Insider-Talk mit Alexander Wahler: „Der Derbysieg von Samum war Gänsehaut pur“

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Alexander Wahler (36) ist dem Galopprennsport seit seiner Kindheit verbunden. Im Interview erzählt er von seinen Anfängen im Turf, der Bedeutung des Derbys in Hamburg und seinem Job beim Fußball-Bundesligisten TSG Hoffenheim.

Sie wurden als Sohn von Eugen-Andreas Wahler, dem Präsidenten des Hamburger Renn-Clubs, quasi in den Rennsport hineingeboren. Wie früh war Ihr Interesse geweckt? Können Sie sich noch an Ihren ersten Rennbahnbesuch erinnern?

Alexander Wahler:  Ja, das Interesse war natürlich sofort da, weil natürlich klar ist, wer als Erstes im Ziel ist, hat gewonnen. Das ist für einen kleinen Jungen leicht zu verstehen und mit sportlichem Interesse und dem Wettkampf-Gedanken ist man sofort Feuer und Flamme. Der erste Rennbahnbesuch müsste mit sechs oder sieben Jahren gewesen sein, in Hannover oder Bremen, also nahe an der Lüneburger Heide, der Heimat. Ich kann mich noch an Temporals Derbysieg im Jahr 1991 erinnern, mit einem ganz jungen Lanfranco Dettori. Und dann war es Pik König 1992, wobei da die Erinnerungen nicht mehr so gut sind, das erzählt mir nur mein Vater immer wieder.

Welche Prinzipien im Umgang mit Pferden hat Ihnen Ihr Vater mitgegeben?

Alexander Wahler: Die Prinzipien, die man von zu Hause oder vom Vater mitbekommen hat, sind, wie so häufig im Leben oder auch im Reitsport generell, ganz einfach „Ohne Fleiß kein Preis“, ausdauernd arbeiten und natürlich die nötige Passion mitbringen, denn ohne macht es, so glaube ich, auf lange Sicht gar keinen Sinn.

Allergrößten Respekt vor der Härte der Pferde und Jockeys

Wann und wo haben Sie das Reiten gelernt? Was fasziniert Sie besonders an den Rennpferden?

Alexander Wahler:  Ehrlich gesagt habe ich nie wirklich reiten gelernt, auch wenn sich mein Großvater sehr motivierend und ausdauernd um mich bemüht hat. Aber da haben mich dann doch früh Ballsportarten und auch die Leichtathletik aktiv als Kind mehr begeistert. Aber natürlich hat man mit dem Familienpony Faxi doch die ein oder andere Arbeit bei den Galoppern des Vaters miterlebt. Das Pony war sowieso toll, weil es durch die gesamte Familie, inklusive Cousinen, ging und von einer E-Dressur über Ponykutschfahrten bis hin zur Führzügel-Klasse alles mit der Familie erlebt hat. Das war eine tolle Sache. Die Faszination am Galopprennsport ist natürlich einerseits die Geschwindigkeit, aber andererseits auch die Tempo-Härte, also mal 200 Meter schnell reiten, das kann jedes Pferd. Aber eben diese Ausdauer mitzubringen, und natürlich auch diese Härte bei den Jockeys, die der Beruf mit sich bringt, davor habe ich den allergrößten Respekt.

Sympathien für Wonderful Moon

An welches Derby erinnern Sie sich besonders gerne? Was sind Ihre Favoriten für das Blaue Band 2020?

Alexander Wahler: Ganz besonders erinnere ich mich natürlich gerne an Samum im Jahr 2000 mit Franz-Günther von Gaertner und dem Stall Blankenese, das war überwältigend. Und noch dazu der überragende Kommentar von Manfred Chapman. Das ist alleine schon jetzt beim Erzählen Gänsehaut pur. Aber natürlich denkt man dann auch an andere schöne Derbys. Da sind natürlich in allererster Linie die Siege von Andrasch Starke zu nennen, auch mit Kamsin oder Schiaparelli für den Stall Blankenese, oder seine anderen Siege mit Next Desert, Robertico und so weiter. Das waren tolle Rennen. Und für mich persönlich, da es ein ganz lieber Kerl war und ich sehr gerne an seine Ritte für unseren Stall zurückdenke, Steve Eccles mit Laroche 1994. Da ging es mir wirklich um den Jockey. Das hat Spaß gemacht.

Wonderful Moon
Wonderful Moon am 10.11.2019 in Krefeld.

Favorit jetzt für 2020 ist natürlich Wonderful Moon. Ich persönlich würde mich natürlich sehr für meinen Freund Lars-Wilhelm Baumgarten freuen, wenn es in diesem Jahr vielleicht sogar klappen würde mit Wonderful Moon. Im letzten Jahr war er ja mit Django Freeman sehr nah dran. Ich würde es ihm von Herzen wünschen!

