Wenn der Tierarzt dreimal klingelt

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… dann heißt das nicht, das alle Rennpferde so krank sind, dass sie ständig einen Tierarzt brauchen. Es heißt nur, dass sie Hochleistungssportler sind, die medizinisch tip top versorgt werden. Was auch heißt: Jemand muss dabei sein, wenn sie versorgt werden. Und Rennpferde, das kann ich euch flüstern, sind manchmal so stur wie Shetlandponys, haben überhaupt keine Lust auf langweilige Tierarztbesuche. Und wir Reiter, wir sind da wie die Kinder an Weihnachten (und damit meine ich nicht die gute Sache mit den Geschenken und dem Essen, sondern die hier): Sachen festhalten, bloß nix kaputtmachen, zugucken und am Ende möglichst alles dem Trainer wiedergeben, wenn der nicht ne Stunde nebendran stand für die Infusion und alles, was der Tierarzt so erzählt.
Interessant ist es ja schon. Wenn man mal Röntgenbilder mit gucken darf, oder einfach Wundversorgung gucken kann. Ich bin da ja immer interessiert. Und nachdem der Trainer mich fragte: „Kannst du Blut sehen?“ und ich zumindest nicht das Gegenteil behauptete – war ich also dabei. Und zwar echt dabei. Mitten in einem spontanen Aderlass. Ich musste halten. So nach dem drölften Litter musste mich dann jemand halten, da sagte mein Körper: „Weißt du, Nika, das ist jetzt auch genug Blut für heute.“ Anschließend bekam ich Schimpfe. Aber hey, woher soll ich das wissen? So viel Blut habe ich halt auch nicht gesehen. War auch nicht eklig. Mein Körper fand das wohl einfach doof und machte Licht aus.
Dafür darf ich beim nächsten Mal mit „Nähen“. Okay, es ist auch mit meine Schuld, den Unfall hatte ich mit Pferd, dass die einfach im vollen Arbeitsgalopp in die Rails rennt (ihre Schuld – ich hing im anderen Gebissring und habe nonverbal: „LASS DAS!“ gebrüllt). Also bin ich beim Nähen dabei. Das ist spannend. Was fürs Auge quasi. Meine Tante hatte früher so hässliche Kuhfelle an der Wand. Ungefähr so würde das auch aussehen, wenn man den riesigen Hautlappen abmachen und aufhängen würde.
„Könn’se ma nach der gucken?“, fragt der Trainer die Tierärztin und zeigt auf mich. „Die ist mitgefallen.“
Tierärztin bietet mir wahlweise Equi oder Tackern an. Ich verzichte.
Die nächste Station: Gips abnehmen bei einer Jungstute. Und ich bin der Depp an der Nasenbremse, denn die findet das gar nicht witzig, wenn der Gips aufgesägt wird. Leider bin ich auch die Person mit 46 Kilo und werde ausgetauscht. Da darf ich dann nur noch die Nase am Fenster plattdrücken. Dabei will ich doch das Resultat sehen. So viel Sedalin, wie die Stute mittlerweile intus hat, müsste sie schlafen. Will sie nicht, das Geräusch vom Sägen ist blöd.
Wieder eine Stute, dieses Mal Verdacht auf Zysten. Die ist seit zwei Tagen beim Satteln total doof. So aus dem Nichts. Dabei war sie vorher ein Schaukelpferd. Dieses Mal spiele ich: „Töte nicht die Tierärztin.“ Denn abtasten findet die auch doof und ich muss ständig zwischenpuffern: Tierärztin – Stallwand – Pferd. Die ist aber auch suizidgefährdet. Anschließend bekomme ich einen Sermon über die Bilder vom Ultraschall vorgetragen und muss es dem Trainer mitteilen, der gerade sein Lot beim cantern beobachtet. Ich habe wahrscheinlich die Hälfte vergessen, als ich ankomme, kann aber die Quintessenz mitteilen: „Jo, hat Zysten. Müssen wir was machen.“
So. Darf ich jetzt nach Hause? Die Tierärztin fährt. Ein Pferd beschließt: Jetzt ne Kolik, das wäre super. Wer bleibt, nach Strohhalmziehen? Ich. Der Jockey bleibt auch, der ist am Tag vorher runtergefallen und hat Bier mitgebracht. Don’t drink and führ – denk ich mir so und warte dann mal auf die Tierärztin, die sich irgendwie versucht durch den Verkehr der Innenstadt zurückzukämpfen. Pferd und ich laufen durch den Innenhof. Jockey hat sein Bier leer. Tierärztin ist irgendwo. Sagte ich schon mal, dass ich die Tierarzttage hasse? Vorhin hat mir ein Pferd die Röntgenplatten um die Ohren gehauen (Hilfe, Hilfe, geh weg mit den orangenen Dingern!). Zum Glück machen die immer gleich Sammeltermine wenn nix Akutes ist. Tierarzthelferin könnte ich jedenfalls nie werden.

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Nika S. Daveron
Nika S. Daveronhttp://www.arschlochpferd.de
Achtung, dieser Post könnte Meinung enthalten. Meine Meinung. Gestatten, Nika S. Daveron. Autorin und Turfteufel in einer Person. Sie finden mich auf der Rennbahn, in einem meiner Bücher oder auf Arschlochpferd.de.

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