Einladungen und Bonussysteme und übernimmt natürlich administrative Aufgaben), muss man die NAR vielleicht einmal genauer beleuchten. Chihou Keiba heißt übersetzt wohl so etwas wie: Lokaler Rennsport. Fünfzehn Bahnen gehören dazu, die meisten davon sind Dirt-Tracks und die Rennen auch als solche ausgeschrieben. Turf-Rennen sind in der Regel JRA-gesteuert. Und jetzt wird es kompliziert: Pferde, die der JRA angehören, können nicht an NAR-Veranstaltungen teilnehmen, es sei denn, sie sind als „Austauschrennen“ oder „Dirt-Graded-Rennen“ ausgewiesen. Für NAR-Pferde gilt das Umgekehrte, obwohl sie an JRA-Grade-1-Turf-Rennen teilnehmen können, indem sie sich entweder in entsprechenden Step-Races qualifizieren oder ein Dirt/International-Grade-1-Rennen gewinnen. Der Transfer von Pferden zwischen der JRA und der NAR ist aber generell möglich.
Neben den Flachrennen gibt es in Japan immer noch eine Hindernisszene, zu dessen Highlight (dem Nakayama Grand Jump) auch stets ausländische Steepler kommen, das System, nachdem in Japan Hindernisrennen abgehalten werden, klingt sehr nach dem, was wir einst mal hatten. Die Pferde sind klassischerweise nicht extra dafür gezogen, sondern werden zunächst auf der Flachen gefordert und der Fokus liegt darauf, ein gutes Rennpferd aus dem Tier zu machen. Taugt es dort aber nicht so richtig, dann wird eingesprungen. Das kennen wir hier aus Deutschland ebenfalls. Jede Rennbahn, die auch Hindernisrennen veranstaltet, achtet darauf, nicht mehr als zwei solcher Rennen auszuschreiben, denn ähnlich wie in Deutschland, sind die Hindernisrennen dort nicht so beliebt. Das heißt, nach deutschem Modell, werden Flach und Hindernisrennen an einem Renntag abgehalten. Das Nakayama Grand Jump hat allerdings immer noch ein Preisgeld von 1,7 Mio Dollar. Schlecht ergeht es dem Hindernissport also nicht.
Und dann ist da noch eine Gattung des Rennsports, die es wohl so nur in Japan gibt: Ban’ei kyōsō. Übersetzt heißt das so etwas wie “Zug-Rennen” und ja … ist sehr eigen. Der Ban’ei-Parcours besteht aus einer 200 Meter langen Schotterpiste, deren Bahnen durch im Sand verlegte Seile getrennt sind. So entstehen zehn Bahnen, die jeweils ein Starttor und zwei hügelförmige Hindernisse enthalten. Das zweite und steilere Hindernis ist der Ban’ei Point. Pferde ziehen Schlitten über diese Bahn, wobei das Gewicht eines jeden Schlittens zwischen 450 Kilogramm und 1 Tonne liegt. Wie viel das Pferd ziehen muss, kommt auf sein Handicap, Alter und Geschlecht an. Und dann geht der Spaß bergauf. Wer am schnellsten ist, hat gewonnen. Allerdings kommen hierbei keine Vollblüter zum Einsatz, sondern waschechte Kaltblüter. Wer einmal ein solches Rennen sehen will: Sie werden nur noch in Obihiro gelaufen, erfreuen sich jedoch immer noch großer Beliebtheit.