… dann hat der Reiter ein Problem. Denn ein Pferd ist nicht der liebevolle Weggefährte, der gleichberechtigte Partner für das Wesen, in das er sich verliebt hat: Nein, er ist eine schreiende Klette, die wir, wäre es menschlich, einweisen lassen würden. Denn Pferde haben, sofern sie verliebt sind, 0 Verständnis dafür, dass man den Lover nicht permanent mitnimmt. Es ist halt echt nicht einfach mit ihnen, die wollen nämlich am liebsten den ganzen Tag mit ihrem Herzblatt verbringen.
Leider ist das gar nicht so nett, wenn man zum Beispiel auf dem Trabring ist, während der andere zurückbleibt, oder der Tierarzt versucht das Pferd zu impfen, während der Kollege auf der Bahn ist und Einzelhänger fährt sich zu zweit auch nicht so gut.
Manche Pferde sind ja noch ganz angenehm. Die sind nämlich blöd und vergesslich und sobald der Partner aus den Augen ist, ist er auch aus dem Sinn und es wird mit anderen geschäkert und zur Not auch mal mitgearbeitet. Erst wenn der zweite Teil des Liebespaars wieder zu sehen ist, fängt das Theater an. Dafür natürlich dann so richtig doll, kreischen, brüllen und losrennen inklusive. Aber – die lieben sich halt.
Pferde sind da übrigens absolut tolerant und nicht auf Geschlechter fixiert. Stuten lieben Stuten, wahre Liebe gibt es sowieso nur unter Wallachen und manchmal finden sich auch Swinger in Dreierbeziehungen. Ist ihnen alles egal. Hauptsache ihr Liebster oder ihre Liebste ist dabei. Sogar Deckhengste untereinander pflegen komische Beziehungen.
In einer guten Beziehung wird alles zusammen gemacht. Zum Wasser gegangen, zusammen gegrast (penetrant auf einem Fleck) und natürlich machen sie sich auch, ganz mädchenhaft, die Haare gegenseitig. Die wirklich Verliebten teilen auch Futter. Sie stehen immer zusammen, sie laufen zusammen und sie begrüßen sich unter großem Hallo. Bis … ja, bis der blöde Reiter sich einmischt, weil der jetzt einen Teil des Paares von zur Mitarbeit bewegen möchte.
Schleichen nützt schon mal gar nichts, der Partner hat sein Herzblatt immer im Auge. Und kommt man mal drei Schritte, ohne das nervige Anhängsel, weiter, kommt es alsbald trötend an und piaffiert empört hinterher: „Wohin bringst du meinen Hasipups?“ Auf der Weide oder im Stall stehen noch fünf identische braune Pferde, aber die sind dem Partnerpferd egal. Interessieren nicht.
Vielleicht kommt man dann jetzt mal zum Weidetor. Das ist gar nicht so einfach, aber geht meistens noch. Wirklich schwierig wird das jetzt, das Tor so zu öffnen, dass die Herzensdame drin bleibt, man aber sein eigenes Pferd auf der anderen Seite hat. Rabiate Reiter nehmen Gerten und Stricke, um sich irgendwie Platz zu verschaffen. Rabiate Pferde schalten in den Panzermodus und büffeln durch das halbgeöffnete Tor. Sollte man jetzt beide Pferde draußen haben, bleibt einem nichts anderes übrig, als den Ehegatten mitzunehmen. Der wird niemals nimmernicht wieder auf die Weide zurückgehen. Kann ja sein, dass man den Partner klaut und der nie wiederkommt.
Hat man das Weidetor dem Partner vor der Nase zugeworfen, dann rast der jetzt schreiend im Kreis und zieht Furchen in die gut gepflegte Koppel. Sehr ausdauernde Verliebte machen das, bis ihr Partnerpferd zurückkommt. Sehr gut springende Verliebte gehen über den Zaun.
Und ab jetzt wird es laut. Denn das Pferd an unserem Strick schreit, das Pferd auf der Koppel schreit und irgendwelche anderen Pferde, die glauben, sie müssten mal ihren Senf dazugeben, kommen auch angelaufen und schreien ein bisschen mit. Im Stall unterdessen fragen sich schon die Leute, ob irgendwie Schlachttag ist, oder gerade die Hottentotten einfallen.
Ganz nervige Liebende reißen sich sogar auf dem Weg, vom Partner weg, los und rennen wieder zurück. Wo sie sich dann begrüßen, als hätten sie sich hundert Jahre nicht mehr gesehen. Grässlich! Wir waren drei Minuten in Sichtweite, aber standen nicht Arsch an Arsch. Das ist aber auch schlimm.
Während der Reiter zähneknirschend mit dem nervigen Anhängsel kämpft, das immer noch kreischt, hofft er, dass sich alles bessert, wenn er um die Ecke biegt und sich die Liebenden nicht mehr sehen. Geht manchmal gut. Er kann also sein Pferd putzen, es satteln und auf den Platz gehen. Ja, bis … bis der Besitzer vom zweiten Liebenden auftaucht und denkt: Och, ich könnte ja jetzt mal etwas reiten.
Auf der Bahn ist das so lala. So ein Rennpferd nimmt das Galopptraining ja schon genau und möchte auch galoppieren. Aber nicht unbedingt mit den unliebsamen anderen, lieber mit dem Freund oder der Freundin. Es geht jedoch. Sagen wir mal so. Es geht so lang, bis man zurück auf dem heimischen Trabring ist und es seinen schreienden Partner wieder hören kann. Ohhh, das ist gar nicht gut. Wie unentspannt trockenreiten werden kann, ist in diesem Moment ein Lehrstück.