Sie gehört zu den erfolgreichsten Amateurreiterinnen in Deutschland, hat in ihrer Laufbahn bereits 72 Rennen gewonnen. Die Warendorferin Silke Brüggemann (32), auch Besitzertrainerin, vertrat auch schon ein Jahr lang Deutschland bei der Fegentri-Weltmeisterschaft.
Exklusiv im Insider-Talk auf dem RaceBets-Blog berichtet sie über ihre Karriere.
Hat sich in Ihrer Jugend schon ein Faible für die Pferde entwickelt?
Silke Brüggemann: Ich befürchte, bevor ich laufen konnte, wurde ich schon auf ein Pferd gesetzt, meine Eltern hatten immer schon Turnierpferde. So verbrachte ich meine Kindheit und Jugend im Stall und auf den Turnieren im Kreis, nahm auch erfolgreich an Dressur- und Springprüfungen teil.
Irgendwann sind wir dann mit unseren Reitpferden auf den Hof gezogen, auf dem Andrea Bertram ihren Rennstall hatte, so entstand der erste Kontakt zu unserem tollen Sport.
Was waren die nächsten Stationen?
Brüggemann: Recht schnell bin ich dann komplett umgeschwenkt, ritt im Training und begleitete Pferde auf die Rennen. Ich war quasi direkt infiziert mit dem Rennvirus. Im Jahr meines Abiturs, mittlerweile Amateur am großen Stall von Peter Rau, absolvierte ich meine Amateurprüfung als Prüfungsbeste, womit ich eine Woche in Newmarket an einem Lehrgang teilnehmen durfte. Im Jahr meiner Abschlussprüfung zur Industriekauffrau habe ich dann auch meinen Besitzertrainerschein gemacht.
Welche Erinnerungen haben Sie an Ihren ersten Erfolg?
Brüggemann: Am 23.07.2009 habe ich meinen Halliday aus Krefeld abgeholt, von ihm habe ich unglaublich viel gelernt und wir konnten am 10.01.2010 unser erstes gemeinsames Rennen gewinnen. Pferd, Reiter, Trainer und Besitzer, für alle war es der erste Sieg, realisiert habe ich das erst später, ich fand es einfach zu unglaublich, denn bis zu diesem Tag, war ich als Reiter ja eher ohne Fortune unterwegs.
Sie haben sogar am größten Tag des Jahres gewonnen?
Brüggemann: Ganz besonders war für uns, Halli und mich, der Sieg am Derbysonntag 2010, wo ein Recke-Schützling Nase geschlagen Zweiter war. Rückblickend betrachtet sicher einer der wichtigsten Siege, denn für Herrn von der Recke habe ich ja bekanntermaßen meine meisten Siege (32) geritten. Danke dafür! Und klar, einen Sieger am Derbysonntag vor dieser Kulisse vergisst man nicht.
Was haben Sie ferner mit Halliday erreicht?
Brüggemann: Am 16.08.2014 gelang Halliday etwas Unglaubliches, denn er gewann nicht nur zum sechsten Mal in meinen Farben, sondern war damit auch für meinen 50. Sieg verantwortlich. Mit Nase und mit gespitzten Ohren, der war schon ein ganz besonderes Rennpferd und genießt nun seine Rente bei Familie Ehm.
Wer war der Nachfolger?
Brüggemann: 2011 kam Sauber an unseren Stall, da er gesundheitlich etwas angeschlagen war, dauerte es, bis wir uns gefunden hatten, aber dann lief es wie geschmiert, wir gewannen zehn Rennen zusammen. Ein besonderer Sieg gelang Sauber in Dortmund, als er auf Sand als frischer Sieger an den Start kam, keinen Meter ging, und als wir das erste Mal das Ziel passierten, war mein Gedanke „das gibt nicht mal Nachlass im Handicap“ eingangs gegenüber waren es dann schon 20 Längen, die wir hinter dem Feld lagen. Vor dem Schlussbogen habe ich einmal nachgefasst, und er ging ab wie eine Rakete, flog im Bogen ganz außen vorbei und gewann hochüberlegen mit neun Längen. Das war wirklich unvergesslich. Zwischenzeitlich hatte ich auch meinen Vater mit dem Rennfieber angesteckt, und er kaufte New Soul. Die nicht ganz einfache, quirlige Stute gewann für ihn vier Rennen und steht nun mit ihrem zweiten Fohlen bei Fuß auf dem tschechischen Staatsgestüt.
