Wie macht sich eine Veränderung der Umgebung bei Vollblütern bemerkbar?

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Sibylle Vogt: „Pferde sind Lebewesen, keine Maschinen“ Weiterlese
Maxim Pecheur über Pferde in neuer Umgebung Weiterlese
Christian von der Recke: „Wie Pferde sich an eine neue Umgebung anpassen“ Weiterlese
Marco Klein: „Viele Faktoren spielen eine Rolle“ Weiterlese

Sibylle Vogt: „Pferde sind Lebewesen, keine Maschinen“

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Sibylle Vogt

Es gibt schon erstaunliche Karrieren. Die Stute Princess Zoe galt hierzulande als solide Handicapperin, die im Ausgleich II zu Hause war, ehe sie für Anthony Mullins in Irland zur Gruppe I-Siegerin (Prix du Cadran 2020) wurde. Dagegen bot der von Uwe Stoltefuß geformte Klassegalopper Mondrian später unter der Rege von Paul Cole in England wenig.

Wie reagieren Vollblüter auf den Wechsel ihrer Umgebung. RaceBets-Botschafterin Sibylle Vogt berichtet darüber:

„Natürlich ist jedes Pferd anders und reagiert entsprechend unterschiedlich auf Umgebungswechsel, denn es handelt sich ja um Lebewesen und um keine Maschinen. Der eine Vollblüter fühlt sich hier wohl, der andere dort.

Es kommt extrem darauf an, wie man trainiert. Manchmal kommen nervöse Pferde in einem kleineren Stall besser zurecht, da der Druck nicht ganz so groß ist. Und dann gibt es andererseits Pferde, die in einem großen Quartier, die nach einem bestimmten Schema funktionieren, besser aufgehoben sind.

Die Stimmung im Stall ist ein wichtiger Faktor

Pferde auf dem Paddock
Pferde auf dem Paddock

Einiges hängt zudem von der Stimmung in einem Rennstall ab, wie die Atmosphäre ist. Wie wird mit einem Pferd umgegangen? Herrscht Stress oder Hektik? Kommen die Pferde auch auf die Koppel oder gehen raus zum Gras fressen? Da spielen einige Faktoren eine Rolle.

Auf die neue Umgebung einstellen

Generell kann man nicht sagen, was der Auslöser für die Reaktionen ist. Man muss den Pferden alles so angenehm wie möglich gestalten. Das herauszufinden, ist eine wesentliche Aufgabe des Trainers.

Es gibt Fälle, da laufen Pferde gleich beim Einstand für den neuen Betreuer besonders schnell, aber auch umgekehrt kann es sein, dass sie sich beim ersten oder zweiten Mal von schwächerer Seite zeigen. weil sie sich vielleicht noch nicht voll auf die neue Umgebung eingestellt haben. Das hängt auch damit zusammen, wie früh man nach einem Stallwechsel wieder läuft.

Unterschiede bei Fütterung

Bedenken sollte man auch, dass jeder Trainer anders füttert. Darauf kommt es auch an. Es gibt zum Beispiel Pferde, die vertragen Stärke im Hafer nicht, ihnen muss man dann anderes Futter geben. Gerade Stuten bekommen davon manchmal Probleme wie Kreuzverschlag. Das ist eine Erkrankung der Skelettmuskulatur, die häufig mit intensiver Arbeit in Verbindung gebracht wird. 

In England füttern manche Trainer sogar fünfmal am Tag, dafür fallen die einzelnen Mahlzeiten geringer aus. Es gibt viele Unterschiede, die auf das Wohlbefinden und somit auch die Leistungen der Pferde Einfluss haben können.“

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Maxim Pecheur über Pferde in neuer Umgebung

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Maxim Pecheur

Wie reagieren Pferde auf eine neue Umgebung? Das ist eine interessante Frage. Auf sie geht in diesem Artikel unser RaceBets Botschafter Maxim Pecheur genauer ein. Er verweist dabei in erster Linie auf die Sensibilität der Tiere und auf seine eigenen Erfahrungen im täglichen Training.

