Letzte Woche beendete Enable ihre Karriere – gestern Ghaiyyath. Das Pferd, das mir die meisten Google-Suchen bescherte, weil ich mir NIE merken kann, wie man seinen Namen schreibt (und nichts ist peinlicher als ein falschgeschriebener Name im Artikel). Übrigens auch gerade wieder. Ich weiß, dass zwei H, ein I und zwei Y im Namen sind, aber nie wo.
Viermal kam Ghaiyyath nicht als Sieger über die Linie – ansonsten gewann der Godolphin-Vertreter alles. Mittlerweile ist er das beste Pferd der Welt und man soll natürlich aufhören, wenn es am Schönsten ist. Aber irgendwie stand er immer ein bisschen im Schatten. Man sprach ständig über andere Pferde. Wenn er gewann, waren seine Gegner angeblich schlecht und der Auftritt im Arc 2019 bestätigte seine Gegner wohl.
Waldgeist hieß sein Bezwinger bei zwei dieser vier Niederlagen, beide waren in Longchamp, wo er aber auch zweimal gewann. Aber wenn man sich ansieht, was für Pferde er geschlagen hat, dann kann man eigentlich nur den Hut ziehen. Er schlug Größen wie Magical, Enable, blieb auch vor dem Arc Sieger Sottsass, Japan, Stradivarius, Spotify und wie sie nicht alle heißen mögen. Nur vor Waldgeist kam er niemals ins Ziel.
In seiner Karriere gab es aber auch immer wieder Pausen, Ghaiyyath zog sich vor dem Epsom Derby eine Verletzung zu und musste wieder pausieren, dann kam Corona und die Rennen in Dubai, wo sich Ghaiyyath zu dem Zeitpunkt befand, wurden ausgesetzt und er wieder zurück nach England gebracht. Anschließend holte Ghaiyyath sich die Coronation Stakes in 2:25.89 – Bahnrekord. Nach seinem Sieg über Enable in den Eclipse Stakes wurde er zum besten Pferd der Welt gekürt.
Im Rennsport muss man sich von den Großen irgendwann verabschieden. Dieses Jahr ist es wieder für einige so weit und es wird auch sicher nicht der letzte Abschied sein. Es gehört dazu, aber es macht die Rennsportgemeinde auch immer wehmütig. Wer wird jetzt diese Plätze füllen? Wo ist das nächste Wunderpferd? Wie Bonnie Tyler so schön sang: “I need a hero”. Der Rennsport braucht seine Helden, seine Lieblinge und Größen, die international für Furore sorgen. Und wir waren in den letzten Jahren durch Enable sehr verwöhnt. Sie war immer da. Wie ein Fels in der Brandung. Wir wussten – ach, die Königin ist noch da und wenn sie auftritt, dann scheint die Sonne.
Wer wird jetzt für die nächsten Gänsehautmomente sorgen? Die nächste Generation steht schon in den Startlöchern. Welcher Stern aber besonders hell strahlen wird, ist schwer zu sagen. Manch ein Pferd hat eine überragende Saison und kann dann nie wieder daran anknüpfen? Die Beständigkeit über Jahre muss sich erst noch zeigen.
Jetzt stehen wir erst einmal ohne Helden da, recken die Hälse und müssen schauen, welches Pferd uns dann im nächsten Jahr verzaubern kann. Zumindest die, die für den Sport über die Besen nichts übrig haben und ihn nicht verfolgen. Dort gibt es sie ja schließlich auch noch: Die Wunderpferde, die über Jahre hinweg ihr Publikum verzaubern. Tiger Roll hat bald seinen nächsten Auftritt.