Am 8. März wird in den verschiedensten Ländern der Weltfrauentag gefeiert. Emanzipation ist auch im Galopprennsport ein großes Thema, denn hier treten – anders als in den meisten anderen Sportarten – die Frauen tagtäglich gegen die Männer an, es gibt keine Trennung nach Geschlechtern wie im Fußball, Tennis oder Wintersport, um nur ein paar Beispiele zu nennen. Gemeint sind sowohl Trainerinnen, als auch weibliche Jockeys.
Einen geschlechtsspezifischen Vorteil gibt es in Deutschland für die Damen im Rennsattel nicht. Während in Frankreich vor kurzem eine Gewichtserlaubnis für Reiterinnen eingeführt wurde – von ihrem Reitgewicht werden 1,5 Kilo abgezogen – hält man hierzulande am bisherigen System fest, wonach es keinen Abzug für die Ladies gibt. Gerade erst vor kurzem wurde mit knapper Mehrheit beschlossen, an der bestehenden Regelung festzuhalten. Die Meinungen gingen auseinander, Diskussionen flammten auf.
Fakt ist: In den großen Rennen, auch Gruppe-Prüfungen genannt, kommt es bei uns nur sehr selten vor, dass die ein oder andere Frau einen Ritt erhält. Unverändert setzen die meisten Besitzer und Trainer lieber auf das männliche Geschlecht, da sie glauben, die Frauen wären in Sachen Kraft im Nachteil, wenn es gilt, ein rund 500 Kilo schweres Rennpferd zu unterstützen.
Dabei liegt genau in den Amazonen die Zukunft: „Von 100 Bewerbungen an unserer Jockey-Schule kommen 99 Bewerbungen mittlerweile von Frauen“, sagt Kai Schirmann, selbst Ex-Jockey und Leiter der Ausbildungsstätte in Köln. Kein Wunder, denn in wenigen Berufen spielt das Körpergewicht eine solch wichtige Rolle, und viele Frauen sind nun einmal deutlich leichter als die Männer und haben inzwischen eher das Interesse an solch einem Job.
Ohne Frauen würde es in den Rennställen ohnehin nicht mehr funktionieren, denn im täglichen Training sind sie es, die in der Mehrzahl sind, und das eindeutig. Ihnen wird mehr Gefühl für das Pferd nachgesagt, um sie auf die Rennen vorzubereiten, was durchaus nachvollziehbar scheint. Der Hauptgrund für die große Anzahl von Frauen im Trainingsbetrieb ist aber, wie erwähnt, dass einfach viel mehr Ladies die Ausbildung zum Pferdewirt mit Schwerpunkt Rennreiten machen. Wichtig ist aber, dass sie auch über viele Jahre dabei bleiben, oft hören Reiterinnen nach wenigen Saisons schon wieder auf. Sicher auch, da ihnen in den wichtigen Rennen das Vertrauen der Besitzer versagt bleibt, was sehr ernüchternd ist.
Dabei wäre Erfahrung so wichtig, um in den Top-Events mit den Männern konkurrieren zu können. Man braucht unbedingt einen Stall im Rücken, einen Trainer, der einem auch gute Chancen bietet. Dabei haben bereits vier Reiterinnen am Derby, dem wichtigsten Rennen des Jahres, teilgenommen. Monika Blasczyk, Steffi Hofer und Eva-Marie Zwingelstein waren die ersten, die im Blauen Band dabei waren. 2017 folgte ihnen die Schweizerin Sibylle Vogt.
Monika Blasczyk sorgte 1979 für den Durchbruch, als sie mit dem von ihrem Vater Hans trainierten Varanes als 18-jährige Platz 13 belegte. Sie war sechsmal Championesse der Amateurreiterinnen (1978, 1979, 1980, 1982, 1987 und 1990) und später Trainerin.
