Ich bin zurück aus Aintree, zurück vom National und … ja, ist euch mal aufgefallen, dass ihr davon nicht viel gehört habt? Denn wenn da kein Pferd verunglückt, dann berichtet man in Deutschland über dieses piefige Rennen doch gewiss nicht. Pfui, wo kämen wir denn dahin, sportliche Berichterstattung über das Jahresereignis im National Hunt Kalender zu machen? Nein, man will doch nur Titten, Tiere, Sensationen. Kein Wort zu den Veränderungen im Rennen, um Sicherheit zu gewährleisten. Da berichtet man dann lieber einfach gar nicht von I am Maximus und seinem Traumspeed, dem großartig kämpfenden Delta Work und dem plötzlich in Front ziehenden Minella Indo. Das war mal ein Finish. In dem Rennen war echt alles möglich, man konnte niemanden ausklammern. Es gibt allerdings auch ein Aber … dazu mehr später.
Es ist also nichts passiert beim Grand National, das mit 32 Startern (statt der erlaubten 34) abgelassen wurde. Außer, dass es ein spannendes Rennen war. Das heißt aber nicht, dass beim gesamten Meeting über die drei Tage nichts passiert wäre, es gab am Freitag leider zwei Unfälle. Nicht über die National Distanz oder Sprünge, einer über Hurdles, einer auf der Jagdbahn (beide sind nicht identisch mit der National Strecke oder den Sprüngen). Aber das war den Tierschützern und Medien dann wohl egal, man regt sich nur über das Grand National auf, der Rest ist dann so … hm. Egal. Ich möchte mich über die Scheinheiligkeit eigentlich auch nicht mehr aufregen, nachdem letztes Jahr so schlecht berichtet wurde, dürfte mich das auch gar nicht mehr wundern und ärgern ist so deutsch.
Am Morgen ist die Bahn bereits angetrocknet, entgegen der Voraussagen von heavy ground, sind wir jetzt plötzlich bei good to soft und ich werfe meinen I am Maximus-Tipp aus dem Fenster. Das ist Corach Rambler Boden und Wetter und selbstsicher stelle ich mich beim Bookie an: “Alles auf Sieg – Corach Rambler.” Ich will meinen Doppelsieg. Ach, was sage ich … in Aintree hat jeder Bock auf Doppelsieg (vielleicht mal von den feierwütigen Iren hinter mir abgesehen). Ja und dann … wird das Rennen abgelassen, Corach Rambler landet den ersten Sprung nicht sauber und weg ist sein Jockey. Und mein Geld. Tschööö. Es ist auch egal, im National geht alles oder nichts. Und am Anfang bin ich geneigt zu sagen, dass Kitty’s Light es macht. Der läuft sehr prominent da vorne.
Wie ein Uhrwerk. Vier Pferde verlieren insgesamt in der ersten Runde ihre Reiter. Und das war’s. Im Gegensatz zu letztem Jahr, wo sie reihenweise gepurzelt sind, habe ich fast den Eindruck, dass deutlich umsichtiger gesprungen wird, ab dem Becher’s vor allem, wo sie plötzlich nicht mehr alle durch ein Nadelöhr wollen, um sich schon mal für den Canal Turn zu positionieren (die 90° Kurve mit Sprung). Aintree hat so eine breite Bahn – da passen sie locker alle hin. Es scheint ihnen jemand gesagt zu haben. Am Chair verabschieden sich die letzten zwei der vier Jockeys und dann passiert bis zum letzten Sprung nichts mehr, erst danach zeigt sich, wer noch was im Tank hat. Und das ist zunächst der elfjährige Gold Cup Sieger Minella Indo, der plötzlich vom gleichaltrigen Delta Work gejagt wird. Da steht die National Welt spontan Kopf … aber nur bis I am Maximus auf Touren kommt, der die beiden alten Recken einfach stehen lässt und 7 ½ Längen weggeht.
Er war der Favorit, absolut zurecht, aber eine Änderung wünsche ich mir für nächstes Jahr dann doch. Haltet die Sicherheitsvorkehrungen gleich. Aber gebt mir die 40 Pferde zurück. Sie passen dort problemlos hin, wenn man nicht wildwest reitet. Hat man dieses Jahr gut gesehen – acht Pferde mehr hätten es jetzt nicht wirklich enger gemacht, dafür ist der Kurs ausgelegt. 40 Top-Pferde und ein Duell zwischen ihnen bis zur Linie. Aber 40 Pferde sorgen eben auch für die Chance, dass plötzlich ein Märchen wahr wird. Und nicht immer nur die üblichen Verdächtigen aus den großen Ställen zum Zug kommen. Das National war immer das Rennen der Underdogs – und die Chance sollte auch weiterhin aufrecht erhalten werden.