Was war Ihr schönstes Jahr?
Brüggemann: Besonders war sicher das Jahr 2013. Ich konnte 24 Rennen in Deutschland gewinnen und zwei im Ausland, durfte Deutschland bei der Weltmeisterschaft vertreten und die ganze Welt bereisen. Gefühlt konnte ich mich in diesem Jahr auch rückwärts aufs Pferd setzen, sie haben immer angefasst und gekämpft. Für diese Möglichkeiten möchte ich mich ausdrücklich beim Amateurverband bedanken, es war ein Jahr der Superlative. Ich habe weltweit sehr viele tolle Menschen kennen gelernt, den Rennsport in anderen Ländern gesehen und zu vielen meiner Fegentri-Mädels immer noch Kontakt.
Wie zufrieden sind Sie mit den letzten Jahren?
Brüggemann: Nach Wegfall der Erlaubnis wurde es sicher nicht einfacher, Sauber und Halliday gingen in Rente, ihre Nachfolger konnten noch nicht an die Erfolge dieser Haudegen anschließen, und mit ausbleibenden Erfolg fehlten die letzten Jahre auch die Ritte. Da bin ich der Familie Storp sehr dankbar, da sie mich dieses Jahr mit vielen Ritten unterstützt. Für Lisa Storp konnte ich dann auch endlich – nach 18 Monaten- wieder ein Rennen gewinnen. Außerdem ging es auch mit den eigenen Pferden wieder ein wenig aufwärts, wir konnten uns über Platzierungen in Quakenbrück freuen.
Der Rennsport ist ja schon ein hartes Pflaster, Erfolge geraten schnell in Vergessenheit, und so finde ich es wichtig immer an den tollen Erlebnissen fest zu halten und immer mit den Füßen auf den Boden und selbstkritisch zu bleiben, auch wenn alles läuft. Nur so kann man sich weiter entwickeln; das gilt nicht nur für die Rennbahn.
Wie entwickelt sich Ihre berufliche Laufbahn?
Brüggemann: Neben meiner Leidenschaft dem Rennsport gehe ich „ganz normal“ Vollzeit bei der VEKA AG arbeiten und verkaufe Kunststofffenster-Profile nach Italien. Da der Job ja wenig spektakulär ist, ist ein Hobby wie der Rennsport schon der passende Ausgleich. Zusätzlich betreibe ich eine kleine Reha Abteilung für verletzte Galopper. Es bereitet mir viel Freude zu sehen, wie die Pferde nach der überstandenen Boxenruhe wieder in Gang kommen, sich körperlich und auch seelisch wieder verändern und irgendwann den ersten Canter auf der Bahn machen. Nur das „Tschüss“-sagen muss ich noch üben. Wenn die Pferde lange da sind, gehören sie ja genauso zu einem, wie die eigenen. Als einer meiner ehemaligen Schützlinge in Hamburg gewann, musste ich auch ein paar Freudentränen verdrücken. Unsere Pferde stehen in Warendorf, hier haben wir die Möglichkeit auf der ehemaligen Rau-Bahn zu trainieren, auch Familie Engels und Annika Fust, mit der ich 2018 einen gemeinsamen Sieg mit Dukat feiern konnte, sind direkte Stallnachbarn. Außerdem habe ich im Jahr 2016 meine Prüfung zum Pferdewirtschaftsmeister erfolgreich abgelegt. Da Pferde vor und nach der Büroarbeit noch nicht reichen, reite ich samstags am Erfolgsstall von Andreas Wöhler aus; ich finde man kann dort viel mitnehmen und auslernen tut man ja eh nie.
Bleibt Ihnen Zeit für Hobbies?
Brüggemann: Zwischen Arbeit und Stall bleibt da quasi kaum Zeit, und so sind natürlich die meisten Freunde genauso Rennsport-verrückt wie ich selbst, es ist schön, diese Passion mit Freunden teilen zu können. Hier möchte ich stellvertretend für viele andere Situationen nur zwei Beispiele nennen: Wenn Caro Fuchs einen Starter hat, fiebere ich fast genauso mit, wie bei meinen eigenen, wenn Lena Mattes ein Rennen gewinnt wird sich herzlich umarmt, gratuliert und mit dem anderen gefreut. Geteilte Freude ist schließlich die schönste Freude.
Insider-Talk mit Silke Brüggemann: „Es ist schön, diese Passion mit Freunden teilen zu können“
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