Sensible Tiere

„Wir haben es mit extrem sensiblen Tieren zu tun. Die Pferde nehmen Dinge oftmals viel früher wahr, als wir Menschen. Sie reagieren auch sehr sensibel auf Veränderung. Das kann der Umschwung des Wetters sein, die Personen, mit denen sie zu tun haben, und so weiter. Das betrifft natürlich auch die Umgebung. Wenn man bedenkt, dass bereits eine kleine Fliege für Irritationen sorgen kann, wenn sie sich auf den Rücken setzt, während wir Menschen es noch nicht einmal merken, wenn wir vielleicht mal eine Fliege auf dem Kopf haben, weiß man, wie es um die Empfindsamkeit bestellt ist. Und das sind nur Dinge, die man fühlen kann. Wir reden hier noch nicht von der Psyche. Die ist noch einmal etwas ganz anderes.

Vieles kommt zusammen

Rennpferd
Rennpferd

Bei einem Wechsel der Umgebung kommt hier alles zusammen. Es gibt also nicht nur eine veränderte Optik, um es einmal so zu sagen. Die Gerüche sind anders, die Geräusche, einfach alles. All das, was mit dem Tier passiert, führt gleichzeitig dazu, dass dieses alles völlig anders erlebt und wahrnimmt.

Der Renntag

An einem Renntag geht also nicht nur der Wechsel des Ortes einher, sondern es ist alles anders, die Umgebung, die Menschen, die Geräusche, die Gerüche. Darauf muss sich das Pferd einstellen. Die Herangehensweise ist völlig anders als im Alltag. Es ist ja logisch: man fährt woanders hin, um etwas zu machen, was man im heimischen Stall nicht macht. Außerdem sind dort fremde Pferde. Also andere als Zuhause und im Alltag. Auch darauf muss sich das Tier einstellen. Wie gesagt reagiert es bereits auf Kleinigkeiten oftmals sehr sensibel. Aber was ich hier beschreibe, sind alles andere als Kleinigkeiten.

Eine große Sache für junge Tiere

Für vor allem jüngere Pferde ist das alles also eine große Sache. Wenn sie eine neue Umgebung kennenlernen, gibt es unglaublich viele Eindrücke, die verarbeitet werden müssen. Das eine Pferd reagiert dabei sensibler als das andere. Man muss aus diesem Grund auch verzeihen, wenn eine gewisse Unruhe besteht. Es ist halt alles ein enormer Eindruck, der auf die Tiere einprasselt.

Die Vorteile im Gestüt Röttgen

Jährlinge im Gestüt Röttgen
Jährlinge auf der Weide im Gestüt Röttgen

Es hat sicherlich Vorteile, wenn man auf einer Anlage wie der im Gestüt Röttgen trainiert. Wir arbeiten ja quasi zumindest in Teilen wenn man so will an der Öffentlichkeit. Da sind dann schon mal Radfahrer, Spaziergänger im Wald, da knattert schon mal einem Moped vorbei oder es gibt Baumfällarbeiten. Solche Eindrücke gibt es in einem abgeschlossenen Trainingskomplex natürlich nicht. Also sind unsere Pferde vielleicht hier und da mal etwas besser vorbereitet auf neue Umgebungen. Aber eine Garantie ist das alles selbstverständlich nicht. Sie sind bei uns zu Hause vielleicht schreckhafter, weil hier viel Neues ist. Aber auf einer Bahn sind sie dann routinierter.

Alles muss geübt und trainiert werden

Wenn man sowas wie neue Umgebung einfach so dahin sagt, ist das zu einfach. Ich würde viel mehr darauf gehen, dass man üben muss, damit nichts neu ist. Es geht in diesem Sport halt immer auch um Training. Und in diesem Zusammenhang ist es wichtig zu wissen, dass alles bereits mit der Aufzucht beginnt. Die Pferde werden geboren, dann kommen sie vielleicht in ein anderes Gestüt, dann ins Pre Training, dann in den Stall, vielleicht mal eine Klinik oder auf eine Auktion. Das sind alles Eindrücke, die für Routine sorgen. Zu den Faktoren, die in diesem Zusammenhang genannt werden müssen, gehört auch immer das Personal und was dieses den Pferden alles beibringt.