Was bedeutet für Sie das Derby-Meeting? Welche Aufgaben nehmen Sie beim Hamburger Renn-Club und speziell beim Meeting wahr?

Alexander Wahler: Das Derby-Meeting hat natürlich eine Riesenbedeutung, wie gesagt habe ich seit 1991 jedes Derby live vor Ort erlebt. Eine interessante Geschichte ist noch gar nicht allzu lange her. Ich war beruflich am Derby-Sonntag in Frankfurt eingespannt. Da ging es um ein Ironman-Event, die Europameisterschaft. Das Gute beim Ironman ist, dass es morgens besonders früh losgeht und abends besonders lang dauert. Wenn man mit seinem Chef das in Ruhe vorbereitet und zum richtigen Zeitpunkt bespricht, dann hat man auch die Chance, zwischendurch an so einem Sonntag aus Frankfurt nach Hamburg zu kommen und das Derby vor Ort zu sehen und dann wieder in Frankfurt am Zielstrich beim Ironman am Römer dabei zu sein.

Eine feste Aufgabe beim Hamburger Renn-Club gibt es für mich nicht, mein Vater würde sagen, das steht unter dem Motto zbV – zur besonderen Verfügung. Das war für den HRC ansteht, wird gemacht, unterstützend natürlich auch für meinen Vater und für den gesamten Vorstand da zu sein. Über die Jahre ist es natürlich so, dass man die Abläufe, als auch die handelnden Personen kennt und dann weiß, wo Not am Mann oder kurzfristig etwas zu erledigen ist.

Toller Sport in Hamburg

In diesem Jahr wird das Meeting voraussichtlich drei Renntage umfassen und möglicherweise ohne Zuschauer stattfinden. Was sind Ihre Erwartungen?

Alexander Wahler: Ja, die Erwartungen sind natürlich einerseits tollen Sport zu erleben. Ich habe es gerade schon angesprochen mit den Derby-Kandidaten. Es ist ja im Grunde schon quasi sicher, bei den Pferden, aber auch die anderen Rennen, gerade die Highlights, wie die Grupperennen oder die Traditionsrennen sind einfach erlebenswert und spannend. Ich hoffe natürlich, dass wir es schaffen, den aktuellen Schwung, auch aus dem Wettspiel „Wetten, dass?!?“, was ich eine Klasse-Initiative finde, mit nach Hamburg zu nehmen und die Umsatzzahlen vom Verhältnis halten zu können. Dann glaube ich, kann der Sport mit einem blauen Auge davonkommen. Ich hoffe, dass wir bald wieder bessere Zeiten erleben. In diesem Zusammenhang ist auch RaceBets zu danken, die aktuell wie die anderen Wettportale, ohne Vermittlungsprovisionen, das Wetten anbieten.

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Alexander Wahler
Alexander Wahler

Bei Overdose in Paris und Budapest

Welche Rennbahnen im In- und Ausland haben Sie bereits besucht? Und welche haben Sie am meisten beeindruckt? Was sind die nächsten Ziele?

Alexander Wahler: Im Inland habe ich bis auf Bad Doberan und München alle Rennbahnen mindestens einmal vor Ort gesehen. Natürlich ist Hamburg eine besondere Bahn für mich. Als Kind war ich mit meinem Vater auch viel in Hoppegarten. Das waren oft tolle Tage, manchmal samstags und sonntags. Dann natürlich auch Baden-Baden, das sind tolle Rennbahnen.

International habe ich ein paar Dinge erleben dürfen. Da sind zu nennen ParisLongchamp und Budapest. Das war jeweils in Zusammenhang mit Starts von Overdose mit dem tragischen Vorfall, als in Paris die Startbox eines Konkurrenten nicht aufging und dann das Rennen leider nicht gewertet wurde. Sowas habe ich in 30 Jahren nicht erlebt.

Budapest war deshalb so toll, weil Christophe Soumillon dort geritten ist und man mehr oder weniger das ganze Wochenende mit einem Weltklasse-Jockey wie ihm erleben und verbringen konnte. Da hat man natürlich Respekt vor der Leistung des Sportlers, schaut nach oben und ist begeistert dabei. Ansonsten haben wir anlässlich des Starts eines eigenen Pferdes in St. Moritz die Rennen auf dem See gesehen. Da ist unser Interior Minister gelaufen. Das hat riesig Spaß gemacht. Aber ich war auch in Goodwood und Pardubitz, das war ein tolles Erlebnis mit dem Familienfreund Atti Darboven. In Ascot und Mailand habe ich mir die Rennbahn angeschaut. In Ascot 2006 war es allerdings eine Baustelle und es gab gerade keine Rennen und ähnlich auch in Mailand, weil wir in San Siro im Fußballstadion waren. Und nebenan ist die Rennbahn, da haben wir das verbunden.

