Vorwärts

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An allen Enden ächzt und knarzt es, der Rennsport in Deutschland ist weiterhin angeschlagen und wenn man neidisch in andere Länder schaut, dann wird das nicht besser. Wir befinden uns immer noch in dieser Talfahrt. Zu niedrige Rennpreise, die Akzeptanz in der breiten Masse nicht vorhanden, in den Medien kaum präsent, beständig im Kreuzfeuer von Tierrechtlern. Das ist die Misere des deutschen Rennsports. Bei uns gibt es nicht so viel zu verdienen wie im Ausland, wenn man über uns spricht, ist es negativ und der Pferdebestand wird kleiner. Die Trainer sind keine reichen Leute, Nachwuchs kommt nur spärlich, Arbeitsreiter wachsen nicht auf den Bäumen. Und trotzdem ist Deutschland in letzter Zeit in aller Munde. Trotz unserer Krise. Wie geht das?

Das liegt nicht nur an Pferden wie Torquator Tasso. Auch unsere Rennen sind nach wie vor ein wichtiger Wegweiser für ausländische Gäste. 2019 schickte man Ghaiyyath zum Großen Preis von Baden und da unkten alle noch: Holen die wieder ihre zweite Garde für die deutschen Gruppe 1 Rennen. Doch Ghaiyyath wurde ein Jahr später mit dem Cartier Award als Pferd des Jahres in Europa und als Champion der älteren Pferde geehrt. Denn nach dem Großen Preis gewann er nicht nur den Coronation Cup, sondern auch die Coral Eclipse und die International Stakes. Vierzehn Längen nahm er damals den deutschen Pferden ab. Gewiss, man war chancenlos – doch wichtig war es sehr wohl für das Rating des Rennens. Wenn da solche Cracks kommen, ist das für uns in Deutschland sehr gut. 

Ähnlich verhält es sich mit Alpinista, der Arc-Siegerin von 2022. Die lief 2021 in diversen Gruppe 1 Rennen in Deutschland und gewann sie alle. Doch unsere Pferde, die ihr teilweise harte Kämpfe lieferten, wurden von ihr direkt mit aufgewertet. Mendocino jagte sie beim Großen Preis von Bayern, Torquator Tasso benötigte ihre Aufwertung nie, als er sich mit ihr im Großen Preis von Berlin duellierte und bei der Arc Titelverteidigung nur knapp geschlagen war (und von der Startbox reden wir lieber nicht). Auch der gute Nerium war mehrfach nicht weit hinter ihr. Rebel’s Romance – ebenfalls ein Godolphin Gast, der bei uns den Großen Preis von Berlin und den Preis von Europa gewann, bevor er anschließend im Breeders Cup Turf siegte. 

Auf Auktionen wird häufig von einem Ausverkauf der guten deutschen Pferde gesprochen, das sehe ich allerdings anders. Es sind Botschafter. Botschafter für die deutsche Zucht und man muss genügend entsenden. Nicht jeder weiß sie zu würdigen, manchmal sehen wir sie nie wieder und hören auch nichts groß von denen – manchmal aber bemerken wir dann deutsche Tupfer in einem Rennprogramm irgendwo weit weg. Und die sind wichtig. Sehr wichtig für die deutsche Zucht.

Unsere Pferde sorgen immer wieder im Ausland für Treffer. Italien, USA, England, Frankreich. Das gelingt vergleichbar ähnlich kleinen Populationen von Rennpferden nicht. Wir haben ein züchterisches Fundament, welches es uns erlaubt, trotz aller Widrigkeiten auf internationalem Parkett mitzuspielen. Wir haben die Trainer mit Knowhow und Jockeys, die das reiten können, die Gestüte mit den alten Linien, aus denen der deutsche Rennsport immer noch seine Kraft schöpft. Wir gehen vorwärts. Qualitativ. Die Pferde sind so gut wie lange nicht mehr. Jetzt muss das Drumherum vorwärts. Marketing, Medienarbeit, Rennpreise, etc. Das sind wir unseren Pferden und Aktiven schuldig.

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Nika S. Daveron
Nika S. Daveronhttp://www.arschlochpferd.de
Achtung, dieser Post könnte Meinung enthalten. Meine Meinung. Gestatten, Nika S. Daveron. Autorin und Turfteufel in einer Person. Sie finden mich auf der Rennbahn, in einem meiner Bücher oder auf Arschlochpferd.de.

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