Unterschiedliche Individuen

Mein Fazit zu diesem Thema: Es macht schon einen Unterschied, ob ein Pferd etwas stört oder gar nicht kümmert. Was immer dieses „etwas“ ist. Bereits eine Kleinigkeit kann Auswirkungen auf ein Rennen haben. Es kommt halt so vieles zusammen. So ein Start und alles, was dazu gehört, ist eine große Sache. Und auf manche Pferde hat das alles halt eine größere Auswirkung als auf andere. Pauschal kann man mit dem allem nicht umgehen, nur individuell.“

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Christian von der Recke: „Wie Pferde sich an eine neue Umgebung anpassen“

Christian von der Recke
Christian von der Recke

RaceBets Botschafter Christian von der Recke hat viel Erfahrung mit Pferden. Damit meinen wir nicht nur das Training, sondern auch die Tatsache, dass immer mal wieder neue in seinen Stall kommen, der wiederum von anderen Pferden verlassen wird. Wie sich die Umgebung auf das Verhalten auswirkt, ist das Thema in diesem Artikel. Wobei er auch darauf eingeht, dass einige Pferde auf speziellen Bahnen besser laufen als auf anderen. Manche mögen nämlich weite Fahrten und andere nicht. Es gibt einige Themen, die im vorletzten Artikel des Jahres angesprochen werden.

Kein pauschales Urteil möglich

„Pferde reagieren vollkommen unterschiedlich auf den Wechsel ihrer Umgebung. Pauschal kann man da nichts beschreiben. Es handelt sich nunmal um Individuen. Das merkt man im Training und vor allem bei den Rennen.

Der Fall Star Appeal

Mir fällt direkt der Arc-Sieger Star Appeal ein. Von dem hieß es immer, dass er nur nach weiten Reisen gut läuft. Hatte er eine kurze Anfahrt, gewann er nicht mal einen Ausgleich 1 in Köln – als Gruppe 1-Sieger. Man sagte damals, dass man ihn am besten zum Flughafen bringt, eine Runde fliegt, dann in den Transporter stellt – und er wird gewinnen. Es ist wirklich so: Die einen laufen besser, je weiter sie vorher fahren, bei den anderen ist es genau umgekehrt. Mit allen einfach ein bisschen in der Gegend rumfahren, das bringt nichts.

Pferde nehmen ihre Umwelt wahr

Steigender Hengst
Steigender Hengst

Wenn man alles im Stall ein bisschen beobachtet, erlebt man ungewöhnliche Verhaltensweisen. Kommt nämlich bei mir, wo fast nur Außenboxen sind, der Transporter an mit einem Pferd, das neu ist, gackern die anderen alle rum wie die Hühner. So nach dem Motto: „Ein neuer, ein neuer…“ Das ist wirklich ein seltsames Schauspiel. Kommt der Transporter mit einem bekannten Pferd an, geschieht dies nicht. Außerdem weiß man, dass sich Pferde erinnern. Nehmen wir einmal an eines wurde in Köln trainiert, wechselte dann den Stall und ist seit zwei Jahren fort. Dann läuft es auf der ehemaligen Heimatbahn, verliert im Rennen den Reiter und entläuft. Es wird versuchen zu seiner alten Boxe zu laufen. Das erlebt man auch auf anderen Bahnen. Pferde haben eindeutig ein gewisses Erinnerungsvermögen. Das ist wirklich spannend zu beobachten.

Der Fall Mondrian

Mondrian ist ein weiterer Fall, der hier beschrieben werden kann. Von Uwe Stoltefuß wurde er ziemlich speziell betreut und wurde zu einem der besten deutschen Rennpferde. Er ging morgens für zwei Stunden auf die Weide, wurde geritten, speziell gefüttert, das war eine Art von Wohlfühloase. Dann wollte man in England international mit ihm angreifen und dort war er halt nur ein Pferd von vielen. Er ging kurz unter den Sattel und dann zurück in den Stall. Das hat ihm nicht gefallen. Er war es anders gewohnt. Also hat er seine Leistung nicht mehr gezeigt.

Das Geheimnis der Hindernisreiter

Wieso wusste mein Kollege, wie er mit Mondrian am besten umgeht? Früher war es üblich, dass die Hindernisreiter die besonders guten Pferde geritten haben. Das hing auch mit dem Gewicht zusammen. Ob nun Surumu bei Wöhler, Orofino bei Sven von Mitzlaff oder Lirung bei Jentzsch: Uwe Stoltefuß, Klaus Grube oder Kürbis Jansen saßen täglich im Sattel, auch bei den wichtigsten Arbeiten.