Beruflich habe ich drei Jahre zwischendurch bei Zürich gelebt, und dann bleibt es natürlich nicht aus, dass man dort auch mal die Rennbahn besucht. Ganz konkrete Ziele, was die Rennbahnen angeht, habe ich eigentlich nicht. Das würde schon eher mit Pferden zusammenhängen, die dort laufen und die man verfolgen möchte. Aber wenn man an den Melbourne Cup denkt oder die Atmosphäre in Hong Kong, ist das natürlich sehr reizvoll und spannend. In Europa einmal an einem Renntag Ascot zu erleben, würde extrem viel Spaß machen.

„Familie Wahler-Pferde“ sind eine Herzensangelegenheit

Haben Sie auch eigene Rennpferde? Oder überlassen Sie das Ihrem Vater? Welches Pferd würden Sie derzeit gerne besitzen?

Alexander Wahler: Ich hatte mal ein Pferd, Dabadiyan als eine Beteiligung mit Freunden zusammen bei unserem Trainer Christian von der Recke. Das hat Spaß gemacht und war eine tolle Saison. Das wird auch irgendwann hoffentlich mal wiederkommen. Im Moment habe ich kein eigenes Pferd. Aber die Pferde meines Vaters sind am Ende des Tages doch mehr Familie Wahler-Pferde, sind eng im Herzen. Und man verfolgt und bespricht das alles zu Hause sehr genau und fühlt sich zumindest als Teil des Ganzen. Bei der Frage, welche Pferde man gerne besitzen würde, denkt man natürlich in erster Linie an die besonders erfolgreichen Kandidaten oder die, die vielleicht noch schöne Erfolge vor sich haben, wie den Derby-Jahrgang. Oder an die familiäre freundschaftliche Verbindung über viele Jahre zum Gestüt Idee. Das lässt einen diese Pferde besonders verfolgen. Da freut man sich über Siege mit. Es ist klasse, was mit Power Euro abläuft. Wir gönnen unserem Freund Atti Darboven jeden Erfolg.

Dabadiyan
Dabadiyan siegt unter Sonja Daroszewski am 04.02.2017 in Dortmund.

Berufliche Karriere bei TSG Hoffenheim

Was machen Sie im Hauptberuf? Wo sind Sie zu Hause? Was sind Ihre Hobbys abseits vom Rennsport?

Alexander Wahler im portrait
Alexander Wahler im portrait

Alexander Wahler: Im Beruf bin ich Leiter Vertrieb und Sponsoring bei der TSG Hoffenheim. Das hat zur Folge, dass mein aktuelles Zuhause Walldorf ist, in Nordbaden/Baden-Württemberg nahe am Arbeitsgeschehen. Aber natürlich ist und bleibt die Heimat immer der Klosterhof in Medingen. Das wird sich auch ein Leben lang nie ändern. Jede Art von Sport ist mein Hobby, egal ob man diesen selbst betreibt oder im Fernsehen verfolgt, das macht mir Riesenspaß. Deswegen waren die letzten Wochen, von der Corona-Pandemie geprägt, auch was das Ausüben von Hobbys oder das Verfolgen des Galopprennsports anbelangt, natürlich nicht so schön.

Auch die Bundesligaunterbrechung und die gesamten Folgen für den Sportkalender, wie dem Ausfall der Olympischen Spiele oder der Verlegung der Europameisterschaft, sind sehr bedauerlich. Das ist natürlich schade, aber wir alle wissen, dass es wichtigere Dinge als solche Sportveranstaltungen gibt. Selbst mache ich Ausdauerläufe, da tausche ich mich mit Trainer Christian von der Recke stets aus, der ja auch fleißig und gerne läuft. Wir teilen dieses Hobby, das macht Spaß. Ich habe das früher auch leistungsmäßig gemacht. Es gleicht mich aus und ist neben dem Beruf eine tolle Sache.

Welche Rolle spielt das Thema Wetten für Sie persönlich? Was war Ihr größter oder schönster Gewinn?

Alexander Wahler: Das Thema Wetten spielt für mich persönlich eine Rolle, in dem ich weiß, dass die Renn-Clubs und Rennvereine sich zum Großteil von den Umsätzen finanzieren. Daher ist Wetten extrem wichtig. Ich wette gern mit Freunden in einer Tippgemeinschaft, um dann entweder in der Viererwette möglichst viele Kombinationen hinzubekommen oder mit kleinem Geld den Sieger zu treffen und die Rennvereine zu unterstützen. Ich warte noch geduldig auf den großen Gewinn. Aber bei meinen Einsätzen ist es quasi ausgeschlossen, dass da mal ein großer Gewinn dabei ist.

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Michael Hähn
Michael Hähn
Unser Autor Michael Hähn arbeitet als freier Journalist in Baden-Baden. Der Galopprennsport ist seit vielen Jahren sein Metier, und seine Leidenschaft sind Rennveranstaltungen in Deutschland und auf der ganzen Welt.

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