Steffi Hofer (sie heißt seit ihrer Hochzeit Steffi Koyuncu), die Tochter des Krefelder Trainers, war 2011 Zwölfte mit Mi Senor, im Besitz von Kaffeekönig und Derby-Sponsor Albert Darboven. Eva-Maria Zwingelstein erreichte 2016 auf Rosenhill, im Training bei ihrem jetzigen Ehemann Gerald Geisler, Platz 13. Auch Sibylle Vogt erging es im Jahr 2017 auf 14. auf Sternkranz nicht besser. Man wartet unverändert noch auf die erste Derby-Platzierung einer Reiterin in Deutschland. Auch in den meisten anderen Gruppe-Rennen sind die Ladies nur selten am Start. Man darf nur hoffen, dass bei den Eignern der Rennpferde bald ein Umdenken stattfindet, zumal die männlichen Spitzenjockeys schon fast alle jenseits der 40 sind.
Auch ein Blick auf die Statistik verheißt wenig Gutes: Sibylle Vogt war mit 20 Siegen im Jahr 2018 auf Rang 20 die beste Amazone.
Hier eine Übersicht über die erfolgreichsten Reiterinnen der Saison 2018 in Deutschland:
Sibylle Vogt (Platz 20, 20 Siege): 23-jährige Schweizerin, 2017 sogar im Derby am Start (14. mit Sternkranz), seit 2019 bei Carmen Bocskai in Iffezheim beschäftigt.
Lilli-Marie-Engels (Amateur-Championesse, 14 Siege): Gewann mit 18 Jahren ihr erstes Championat bei den Amateurreiterinnen, außerdem Weltmeisterin der Fegentri im selben Jahr.
Maike Riehl (Platz 25, 12 Siege): 22-jährige Rennreiterin, die vor allem im Winter 2017/2018 für Furore sorgte, aktuell bei Jean-Pierre Carvalho im Gestüt Schlenderhan tätig.
Steffi Koyuncu (Platz 29, 7 Siege): Eine der erfahrensten Reiterinnen Deutschland, die 31-jährige ist Tochter des Krefelder Trainers Mario Hofer und verheiratet mit Jockey Tolga Koyuncu aus der Türkei, gewann über 400 Rennen in ihrer bisherigen Laufbahn.
Rebecca Danz (Platz 32, 6 Siege): (Wie Esther-Ruth Weißmeier) Weltmeisterin 2018 in Abu Dhabi, top in Form während der jüngsten Sandbahn-Saison, gewann mit der Perlenkette gerade den wichtigsten Amazonen-Wettbewerb in Deutschland.
Hier eine Übersicht über die erfolgreichsten Trainerinnen der Saison 2018:
Sarah Steinberg (Platz 36, 9 Siege, aber 18 Erfolge im Ausland): Trainer-Aufsteigerin aus München (31), feierte gleich mehrere Gruppe-Siege, beschäftigt am Stall Salzburg von Schlafmöbel-Unternehmer Hans-Gerd Wernicke.
Carmen Bocskai (Platz 73, 3 Siege, aber 19 Erfolge im Ausland): Nach dem Wechsel aus der Schweiz nach Iffezheim vor allem im Nachbarland Frankreich sehr erfolgreich, Trainerin der Ex-Seriensiegerin Folie de Louise und Gattin von Ex-Jockey-Champion Georg Bocskai.
Claudia Barsig (Platz 13, 20 Siege in Deutschland): Top-Trainerin in den Neuen Bundesländern, vor allem beim Meeting in Bad Harzburg stets auf der Erfolgsspur.
Regine Weißmeier (Platz 20, 15 Siege in Deutschland): Trainerin in Sonsbeck, die ganze Familie ist im Rennsport aktiv, vor allem im Basissport mit bemerkenswerten Treffern.
Angelika Glodde (Platz 31, 11 Siege in Deutschland): War mit 763 Siegen die Ausnahme-Erscheinung im Rennsattel bei den weiblichen Jockeys in den Neuen Bundesländern, seit vielen Jahren in Halle als Trainerin aktiv.
