Ich bin kein Freund davon, Rennpferde, die nicht mehr im Sport laufen, als Rentner zu bezeichnen. Denn Rentner sind für mich Leute, die nicht mehr arbeiten müssen und nur noch das machen, was ihnen Spaß macht. Vielleicht nehmen sie ein Ehrenamt an und kümmern sich darum, vielleicht suchen sie sich aber auch einen kleinen Job – vielleicht reisen sie nur noch oder lümmeln auf dem Sofa. Wie es ihnen eben am besten gefällt. Ein Rennpferd hingegen geht dann meist in eine andere Aufgabe und ist daher ja nicht Rentner (obwohl es die auch gibt), wenn es jetzt lernt, wie man einen Parcours springt oder, wie man eine Kutsche zieht (ja, man kann auch ehemalige Galopper vor die Kutsche spannen). Generell gilt – das Vollblut kann alles, wenn man es ihm nur vernünftig beibringt. Aber warum landen sie überhaupt in der zweiten Karriere?
Das kann viele Gründe haben. Der häufigste Grund ist wohl: Zu langsam. Zu langsam kann dazu dann mehrere Gründe haben. Entweder, es ist gesundheitlich bedingt – dann muss man auch als normaler Reiter etwas genauer hinschauen. Viele “gesundheitliche Einschränkungen“ tauchen außerhalb des Renntrainings gar nicht auf, wenn ich ein Pferd möchte, das gemütlich mit mir ins Gelände schunkelt. Allerdings ist das Pferd dann vielleicht auch nichts für jemanden, der zum Beispiel ein neues Distanzpferd sucht, weil auch hier eine Belastung über das private Freizeitpferd hinaus stattfindet. Muss man eben gucken.
Dann gibt es noch die Psyche. Die Nerven flattern, das Pferd verpulvert die ganze Energie schon vor dem Rennen, weil es so aufgeregt ist, sodass es grundsätzlich hinterherlaufen muss. Damit kann auch der sportlich ambitionierte Freizeitreiter arbeiten, da er individueller auf sein Pferd (in der Regel hat er halt keine 40 im Stall) eingehen kann und auch nicht unter Zeitdruck steht. Vielleicht kann das Pferd auch einfach nicht schneller. Nicht zum Rennpferd geboren, kein Fighter, kein Spaß. Man kann es Pferden ansehen. Dann ist es absolut okay zu sagen: Besser raus aus dem Rennstall – niemand hat ja Spaß. Besitzer nicht, Pferd nicht, aber vielleicht hat jemand anders damit Spaß. Das ist total legitim,
Dann gibt es natürlich auch Verletzungen, die es unmöglich machen, dass das Pferd weiter Rennen läuft. Häufig wird dann geschaut, ob ein Platz in der Zucht möglich ist, viele sind sich darüber aber uneins – wäre es nicht besser, wenn ein gesundes Pferd in die Zucht geht? Man weiß ja auch nie, ob die Anfälligkeit für besagte Verletzung vererbt wird und schon in den Genen steckt (schwache Bänder, etc.). Alternativ wird das Pferd auf Reha geschickt, ob man es aber noch einmal antrainieren möchte, steht auf einem anderen Blatt. Falls nicht, wird von dort aus ein guter Platz gesucht. Der ist manchmal auch nur als Beisteller möglich, je nach Verletzung. Da wird es dann schwierig, denn man kann auch nicht erwarten, dass sich jemand eine medizinische Großbaustelle ans Bein bindet. Da fallen die Pferde dann auch häufig durchs Raster.
Es wird erwartet, dass die jemand nimmt, aber selbst behalten tun sie dann die Wenigsten, weil da dann auch der Platz fehlt. Generell fehlt Deutschland so ein Ort sowieso – kein Gnadenhof, aber so eine Art Auffangbecken, gerade auch für die Pferde, die nicht in die Zucht gehen (Wallache vor allem), aber eben auch nicht für den Reitsport taugen, weil sie verletzt sind. Sicherlich sind das Wunschgedanken, aber wenn man A sagt, muss man eben auch B sagen und sich nicht nur die Rosinen picken können. Es sollte grundsätzlich so sein, dass für alle Pferde nach der Rennkarriere gesorgt ist.