Die wirklich guten Pferde waren of schwierige Kantonisten, gleichzeitig waren sie vom Können her besser als die Konkurrenz. Das hohe Gewicht im Sattel konnte dies im Training ausgleichen. Uwe Stoltefuß kannte Surumu, also den Vater von Mondrian, aus diesem Grunde bestens, und hat den Sohn wenn man so will passend trainiert. Als der Hengst dann in England war, wurde ihm quasi das Genick gebrochen im sprichwörtlichen Sinne. Er hat seine Würde verloren, weil man mit ihm nicht mehr so umging, wie er es brauchte. Es ist aber so wichtig, dass man den Tieren Selbstvertrauen gibt. Ansonsten bringen sie keine Leistung.

Pferde reagieren

Es ist offensichtlich, dass ein Pferd weiß, wann es gewonnen hat. Denn dann wird es getätschelt, was den Tieren gut gefällt. Es wird belohnt. Als Folge will es wieder gewinnen. Nimmt man den Spaß, fehlt die Leistung. Pferde reagieren also auf den Umgang. Ebenso wie sie auf die Umgebung im Allgemeinen reagieren. Man muss sie nicht nur so trainieren, dass sie fit sind. Sie müssen auch vieles andere lernen. Und dennoch werden einige je nach Situation empfindlicher reagieren als andere.“

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Marco Klein: „Viele Faktoren spielen eine Rolle“

Marco Klein
Marco Klein

Eine Luftveränderung kann einem Menschen gut tun, sei es durch einen Urlaub oder einen Ausflug. Doch auch Pferde brauchen Abwechslung. Wie sensibel reagieren Vollblüter auf Umgebungswechsel? RaceBets-Botschafter Marco Klein erklärt seine Sicht der Dinge.

„Grundsätzlich ist es von Pferd zu Pferd verschieden. Es gibt sicherlich Vollblüter, die mit der Anpassung an eine neue Umgebung keine Probleme haben.

Im Übrigen muss es nicht einmal ein Trainerwechsel sein, viele Faktoren wie die Heimatbahn oder  die Verträglichkeit von Reisen je nach Dauer spielen eine Rolle. Und es gibt Kandidaten, die gerne oder nicht so gerne auswärts übernachten.

„Es muss nicht am Training oder Management liegen“

Wie lange eine Reise dauert, kann schon einigen Einfluss auf die Leistungen haben. Das ist vom einzelnen Individuum abhängig. Wenn ein Pferd nach schlechten Formen zu einem anderen Trainer geht, muss es nicht zwingend auch besser werden, oder umgekehrt. Es muss nicht am Training oder dem Management liegen.

Pferd wird ausgeladen
Pferd wird ausgeladen

Manche Pferde brauchen Zeit zur Eingewöhnung. Auch wir hatten Pferde, bei denen es etwas gedauert hat, bis sie richtig angekommen waren. Genauso gibt es Schützlinge, die sehr schnell sich eingewöhnen und völlig entspannt sind. Wenn ein bei einem kleinen Trainer oder Besitzertrainer mehr zeigt, liegt das nicht unbedingt daran, dass das Training anders ist, sondern vielleicht, dass es etwas ruhiger abläuft oder nicht so straff.

Der Einfluss eines Besitzers

Manchmal hat auch der Wechsel eines Besitzers Einfluss, denn es gibt Eigner, die machen Druck, wenn die Pferde zweijährig sind und wollen schnell auf ein hohes GAG kommen, bei anderen Besitzern steht dagegen im Vordergrund, an den Pferden lange Jahre Erfolg zu haben. Auch so etwas kann sich auf die Pferde übertragen.

Man kann also nicht zwingend sagen, ob ein Wechsel gut oder schlecht ist. Pferde sind Lebewesen, jedes ist individuell zu behandeln.

Raubbau im Hindernissport

Was ich nicht verstehen kann, wenn Pferde, die auf der Flachen nichts mehr zeigen, auf die Hindernisbahn wechseln. Das sind häufig die Pferde, die in einem Hindernisrennen zu Fall kommen. Da wurde in der Vergangenheit viel Raubbau betrieben. Und daher ist der Hindernissport in Deutschland auch am Ende.“

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