Yasmin Almenräder (Platz 34, 9 Siege in Deutschland): Einstige Amateurreiterin, die als Trainerin in Mülheim schon Gruppesiege mit Pas de deux feierte, sehr gerne in Frankreich am Start.
Sarah Weis (Platz 35, 9 Siege, in Deutschland): Betreuerin in Köln, vor allem in Handicaps nutzt sie ihre Chancen mit ungemein viel Ehrgeiz und Einsatzfreude.
Hier eine Übersicht über die erfolgreichsten Besitzerinnen der Saison 2018 in Deutschland:
Alexandra Margarete Renz (Platz 26, Gewinnsumme 84.100 Euro): Kölnerin, deren ganzer Stolz der Klassesprinter und –meiler Millowitsch war, der mehrere Grupperennen gewann.
Karin Brieskorn (Platz 42, Gewinnsumme 50.740 Euro): Berliner Züchterin und Besitzerin, seit vielen Jahren immer wieder mit Top-Ergebnissen, gehörte die einstige Derby-Hoffnung Ballydoyle.
Sabine Goldberg (Platz 60, 39.735 Euro): Engagierte Besitzerin aus Bergen, gehörte früher die Seriensiegerin Techno Queen, bestes Pferd 2018 war die viermal erfolgreiche Perfect Pitch.
Ursula Nientiedt (gemeinsam mit Peter Nientiedt) (Platz 91, Gewinnsumme 27.300 Euro): Münsteranerin, die mit Quintarelli 2018 einen Sieg in einem Auktionsrennen in Baden-Baden feierte.
Sarah Jane Hellier (Platz 92, Gewinnsumme 27.210 Euro): Besitzertrainerin in Weilerswist, formt mit viel Geduld aus einstigen Problemfällen Seriensieger wie Lacato im Winter in Neuss.
Natürlich gehört Sehen und Gesehen werden auch an großen Renntagen speziell für die Damenwelt auf den Hippodromen dazu. Doch der deutsche Galopprennsport ist längst kein elitärer Wettstreit mehr, bei dem das Tragen von edlen Kopfbedeckungen Pflicht ist. Ganz im Gegenteil, Menschen auf allen gesellschaftlichen Bereichen und mit den verschiedensten Kleidern genießen die Atmosphäre.
Dennoch: Hüte, Fascinatoren oder ähnlicher Kopfschmuck ist gern gesehen. Der Baden-Badener „Hut-Zar“ Olivier Maugé beispielsweise mietet stets kurz vor Beginn eines Meetings in der Kurstadt einen Wagen, um seine neuesten Kreationen vom Geschäft in der Innenstadt auf die Rennbahn Iffezheim zu transportieren. Und dort rennen ihm die Ladies an Renntagen geradezu „die Bude“ ein und lassen sich auf den letzten Drücker noch verschönern.
Das ist nur ein Beispiel, denn auch auf etlichen anderen Rennbahnen können die Frauen sich noch das passende Accessoire kaufen. Und dabei sind der Phantasie keinerlei Grenzen gesetzt. Wir erinnern uns ein an eine Besucherin aus Leipzig, die sich auf den verschiedensten Bahnen der Welt gerne in Szene setzt mit einer jeweils anderen und besonders ausgefallenen Kopfbedeckung, da wird schon mal eine Rennbahn nachgebildet, und dann glänzt man mit den verschiedensten, auch gerne grellen Farben. Damit hat die Dame auch schon mehrere Hutwettbewerbe gewonnen, die bei Großveranstaltungen locken, oft gesponsert von Partnern wie Longines, entsprechend wertvolle Ehrenpreise aus dem Bereich Schmuck sorgen für die entsprechende Aufmerksamkeit. Auch der Ascot-Renntag in Hannover sorgt für besonderes Flair und erinnert an die königliche Rennbahn in England, wo ein edles Outfit seit Jahrzehnten dazugehört.
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